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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 102

 

zustehende Sozialleistungen aus Scham nicht in Anspruch genommen werden, weil man am Gemeindeamt den Offenbarungseid leisten muss. In Vorarlberg beträgt dieser zum Beispiel 80 Prozent. Das wird sich durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, eine Initiative der SPÖ-Bundesregierung, endlich ändern. In Bezug auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist es gelungen, dass die hohen Wiener Standards auch in andere Bundesländer übernommen werden. Das ist ein Meilenstein, den wir uns auch nicht von der ÖVP - diese möchte ja die Mindestsicherung kippen - verpatzen lassen. Eine Frage an Sie, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP: Ist das ein weiterer Beitrag zur Senkung der Armutsgefährdung, nachdem Sie schon den 14-maligen Bezug der Mindestsicherung verhindert haben? Leistungen der öffentlichen Hand senken die Armutsgefährdung. Öffentliches Sparen dagegen, wie es vor allem die Bundesregierung in den Jahren 2000 bis 2006 so wie auch andere neoliberale Regierungen getan haben, erhöhen das Armutsrisiko. Das Thema Armut und Armutsgefährdung ist wesentlich vielschichtiger, als es die Oppositionsparteien darstellen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kann ich Folgendes sagen: Wir lassen niemanden alleine, weil wir die Problemlagen kennen. Weil wir viel Wissen und Kompetenz auch in der Stadtverwaltung haben, setzen wir richtige Maßnahmen, bieten wir den Menschen in Wien nicht nur finanzielle Hilfe, sondern auch eine Fülle an Verwirklichungschancen. Und weil das viele ärmere Menschen wissen, zieht es sie nach Wien und wächst die Stadt unaufhörlich, weil die Stadt den Menschen, auch den noch Ärmsten, eben Hoffnung, Perspektiven und viele Verwirklichungschancen bietet. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste am Wort ist Frau GRin Dr Pilz. Ich erteile es ihr.

 

GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Frau StRin Wehsely, Ihre Rede in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage war ein trauriger Tiefpunkt in der Geschichte dieses Hauses, in der Sache inkompetent, denn Sie haben viele Dinge, die in der Stadt Faktum sind, einfach ignoriert. Sie waren der Kollegin Vassilakou gegenüber auf eine unfassbare Weise untergriffig. Das steht Ihnen nicht zu und das ist vom Frauenpolitischen her gesehen eigentlich ein Skandal. Es ist vor allem sozial kalt gegenüber den betroffenen Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt, die sich mit dieser Rede von Ihnen anhören haben müssen, dass es kein Problem gibt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das ist in jeder Hinsicht einer verantwortlichen Sozial- und Gesundheitspolitikerin nicht würdig und es ist auch als Frau und Kollegin gegenüber der Kollegin Vassilakou auch in jeder Hinsicht nicht würdig!

 

Gehen wir zu den Fakten, Frau Stadträtin, die Sie da so bemerkenswert ignoriert haben. Sie meinen und Sie haben immer eine sehr blumige Sprache, den Unterschied wollen Sie Klavier spielen können. Vielleicht sollten Sie einmal den Unterschied Klavier spielen, was es bedeutet, wenn man als Eltern von chronisch kranken und behinderten Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt zurechtkommen muss. Reden Sie einmal mit den Betroffenen, Frau Stadträtin, dann würden Sie nämlich hören, dass es sehr schwer ist, hier mit den Einrichtungen, die geboten werden, zurande zu kommen. Es grenzt nämlich an Zynismus, wenn man versucht, mit Kindern mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im Schulsystem ausreichend versorgt zu werden. Und, Kollege Oxonitsch, ich freue mich, dass Sie zuhören, damit Sie sehen, was es bedeutet.

 

Da müssen sich Mütter, wenn sie chronisch kranke und behinderte Kinder haben, von den Verantwortlichen anhören, wenn sie sich um einen Kindergartenplatz oder einen Hortplatz bemühen, weil sie jetzt ihr behindertes oder krankes Kind hier bringen wollen, dass sie einem anderen gesunden Kind den Platz wegnehmen. Das muss man sich einmal vorstellen. Man ist schon in der schwierigen Lebenssituation und muss sich solche Dinge anhören!

 

Es ist so, dass man für den Besuch der Kindertagesstätte, des Kindergartens kein durchsetzbares Recht auf Inklusive-Einrichtungen hat. Man muss sich hinten anstellen. Man hat kaum Tagesmütter und Krippenplätze und – das ist auch eine Kritik, die an den Bund zu richten ist – man ist hinsichtlich des verpflichtenden Kindergartenjahres ausgenommen. Wenn dann die Eltern hören, dass der Platz, der ihnen eigentlich genauso zustehen sollte, erstens anderen angeblich besser zusteht und wenn sie ihn dann bekommen, die Eltern damit konfrontiert sind, dass in vielen Fällen sie nur im ersten Jahr bis zu zwei Stunden in die Einrichtung kommen dürfen, dann weiß man, dass auf diese Weise weder eine tragfähige Betreuungssituation geleistet werden kann noch dass die notwendigen Integrationsmaßnahmen für die Kinder hier bewerkstelligt werden können.

 

Für die Nachmittagsbetreuung warten betroffene Eltern und Kinder bis zu eineinhalb Jahre. Dann wird man noch damit konfrontiert, dass die Berufstätigkeit der Eltern eine Voraussetzung für einen Platz ist. Das heißt, der Wiedereinstieg, die berufliche Karriere der Eltern, meistens der Mütter, ist in jeder Hinsicht erschwert. Man stellt offensichtlich nicht in Rechnung, dass es für Schulkinder und Kleinkinder auch für die soziale Entwicklung eine wichtige Voraussetzung ist, insbesondere wenn sie chronisch krank oder behindert sind, dass sie die Möglichkeit haben, in die Betreuung integriert und inkludiert zu sein.

 

Wenn man nun dann mit so einem Kind endlich einen Platz beanspruchen darf, dann ist das Ende der Probleme noch lange nicht erreicht, denn die medizinische Versorgung und die pflegerische Versorgung, die viele Kinder, während sie in der Tagesbetreuung sind, beanspruchen, die müssen die Eltern selber

 

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