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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 29.03.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 97

 

den erhöhten Sicherheitsaufwand. Das wurde ebenfalls nicht abgegolten.

 

Nun liegt hier ein Vorschlag für die Änderung der Bezirksmittelverordnung vor. Dafür soll es aus dem Topf der Dienstgeberabgabe – in welcher insbesondere auch die sogenannte U-Bahn-Steuer enthalten ist, eine in Österreich, aber auch in anderen Ländern einzigartige Abgabe – mehr Mittel für die Bezirke geben. Gegen diese Erhöhung der Dienstgeberabgabe von 0,72 EUR pro Mitarbeiter auf 2 EUR, also eine Erhöhung um 177 Prozent, hat sich die ÖVP massiv ausgesprochen. Von diesen Mehreinnahmen hat man den Bezirken einen kleinen Teil des Kuchens zugestanden.

 

Die ÖVP stellt nun drei Forderungen betreffend Bezirksbudgets an die Stadtverwaltung. Erstens fordern wir einen Wiener Finanzausgleich analog zum Bund: Alle vier beziehungsweise fünf Jahre soll die Vergabe der Bezirksmittel neu verhandelt werden, wobei Preis- und Indexsteigerungen hiebei zu berücksichtigen sind. Ferner soll es eine Reform und Adaptierung der Bezirksmittelverordnung geben. Der Verteilungsschlüssel soll auf Angemessenheit und Aktualität überprüft werden. Und drittens ist es unser Ziel, dass es am Ende dieses Prozesses eine deutliche Steigerung der Bezirksmittel und Bezirksbudgets entsprechend den heutigen Aufgaben gibt.

 

Die Überforderung der Bezirke, meine Damen und Herren, muss ein Ende haben. Es darf nicht dazu kommen, dass durch eine zu geringe Mittelbemessung die Bezirke ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. – Dem Aktenstück stimmen wir selbstverständlich zu, meine Damen und Herren.

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Zum Wort gemeldet ist nunmehr Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.45.11

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Gleich zu Beginn möchte ich die Einschätzung meines Vorredners insofern korrigieren, als es für mich überhaupt kein Problem ist, um welche Zeit die Verhandlung irgendwelcher Dringlichen Anfragen oder Anträge beginnt! Das sage ich ganz bewusst. Das ist mir ziemlich egal. Um spätestens 16 Uhr wird ohnedies damit begonnen, und ich bin überzeugt, sie beginnen heute deutlich früher!

 

Angesichts der Diskussionen in den letzten Gemeinderats- und Landtagssitzungen ist es mir aber doch wichtig, auch einmal augenfällig darauf hinzuweisen, dass sehr viele Angelegenheiten hier in diesem Haus durchaus gemeinsam beschlossen werden. Bei all den Gegensätzen, die es gibt, fällt das oft genug nur deshalb nicht auf, weil mittels Annahmeerklärung einfach durchgewunken wird. Wenn jetzt aber ob der vielen Korruptionsfälle, die gegenwärtig aufpoppen, Parlamente generell in Diskredit kommen, ist es, glaube ich, auch notwendig, der Bevölkerung zu zeigen, dass es sehr wohl in vielen Punkten auch anders geht. Und die Bezirksmittelverordnung ist einer dieser Punkte. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.)

 

Es wundert mich nicht, dass Kollege Jung sofort wieder dazwischenruft. Dass das die FPÖ ärgert, wundert mich nicht! Sie hätten nämlich gern jedes Parlament als Schießbude oder als was auch immer dargestellt, jedenfalls aber als überflüssig, weil Sie hoffen, dass dadurch, dass Demokratie überflüssig wird, Ihre Stunde kommt. – Ich sage Ihnen aber: Nein! Die Demokratie wird nicht überflüssig werden. Ganz im Gegenteil! Die FPÖ wird überflüssig werden. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie ist es eigentlich schon, und die Wähler und Wählerinnen werden dies auch erkennen!

 

Nun aber zurück zur Bezirksmittelverordnung. In einem Punkt gebe ich Kollegen Dworak uneingeschränkt recht: Die fünf Millionen sind schön, aber zu wenig, wie auch in vielen anderen Bereichen – das muss ich halt leider auch sagen – der Stadt Wien zu wenig Geld zur Verfügung steht.

 

Wenn Sie sich einmal das Wiener Budget genau ansehen, dann werden Sie sehen, dass neben den Ertragsanteilen auch noch viele andere Teile der Einnahmen durch den Bund determiniert sind, sogar die eigenen Steuern und Einnahmen. Die Kommunalsteuer wird eigentlich auf Bundesebene beschlossen, und die 600 Millionen kommen halt der Stadt Wien zugute. Die Grundsteuer ist auf Bundesebene beschlossen. Auf Bundesebene wird alles getan, damit wir hier nicht mehr Einnahmen lukrieren können. Okay, man dümpelt bei 100 Millionen dahin, und eigentlich ist das auch ein Bundesbeschluss. Das Gleiche gilt für die Landeslehrer et cetera.

 

Das heißt, man erkennt, dass mit Ausnahme der eigenen Gebühren und ganz weniger eigener Steuern und der Kostenersätze nur ein geringer Bruchteil – ich habe es ausgerechnet, es ist, grob gesprochen, ein Achtel – aller wirklichen Einnahmen durch die Stadt Wien bestimmt ist und der Rest durch den Bund determiniert wird. Das heißt, wenn der Bund Wien mehr Einnahmen zur Verfügung stellt, dann haben wir auch tatsächlich mehr Einnahmen, es kann aber auch geschehen, dass der Bund handstreichartig Ausfälle nicht kompensiert. Ich nenne jetzt als Beispiel nur den Wegfall der Finanztransaktionssteuer. Auf Bundesebene haben gestern SPÖ und ÖVP ein Belastungspaket par excellence beschlossen, dem etwas ganz Wesentliches gefehlt hat, denn sonst hätten wir ja durchaus über Schuldenbremsen et cetera reden können: Es hat nämlich eine Vermögenssteuer gefehlt. Das sage ich auch in aller Deutlichkeit.

 

Aber es sollen ja den Ländern Schuldenbremsen dahin gehend – unter Anführungszeichen – aufoktroyiert werden, dass in Wirklichkeit Wien die Neuverschuldung bis ins Jahr 2016 de facto auf null reduziert; lassen wir es einmal dabei stehen. Die Idee war aber, dass das unter der Voraussetzung geschieht, dass eine Finanztransaktionssteuer kommt.

 

Seien wir uns nun einmal ehrlich: Wenn der Finanzminister der größten Volkswirtschaft der Eurozone sagt, sie kommt nicht, wenn der Premierminister der größten Volkswirtschaft, die nicht in der Eurozone ist, sagt, sie kommt nicht, wenn Jean Claude Juncker sagt, sie kommt nicht, dann müssen wir, so traurig ich das finde, davon

 

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