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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 27.04.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 90

 

Jahren hat sich dann endlich in der österreichischen Gesellschaft durchgesetzt, dass die Menschen zu einem Gutteil hier bleiben wollen und dass man sie nicht nur als Arbeitskräfte ausbeuten kann und dann wieder zurückschickt, sondern dass Menschen gekommen sind. Seit diesen Zeiträumen versuchen wir auch, die Integration bestmöglich voranzutreiben. Die Stadt Wien war die erste Großstadt, die schon 1996 ein eigenes Integrationsressort eingerichtet hat, lange vor dem Bund, der mit einem Staatssekretariat, das ja wesentlich weniger Kompetenzen hat, erst 15 Jahre später soweit war, aber immerhin. Es ist so, dass wir uns eben seitdem jetzt wirklich mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Aber immerhin seit gut 20 Jahren haben wir uns das in Wien voll auf die Fahnen geheftet, während eben Sie noch immer von der Illusion ausgehen, dass man zwar Menschen ausbeuten kann, aber dass man ihnen nicht ihre selbstverständlichen Rechte auch zur Verfügung stellen muss. Das ist das, was Sie wollen.

 

Und eines muss man auch einmal sagen, (GR Johann Herzog: Ihr beutet die Leute aus!) weil Sie immer sagen, die Stadt Wien steuert die Zuwanderung: Die Stadt Wien hat null Kompetenzen, was die Steuerung der Zuwanderung betrifft, sondern das ist der Bund. Wir können nur die Zuwanderer, die da sind, möglichst gut dazu einladen, dass wir ein gutes gemeinsames Leben für alle gestalten. Aber eines muss man auch sagen: In den sechs Jahren, wo Blau mitregiert hat, war es auch nicht so, dass es da weniger Zuwanderung gegeben hätte. Nur, man hat halt versucht, die Zuwanderung wieder auf eine vollkommen schlechte Basis zu stellen, indem beispielsweise damals die Saisonniers besonders gefördert wurden, die Saisonnierzuwanderung, und eine ordentliche Integration überhaupt nicht gefördert wurde. Saisonniers sind nämlich nur kurzfristig da und sicher nicht in der Lage, sich zu integrieren, aber maximal auszubeuten. Das war die Politik von Schwarz-Blau und die lehnen wir natürlich ab, die werden wir sicher nie mehr machen (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) und nicht zulassen, dass es dazu wieder kommt. Das einmal zum Kollegen Gudenus.

 

Kollege Aigner, ich wollte Ihnen jetzt nicht nahetreten und nicht sagen, dass Sie irgendjemandem nicht die Tür aufhalten und sich so daneben benehmen. Das habe ich eigentlich nicht gemeint. Aber wenn Sie hergehen und im 20. Bezirk gegen ein Gebetshaus in einer Art und Weise agitieren, die wirklich menschenverachtend ist, dann ist das schlimmer, als wenn Sie mir da einmal nicht die Tür aufhalten. Das muss ich Ihnen schon auch sagen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Und ich muss auch sagen, ich habe Sie bis jetzt als Diskussionspartner ernst genommen, aber nach Ihrem heutigen Vergleich von Günter Grass mit Karl Lueger und Grass sei der ärgere Antisemit, da fehlen einem nur mehr die Worte. Günter Grass, man kann über sein Gedicht diskutieren und das ist auch in ganz Europa diskutiert worden und jeder hat da mehr oder weniger gescheite Argumente pro oder contra gebracht, das kann man machen. Aber Günter Grass als Antisemiten zu bezeichnen, ist derart absurd und ich würde schon fast sagen, verrückt. (Aufregung bei GR Mag Wolfgang Jung.) Einen von vier deutschsprachigen Literaturnobelpreisträgern seit 1945, einen der größten Schriftsteller der letzten 100 Jahre mit einer derartig absurden Inkriminierung zu bezeichnen, ist wirklich das Letzte. Das muss ich dem Kollegen Aigner schon sagen.

 

Und damit bin ich jetzt beim eigentlichen Akt österreichisch-türkische Freundschaft. Ich habe schon vor einem Jahr bei der damals etwas höheren Subventionierung, um rund 3 000 EUR höher, wir haben ein bissel zurückgeschaltet, gesagt, dass der Verein österreichisch-türkische Freundschaft ein besonders gutes Beispiel dafür ist, warum man ihm wirkliche positive Eigenschaften in der Integration zubilligen kann, weil er nämlich auch sehr säkular ist, weil er eben das absolute Gegenteil von der mentalistischen Islamisierung ist, wie da irgendjemand von der FPÖ, glaube ich, gesagt hat, sondern weil das ein Verein ist, der die konkreten Probleme des Alltags von türkischen Zuwanderern und natürlich des Zusammenlebens thematisiert. Das können Sie hier auch bei den Angeboten „muttersprachliche Beratung, Informationsveranstaltung, Dokumentationsarbeit, Förderung des friedlichen Zusammenlebens von Zuwanderern aus der Türkei und Österreichern, Herstellung des Kontakts mit anderen Organisationen" nachlesen. Und vieles, vieles mehr noch könnte ich Ihnen jetzt aus dieser Projektliste aufzählen. Also der Verein österreichisch-türkische Freundschaft ist ein Verein, der die bescheidene Zuwendung, die er heute vermutlich vom Gemeinderat bekommt, wirklich wert ist und wir bekennen uns voll dazu, dass wir das heute beschließen. Ja, ich glaube, das wäre wirklich etwas Positives. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Insgesamt, weil auch über die Wiener Charta diskutiert worden ist, zu Recht, muss ich sagen, will ich dazu jetzt nur noch einige Worte verwenden. Es ist von Haus aus gesagt worden, dass die Wiener Charta keine Verordnung von oben ist, sondern dass kontroverse Diskussionen erwünscht sind. Und man hat auch nicht, wie der Herr Klubobmann Gudenus gesagt hat, Millionen da hineingesteckt, sondern ganz konkret 450 000 EUR. Das ist eine durchaus moderate Summe für eines der größten Dialogforen, die es in Europa jemals gegeben hat, mit Partnern von Sportvereinen, Taxifunk, Caritas, Sozialpartner, Verein Wiener Wirtschaft für Integration, sehr viel über Internet, also ich brauche jetzt nicht alles aufzuzählen. Jedenfalls hat sich jetzt schon gezeigt, dass das eine goldene Idee war, die Wiener Charta zu starten und durchzuführen. Ich kann auch erzählen, dass unsere Kollegin Barbara Nowak das in Berlin bei einem Kongress vorgestellt hat, wo es auch um andere Dinge gegangen ist, und dass das international nicht nur auf sehr viel Aufmerksamkeit, sondern auch auf sehr viel Zustimmung gestoßen ist, wie wir hier die Charta organisiert haben. Ich glaube, wir können darauf stolz sein.

 

Ich glaube weiters, dass diese Vielfalt, die ich jetzt nicht noch weiter aufzählen will, weil es schon gemacht worden ist, dass die Donauinsel jetzt diesen Charta-Prozess voll begleiten wird, dass beispielsweise auch das Kuratorium der Wiener Pensionistenwohnhäuser das

 

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