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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 126

 

Wolfgang Jung: Weiter so!)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich daran erinnern, dass wir uns freiwillig auf eine Redezeit von 20 Minuten ab jetzt beschränkt haben. Als nächster Redner ist Herr StR Herzog am Wort. Ich erteile es ihm.

 

11.16.10

StR Johann Herzog|: Frau Vorsitzende! Frau Berichterstatterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Eingangs möchte ich zu den Worten von Herrn Lindenmayr etwas sagen. Ich möchte vor allem diese wirklich unsäglichen und unwürdigen Angriffe des Herrn Kollegen Lindenmayr auf den Kollegen Jung in aller Deutlichkeit zurückweisen, meine Damen und Herren! So etwas dürfte in diesem Haus nicht passieren! Ich möchte feststellen, dass es erstaunlich ist, dass hier solche Äußerungen offensichtlich möglich sind! Wir versprechen aber, wir werden von uns aus diese Dinge nicht in gleicher Art aufnehmen!

 

Des Weiteren, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat der Kollege Lindenmayr eine Wahlkampfrede gehalten, natürlich auf einem anderen Niveau als die Frau Vizebürgermeisterin, nämlich eine sehr müde. Das wird wahrscheinlich auch der Stimmung in der SPÖ entsprechen.

 

Wir möchten zu den allgemeinen Anwürfen feststellen, die Freiheitliche Partei hat in letzter Zeit alle Wahlen gewonnen, die SPÖ hat zehn Wahlen verloren. Sie werden sehen, wie sich die Dinge, wie ich glaube, fortsetzen werden. Man kann das erraten. Die FPÖ wird sich natürlich auch in Wien durchsetzen und die SPÖ wird auch in Wien verlieren.

 

Interessant war noch die Feststellung von der Kulturhauptstadt der Welt. Ich meine, es ist gar keine Frage, dass Wien eine sehr bedeutende Kulturstadt ist, aber es spricht ein bisschen gegen die Bescheidenheit, die wir alle generell bei der Eigenbeurteilung aufwenden sollten, um nicht dauernd in Superlativen zu schwelgen. Das heißt, Wien ist eine ganz bedeutende kulturelle Zentrale. Wien ist eine Kulturhauptstadt, selbstverständlich von mehreren. Ich glaube, auch Paris und London haben einiges zu bieten. Wir sollten uns ein bisschen selbst beschränken und sagen, wir sind gut, wir sind sehr gut, aber Spitze der Welt sind wir noch lange nicht.

 

Das gilt übrigens auch für diese Mercer-Studie, die von Ihnen, Herr Kollege Lindenmayr, aber auch von der Frau Vizebürgermeisterin, immer wieder angeführt wurde und genannt wird. Mein Gott, solche Studien haben es in sich. Das wird sehr davon abhängen, welche Kriterien man ansetzt. Es gibt auch andere. Es gibt zum Beispiel eine Studie von ECA International 2010, die sich mit den Personalressourcen, Human Resources, beschäftigt, wonach die Lebensqualität in 254 Städten der Welt aus der Sicht ausländischer Geschäftsleute betrachtet wurde, wobei die Kriterien wie Klima, Sicherheit, Infrastruktur, Integrationsmöglichkeiten, Wohnungsmarkt, Freizeitangebote und so weiter berücksichtigt wurden. Verglichen mit den jeweiligen Heimatländern liegt Wien bei den reichen Standortfaktoren nur im Mittelfeld. Besonders die schlechte Ausgangslage Wiens in Sachen Kriminalität und Integration verhindert eine bessere Platzierung. Wien liegt nämlich nur auf Platz 13 in einer ähnlich geordneten Studie. Vor uns liegen Städte wie Kopenhagen, Bern, Antwerpen, unter anderem aber auch Frankfurt, Düsseldorf, Bonn, München und Hamburg. Hinter uns liegt Berlin auf Platz 15.

 

Auch was den Wirtschaftsstandort betrifft, haben wir hier Dinge, die sehr wohl nicht die Spitzenstellung Wiens unterstreichen können. Es gibt also durchaus schlechte Noten für Wien, was den Wirtschaftsstandort betrifft. Gemäß der European-Cities-Monitor-Studie von 2009, die die Jahre von 1990 bis 2009 vergleicht, liegt Wien wirtschaftsstandortmäßig am 28. Platz, während wir 1990 noch am 20. gelegen sind. Das viel gescholtene Berlin ist vom 15. auf den 9. Platz vorgerückt. Vor uns liegt eine Unmenge von Städten, wo man gar nicht erwarten könnte, dass sie das tun, wie zum Beispiel Leeds, aber auch Budapest. Sogar Istanbul hat in dem Sinn noch einen Platz vor Wien bekommen. Daher sollte man hier nicht mit Übertreibungen arbeiten, sondern auf dem Boden bleiben und schauen, dass wir in Wien Zukunftsfragen lösen.

 

Die Frau Vizebürgermeisterin hat alles Mögliche gemacht, eine Wahlkampfrede gehalten, aber über die Zukunftsfragen dieser Stadt hat sie nichts gesagt.

 

Sie hat nichts gesagt, wie die notwendigen Maßnahmen, wie die notwendigen Instrumente ausschauen. Wo die Wirtschaftskrise, in der wir noch immer stecken, letzten Endes bekämpft wird, hat sich die Frau Vizebürgermeisterin ausgeschwiegen.

 

Noch etwas ist mir aufgefallen, was ich immer wieder sagen muss. Ich habe es schon einmal gesagt, nämlich das Hervorheben, wie wichtig für die Sozialdemokraten das Gender Mainstreaming, also die Gender-Gleichbehandlung wäre. Wenn ich mir anschaue, dass die SPÖ seit 1945 mit wenigen Unterbrechungen an der Macht ist – in Wien ununterbrochen, im Bund mit Unterbrechungen –, kann ich nur feststellen, eine grundlegende Frage für die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, nämlich den nicht durchgesetzten gleichen Lohn für gleiche Arbeit, haben 60 Jahre sozialdemokratischer Herrschaft in Wien und in Österreich nicht beseitigt. Sie haben nichts dafür getan! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich möchte im Übrigen auf die Zahlen eingehen. Das ist ein bisschen trocken, muss aber auch ein bisschen sein. Man kann feststellen, dass im Jahr 2009 durch die Wirtschaftskrise bedingt natürlich Steuerausfälle eingetreten sind. Die Einnahmen der Stadt aus dem Finanzausgleich sind um rund 400 Millionen EUR eingebrochen. Dem entspricht auch eine Verschlechterung des Maastricht-Saldos gegenüber dem Voranschlag. Im Voranschlag 2009 war noch ein Überschuss von 154 Millionen EUR geplant. Der Saldo hat sich zu einem Defizit in der Höhe von 303 Millionen EUR entwickelt. Zur Finanzierung mussten natürlich weitere und zusätzliche Schuldaufnahmen in der Höhe von 490 Millionen EUR durchgeführt werden. Dadurch ist der Schuldenstand von 1,383 Milliarden EUR auf 1,874 Milliarden EUR gestiegen, eine Zahl, die die Frau Vizebürgermeisterin anders dargestellt hat.

 

Von dieser Neuverschuldung in der Höhe von 491

 

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