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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 21.10.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 6 von 51

 

aber für Seniorinnen und Senioren nicht. Das ist erstens einmal eine Schlechterstellung von 10 Prozent.

 

Zum Zweiten: Es ist eine Valorisierung festgelegt worden. Das heißt, bereits im nächsten Jahr wird es möglicherweise schon zu Verteuerungen kommen.

 

Und zum Dritten: Es ist auch das Pensionsalter angehoben worden. Das heißt, in 2 Jahren bekommen Frauen, die bisher mit 60 Jahren die Jahreskarte gehabt haben, das erst mit 61. Das heißt konkret, Frau Vizebürgermeisterin: Da haben Sie die Frauen im Stich gelassen. Das kann man jetzt schönreden, aber Faktum ist es.

 

Zum Zweiten, und das ist meine Frage: Es gibt diese Jahreskarte für Senioren, die ja auch sehr stark angenommen wird – 30 Prozent der Jahreskarten werden ja von Senioren genommen, und in Zukunft werden es wahrscheinlich sogar noch mehr sein. Es gibt dann auch den Zwei-Fahrten-Fahrschein. Interessanterweise wurde verhandelt, aber gerade dieser Zwei-Fahrten-Fahrschein, der von vielen Seniorinnen und Senioren genutzt wird - und zwar ungefähr drei Millionen Fahrkarten werden hier jährlich vergeben -, ist noch nicht verhandelt. Allerdings habe ich gestern eine E-Mail - und das möchte ich Ihnen jetzt vorlesen - von einem Herrn bekommen, der bei den Wiener Linien angefragt hat, und da wurde ihm vom Kundendienst mitgeteilt, dass dieser Fahrschein voraussichtlich - es ist nicht gesagt worden, dass es so ist, aber voraussichtlich - auf 2,60 EUR erhöht wird. Wenn das also tatsächlich der Fall wäre, würde das heißen, dass die Seniorinnen und Senioren noch einmal mit einer Erhöhung um 13 Prozent belastet werden.

 

Ich kann das nicht glauben, und daher meine konkrete Frage an Sie, Frau Vizebürgermeisterin: Werden Sie das verhindern, dass dieser Fahrschein von 2,30 EUR erhöht wird, oder werden Sie vielleicht sogar dazu beitragen, dass dieser Fahrschein verbilligt wird?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeisterin.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Ich habe bei der Präsentation der Eckpfeiler dieser neuen Tarifregelung sehr deutlich gesagt, dass es viele, viele Tarife gibt, die jetzt in dieses neue System eingepasst werden müssen, denn wir brauchen ja - das ist leichter gesagt, aber ein äußerst komplexer Prozess - ein in sich logisches System. Es muss ja bei so einem äußerst komplexen Modell – im Übrigen äußerst erfolgreichen Modell, denn wenn man sich den Modal-Split in Wien ansieht, so beneidet uns die Welt darum, und wenn man sich ansieht, wie viele Menschen eine Jahreskarte haben, sind wir auch hier absoluter Rekordhalter anderen Tarifvereinigungen gegenüber - dieses in sich logische und äußerst komplexe Modell natürlich weiter beibehalten werden.

 

Und deswegen - und diese Antwort gebe ich Ihnen jetzt auch - müssen jene Eckpfeiler, die noch nicht festgelegt und noch nicht bekannt gegeben wurden, in dieses Modell auch eingepasst werden. Das muss ja zusammenpassen, damit nicht der eine oder der andere womöglich abgeschreckt wird, ein öffentliches Verkehrsmittel zu benutzen, denn das wäre ja genau das Gegenteil von dem, was wir wollen.

 

Nur, Frau Kollegin: Das Grundprinzip, das jetzt auch bei Ihrer Zusatzfrage durchschwingt, ist eines, das ich nicht teilen kann. Sie haben auch - um das noch einzuschieben, weil ich es nicht unwidersprochen lassen möchte - so vorwurfsvoll gesagt, wir wären zu dieser Änderung gezwungen worden. Ja, das stimmt, ich bekenne mich dazu, dass ich glaube, dass formale Gleichbehandlung nicht immer inhaltliche Gleichbehandlung bedeutet - sonst würde es nicht Gleichbehandlungsgesetze geben, wonach bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt werden, und vieles andere mehr -, weil wir wissen, dass Frauen immer noch weniger verdienen, weil wir wissen, dass Frauen geringere Pensionen haben. Und viele von denen, die in den Genuss des Mobilpasses kommen, weil sie eben MindestrentnerInnen sind, sind auch Frauen. Da könnte man jetzt auch sagen: Das ist eine Benachteiligung! Warum sind das nicht mehr Männer? – Nun, weil eben leider die Frauen nach wie vor weniger verdienen. Und deswegen bin ich froh, wenn viele Frauen - und ich hoffe, dass alle auch über das Angebot informiert sind - als Mindestrentnerinnen auch den extrem günstigen Mobilpass in Anspruch nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Aber zurück zur Grundsatzfrage. - Den Schluss, den Sie vollziehen, kann ich leider überhaupt nicht teilen. Und ich glaube, das kann ja niemand bestreiten: Die Senioren und Seniorinnen haben ein extrem günstiges Angebot. Ich darf Ihnen vielleicht noch vorrechnen: Diese 224 EUR im Jahr bedeuten, dass die Senioren und Seniorinnen in dieser Stadt um 61 Cent pro Tag mit dem tollen Angebot der Wiener Linien unterwegs sind. 61 Cent pro Tag, das ist ein extrem günstiges Angebot!

 

Jetzt war die Reform der Tarife getragen von den Gedanken: Wie können wir noch mehr Menschen dazu bringen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen? Da sind - und das muss man halt in dem Zusammenhang auch sagen - viele dabei, die kein besonders hohes Einkommen haben, die unter Umständen vielleicht sogar weniger Einkommen haben als manche der Senioren oder Seniorinnen, die dieses günstige, extrem günstige Angebot jetzt schon in Anspruch nehmen und die super günstige Seniorenermäßigung haben. Das heißt, man hat überlegt: Wie kann man die breite Masse der Menschen noch mehr dazu bringen, die Wiener Linien in Anspruch zu nehmen? - Und so ist diese 365-EUR-Karte entstanden. Sie kennen den Gedanken: 1 EUR pro Tag. Unsere Senioren und Seniorinnen zahlen 61 Cent pro Tag, haben also nach wie vor eine viel günstigere Regelung.

 

Und jetzt zu sagen, deswegen, weil andere auch eine günstige - noch immer nicht so günstige, aber eine günstige - Regelung bekommen, sind diejenigen, die ihre extrem günstige Regelung weiter haben, benachteiligt!, das halte ich für einen Schluss, der nur politisch motiviert sein kann. Denn eine andere Begründung wäre die, dass man mit dem Neidgedanken spielt, und das möchte ich Ihnen, wo ich Ihr soziales Engagement doch kenne, ganz sicher nicht unterstellen.

 

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