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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 72 von 115

 

ganz deutlich, wenn man jetzt den letzten Quartalsbericht sieht. Wir haben 25 000 Wohnungssuchende in Wien, und allein gegenüber dem vorletzten Quartal wurden es um1 200 mehr. Sie selbst haben gesagt, dass Sie heuer keine Neubauwohnungen bauen werden. Sie haben uns das im Ausschuss gesagt. Herr Mag Chorherr hat sich massiv aufgeregt. Wir haben gesagt, es ist noch nicht das letzte Wort darüber gesprochen. Im „vormagazin“ haben Sie dann geschrieben, dass wahrscheinlich 13 000 Wohnungen gebaut werden. Jetzt gab es wieder einen Artikel – ich weiß im Moment nicht mehr, in welcher Presse –, in dem Sie gesagt haben, dass heuer alles zu Gunsten des Sozialbereichs und der Pflege geht und kein Geld für Neubauten da ist. Wenn Sie jetzt erstaunt tun, dann wissen Sie vielleicht selbst nicht, was in Ihren Presseaussendungen steht!

 

Wenn wir jedenfalls diese leistbaren Wohnungen nicht bekommen, dann verschärft sich das Problem dahin gehend, dass die Österreicher auf der Strecke bleiben und die anderen einziehen. Dass Wiener Wohnen das auch nicht in den Griff bekommt, zeigt sich allein an der Tatsache, dass die Direktion innerhalb eines Jahres 30 000 Überstunden macht. Herr Stadtrat! Da stimmt etwas nicht mehr an der Verwaltung bei Wiener Wohnen! Sie haben das so zersplittert, dass das niemand mehr in den Griff bekommt. Bei den 30 000 Überstunden habe ich ausschließlich von der Direktion gesprochen, und es gibt auch noch jede Menge andere.

 

Ich glaube, wir sollten jetzt beginnen, eine zentrale Verwaltung zu installieren, so wie es von uns schon immer gefordert wurde. Reduzieren wir die zahlreichen Stellen, geben wir dafür aber klare Regeln aus, wobei die Nichteinhaltung dieser Regeln Konsequenzen haben muss. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Sehr oft angesprochen wurde Herr StR Ludwig. Er hat sich nun zum Wort gemeldet. – Ich erteile es ihm.

 

16.30.27

Amtsf StR Dr Michael Ludwig|: Sehr geehrter Herr Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Gemeinderat!

 

Ich bin mit großem Interesse den Ausführungen des Herrn Fraktionsvorsitzenden und der Frau GRin Frank in Verbindung mit der Dringlichen Anfrage gefolgt und möchte doch einige Bemerkungen hiezu machen.

 

Zum einen freut es mich, dass das Interesse am Wiener Gemeindebau so groß ist! Sie haben völlig recht: Die Wiener Gemeindebauten sind eine unter sehr vielen positiven Schwerpunktaktionen, die das rote Wien im Laufe der Jahrzehnte, ausgehend vom Roten Wien der Ersten Republik bis in die Gegenwart, gesetzt hat. (StR DDr Eduard Schock: Aber seit zehn Jahren geschieht nichts mehr!) Und wir sind stolz, dass wir 220 000 Gemeindewohnungen in direkter Verwaltung haben. (StR DDr Eduard Schock: Seit zehn Jahren gibt es einen Stopp!)

 

Wir liegen damit jetzt schon an der Spitze im internationalen Vergleich. Es gibt keine andere Großstadt außer Wien, die 220 000 Gemeindewohnungen hat. Ich denke, dass wir hier eine ganz wichtige und bedeutende Maßnahme auch der sozialen Durchmischung haben. Es war von Beginn an eine wichtige Überlegung, eine soziale Durchmischung in unserer Stadt zu bewerkstelligen, so wie wir das heute auch im geförderten Wohnbau fortsetzen. Es hat im Laufe der Jahrzehnte Gemeindebauten in allen Bezirken und in allen Stadtteilen gegeben, und zwar immer auch mit dem Anspruch, ganz unterschiedliche Personengruppen mit dem Gemeindebau und auch mit dem geförderten Wohnbau zu betreuen.

 

Das war immer unsere Philosophie im Unterschied zu anderen Großstädten. Sie, Frau Gemeinderätin, haben Paris angesprochen: Dort ist, wenn man das so ausdrücken will, der krasse Widerspruch zu Wien zu sehen. Dort sind die Sozialwohnungen für sozial ganz Schwache vorgesehen, und diese sind auch entsprechend ausgestattet. Hier in Wien sind wir immer einen anderen Weg gegangen. Wir haben gemeint, Gemeindewohnungen und Sozialbauten sollen für eine breite Gruppe der Bevölkerung, was ihr Einkommen betrifft, zugänglich sein. Das ist mit ein Grund, dass ich jetzt die Einkommensgrenzen erhöht habe, um den Zugang zu dem Wiener Gemeindebau eben zu verbreitern, und das wird auch dankbar angenommen, und zwar nicht nur von sozial Schwachen, sondern durchaus auch vom gehobenen Mittelstand. Das ist auch ein wichtiger Aspekt der sozialen Durchmischung auch in den Gemeindebauten.

 

Das führt aber auch dazu – und jetzt möchte ich einen Punkt ansprechen, den Sie, Frau Gemeinderätin, am Ende Ihrer Ausführungen auch genannt haben –, dass sich natürlich auch die Warteliste erweitert. Wenn wir die Personengruppen vergrößern und die Zugänglichkeit verbreitern, dann bedeutet das natürlich auch, dass die Wartelisten länger werden. Das ist richtig! Das wurde von mir bewusst in Kauf genommen, weil das ein sinnvolles Instrument der sozialen Durchmischung ist.

 

Ich möchte auch einen Irrtum, der immer wieder begangen wird, aufklären. Das ist mir ganz wichtig. Sie wiederholen das zwar regelmäßig, das hält aber der historischen Betrachtung und Einschätzung nicht Stand. Ich spreche jetzt von der Frage, wie der Gemeindebau für Drittstaatsangehörige geöffnet wurde. – Es ist unrichtig, dass alle Drittstaatsangehörigen Zugang zum Gemeindebau haben. Dafür gibt es ganz strenge Voraussetzungen. Wir haben uns jetzt einmal angesehen, wie viele Drittstaatsangehörige im Gemeindebau vertreten sind. – Es sind nur wenig mehr als 2 Prozent, was die Gesamtbevölkerung und alle Gemeindebauten betrifft. Somit ist das nicht wirklich ein Prozentsatz, vor dem man sich zu fürchten hat.

 

Ich möchte aber noch auf diesen historischen Irrtum eingehen. Wir haben das schon öfters besprochen. Es wird zwar immer wieder von Ihnen behauptet, dass mein Amtsvorgänger diese Öffnung des Gemeindebaus vorgenommen hat. – Ich möchte Sie daran erinnern, dass er als zuständiger Stadtrat eine EU-Richtlinie exekutiert hat, die damals von der schwarz-blauen Bundesregierung verhandelt wurde. Diese EU-Richtlinie trägt die Unterschrift des damaligen Innenministers Dr Strasser und des damaligen Justizministers Dr Böhmdorfer. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Ja, genau!)

 

Dem damaligen Justizminister Dr Böhmdorfer kann man viel vorwerfen. Ich bin sicherlich in vielen Punkten

 

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