«  1  »

 

Gemeinderat, 23. Sitzung vom 24.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 81

 

mit den Stimmen der SPÖ und der Grünen, gegen die Stimmen der Opposition, so angenommen.

 

13.36.15Es gelangt nunmehr Postnummer 33 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Bardotation an den Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds. Ich bitte den Berichterstatter, Herrn GR Strobl, die Verhandlung einzuleiten.

 

13.36.21

Berichterstatter GR Friedrich Strobl: Ich bitte um Zustimmung.

 

Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vana. Ich erteile es ihr.

 

13.36.31

GRin Dr Monika Vana (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte heute zu einem Akt Stellung nehmen, den wir jetzt beschließen, nämlich die Bardotation des WAFF in Höhe von 14,5 Millionen EUR, die gemäß dem Beschluss der Landesregierung vom 15. Mai dem Territorialen Beschäftigungspakt zugeleitet wird. Ich denke, in Zeiten der Budgetkonsolidierung muss man sich auch darüber freuen beziehungsweise auch darauf hinweisen, dass man investiert, investieren kann, auch klug investiert und dass Wien es eben anders macht, nämlich Budgetkonsolidierung zu verbinden mit nachhaltiger Investitionspolitik. Und das ist heute eine solche, die wir beschließen, und es ist keine Kleinigkeit, es ist doch auch eine Aufstockung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik, und die ist wichtig. Denn Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik sind nicht nur ein Beitrag zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit und damit ein präventiver Beitrag, sondern sie reduzieren auch Arbeitslosigkeit, sie sind ein Beitrag zur Integration und zur sozialen Inklusion von Beschäftigten und Arbeitssuchenden und verbessern die Arbeitsmarktsituation von benachteiligten Gruppen. Es ist dies also nicht nur ein effizienter, nachhaltiger Mitteleinsatz, sondern ein Beitrag zur gerechten Verteilung.

 

Wir brauchen das, wir haben großen Bedarf in Wien – in Österreich sowieso, aber insbesondere in Wien – an aktiver Arbeitsmarktpolitik, denn obwohl man sagen muss, dass Wien dank kluger Investitionen die Wirtschaftskrise, die eigentlich eine Sozialkrise ist, im Vergleich relativ gut bewältigt hat, ist die sogenannte Krise noch lange nicht vorbei. Sie wissen, österreichweit sind seit dem Entstehen der Krise 50 000 neue Arbeitssuchende arbeitslos gemeldet. Das heißt, die Krise ist nicht vorbei, und wir müssen nachhaltig investieren.

 

Wenn man sich die Wirtschaftsforscher und -forscherinnen, zum Beispiel Arbeiterkammer oder WIFO, mit ihren Prognosen anhört, dann sehen wir, dass es nicht gerade rosig ausschaut. Markus Materbauer war zum Beispiel im Hauptausschuss des Städtebundes zu Gast und hatte uns erzählt, dass gerade als Auswirkung des jetzt in Europa beschlossen Fiskalpakts und sogenannten Wachstums- und Stabilitätspakts – der unserer Meinung nach eigentlich ein Instabilitätspakt ist, weil er Europa in die Rezession führt –, dass also auf Grund der Auswirkungen der Sparpolitik der EU, die wir nachvollziehen – Klammer: müssen –, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit auch in Wien ab nächstem Jahr dramatisch steigen wird.

 

Das heißt, wir müssen hier investieren, wir brauchen hier aktive Arbeitsmarktpolitik, und gerade in Zeiten wie diesen, in Zeiten der europäischen Paktepolitik, ist so etwas wie ein Territorialer Beschäftigungspakt doch einmal ein sinnvoller Pakt. Es ist auch gut, dass es einen einstimmigen Beschluss in diesem Haus geben wird über die Investition, die wir heute tätigen. Ich denke, das ist wichtig, dass wir hier wirklich auch einen Konsens haben: Wien macht aktive Arbeitsmarktpolitik.

 

Ich denke, auf den WAFF, den Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, können wir auch stolz sein. Ich bin ja viel in Europa unterwegs und weiß, der WAFF ist nicht nur österreichweit einzigartig, er ist eigentlich auch europaweit einzigartig, denn so ein Beitrag zu einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik ist in den meisten Ländern, so wie in Österreich eigentlich auch, hauptsächlich Bundessache, aber die kommunale Arbeitsmarktpolitik muss und hat – und wir tun das in Wien seit 1995 mit dem WAFF – eben die Arbeitsmarktpolitik des Bundes zu unterstützen und zu ergänzen dort, wo es Lücken gibt.

 

Deshalb ist es, finde ich, besonders schön – wir GRÜNEN haben das auch immer sehr mitgetragen –, dass der WAFF diese Idee auch der innovativen und der experimentellen Arbeitsmarktpolitik schon damals in seine Satzung geschrieben hat und das eigentlich auch beibehält, und dass wir mit dem WAFF auch klar sagen, wir bieten nicht nur Leistungen für Arbeitssuchende an, wie es das AMS auch qua seiner Funktion ja tut – das AMS vermittelt hauptsächlich, unterstützt natürlich, aber es geht um die arbeitslos gemeldeten Personen –, aber arbeitsmarktpolitische Unterstützung braucht eine viel, viel größere Personengruppe als nur die arbeitslos gemeldeten Personen, nämlich auch Beschäftigte, Beschäftigte in geringfügigen Beschäftigungen, in Teilzeitbeschäftigungen.

 

Wir haben in Wien, und das muss man sagen – Sie kennen sicher die Studie aus dem Dezember 2011 von der Arbeiterkammer – ein zunehmendes Problem auch an sogenannten Working Poor, das heißt, Menschen, die arbeiten, die beschäftigt sind, aber von ihrer Arbeit gar nicht mehr leben können. In Wien wird die Zahl der sogenannten Working Poor mittlerweile auf über 10 000 geschätzt. Die Zahl hat sich seit 2001 nahezu verdreifacht. Das ist etwas, wo wir hinschauen müssen, insbesondere auch deshalb, weil wir sehen, dass über 20 Prozent dieser sogenannten Working Poor bereits vollzeitbeschäftigt sind. Also das Argument, das sind ja hauptsächlich geringfügig Beschäftigte oder Teilzeitbeschäftigte, ist nicht mehr zutreffend. Wir haben eine wachsende Zahl von in Vollzeitbeschäftigung, also 40 Stunden in Beschäftigung stehenden Menschen, die von ihrem Einkommen nicht mehr leben können. Dazu kommt die Tendenz der sinkenden Reallöhne. Und das ist etwas, wo wir in Wien auch mit unserer kommunalen Arbeitsmarktpolitik, die eine inklusive ist, die

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular