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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 115

 

kommen sie nicht ins Kaffeehaus. Das ist das Nächste, was bedauerlich ist. Das heißt, man verliert Kunden, aber man bekommt keine anderen.

 

Ganz besonders betroffen – das wissen wir, wir haben es in der Zeitung gelesen – war das Café Hawelka. Auch die sagen, sie haben die gesamte Stammkundschaft verloren und sind jetzt in einer schwierigen Situation. Und eine Umwandlung in ein Raucherlokal hat nicht funktioniert. Eine Wunschregelung des Besitzers des Kaffeehauses wäre, dass man das Rauchverbot ab 20 Uhr aufhebt und dann, weil eben meistens Raucher dort sind, die Möglichkeit schafft, den rauchenden Gästen Gelegenheit zum Rauchen zu geben.

 

Daher ist an einen Satz zu von Alfred Polgar erinnern, der gesagt hat, dass man im Kaffeehaus zwar nicht zu Hause ist, aber doch nicht an der frischen Luft. Das war früher einmal so, und ich glaube, dass der Großteil der Wiener Literaturerzeugnisse an der Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts bis in die Vorkriegszeit im Kaffeehaus zustande gekommen ist, dass das Heimat war und vom Rauchen nicht zu trennen war.

 

Vielleicht müssen wir uns davon verabschieden. Das wird so sein. Ein Zentrum einer neuen Rauchkultur wird das Kaffeehaus nicht mehr sein, eine Nichtrauchergesellschaft wird aber dessen ungeachtet Regelungen finden müssen, die anwendbar sind, die vernünftig sind und die die Interessen aller Beteiligten abdecken können. Dann wird es auch kein Kaffeehaussterben geben, wie wir alle hoffen.

 

Was ich sehr bedaure, das sind also die jetzigen Regelungen, die noch Unsicherheit verbreiten – nicht nur bei uns in Wien, man denke an Bayern, da hat ja die CSU deswegen die Wahlen verloren, das war immerhin auch ganz interessant –, und was ich ganz persönlich jetzt bedauere, fast jenseits der Politik, ist, dass wir hier in Österreich, in Europa ganz generell immer nachahmen, was uns die Amerikaner vorgeben. Wenn dort gehustet wird, husten wir mit und machen sämtliche Bestimmungen mit, die dort gemacht werden. Das heißt also, anstatt eigene Ideen zu haben und sie umzusetzen, wird hier ein geistiger Kotau geübt. Und was mich so wundert, ist eigentlich, dass die Linken, die sich so gerne antiamerikanisch geben und globalkritisch und alles Mögliche, eigentlich bis ins Letzte die Moden Amerikas nachvollziehen.

 

Eine vernünftige Regelung, wo der Bürger entscheiden kann – und auch der Wirt ist ein Bürger –, wäre das Beste, und dafür würden wir eintreten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.

 

15.14.11

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich möchte, weil der Klub der Wiener Kaffeehausbesitzer doch ein wichtiges Thema ist, gerne die Gelegenheit wahrnehmen, ein bisschen etwas über die Geschichte des Kaffees in Wien zu erzählen. Ich habe dazu eine Broschüre, die „Wiener Geschichtsblätter", die vom Wiener Stadt- und Landesarchiv 2006 herausgegeben worden ist, und ich möchte vielleicht, weil Kollegin Vitouch ja auch mit einem literarischen Satz geendet hat, mit einem Gedicht oder mit einem Ausspruch von Peter Altenberg beginnen.

 

Du hast Sorgen, sei es diese, sei es jene - ins Kaffeehaus!

 

Sie kann, aus irgendeinem, wenn auch noch so plausiblen Grunde,

 

nicht zu dir kommen -- ins Kaffeehaus!

 

Du hast zerrissene Stiefel - Kaffeehaus!

 

Du hast 400 Kronen Gehalt und gibst 500 aus - Kaffeehaus!

 

Du bis Beamter und wärest gerne Arzt geworden - Kaffeehaus!

 

Du findest keine, die Dir passt - Kaffeehaus!

 

Du stehst innerlich vor dem Selbstmord - Kaffeehaus!

 

Du hasst und verachtest die Menschen und kannst

 

sie dennoch nicht missen - Kaffeehaus!

 

Man kreditiert Dir nirgends mehr - Kaffeehaus!

 

So, damit war auch etwas Literarisches gesagt.

 

Das ist deswegen so wichtig, denn man darf die Bedeutung des Kaffeehauses als kulturellen Angelpunkt Wiens, als Integrationspunkt nicht unterschätzen. Das ist für unsere Kultur, für unseren Tourismus ein ganz wesentlicher Faktor. Deswegen finde ich es so schön an dieser Broschüre der Stadt Wien, die zu diesem Thema herausgegeben wurde, das hier steht, wie denn das Kaffeehaus überhaupt entstanden ist. Wir alle kennen landläufig den Kolschitzky, der an der Ecke Favoritenstraße so oben auf einem Hauseck steht und herunterstrahlt. Ich möchte kurz die Legende um den Kolschitzky vorlesen, wie sie hier drinnensteht:

 

„Der Legende nach verdanken die Wiener ihr Lieblingsgetränk indirekt der Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1683." – Also nicht alles ist negativ, was von der Türkei kommt, das möchte ich als Freiheitlicher sagen, wenngleich das ja nur eine Legende ist, aber unbestritten kommt der Kaffee aus dieser Gegend. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dann ist halt der Kolschitzky hinüber und hat hier ausgekundschaftet und hat dabei einigen Mut aufgebracht, und auf Grund dessen hat der Kaiser ihm, dem ehemaligen Kundschafter, eine Bitte erfüllt. Der bittere Kahve-Trank sagte den Wienern zuerst überhaupt nicht zu. Dann ist durch Zufall, laut der Legende, angeblich der Zucker hineingefallen in die schwarze Brühe, was den Geschmack signifikant verbessert hat. Probeweise hat er dann den Satz abgeseiht und Milch dazugefügt, und plötzlich war der Wiener Kaffee entstanden. Im Haus „Zur blauen Flasche" (Heiterkeit bei der SPÖ.) richtete sich der Erfinder des Kaffees ein Lokal ein. Bald nannte man ihn nur noch den Kaffeesieder Bruderherz. Er starb dann als reicher Bürger und wurde betrauert. Soweit die Sage.

 

Aber der Realität nach war das nicht der Georg Franz Kolschitzky, der übrigens 1640 in Sambor in Galizien, der heutigen Ukraine, geboren wurde und 1683 als Kurier dann nach Wien kam, sondern es ist dies ein Herr Diodato.

 

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