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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 102

 

und den Sozialhilfeempfängern zu sagen, wie toll das Leben in dieser Stadt für ManagerInnen ist!

 

Ein weiteres Thema, und das habe ich schon angesprochen, sind die Sozialmärkte. Lange Schlangen bilden sich hier, aber bisher hat sich die Sozialstadträtin, aber auch der Herr Bürgermeister, nicht für die Sozialmärkte interessiert. Denn der SPÖ ist es offensichtlich wichtiger, die heile Welt in Inseraten abzubilden und uns am Rathausplatz die heile Welt vorzuspielen. Die Sozialmärkte sind da, gut, das dürfte das Motto der Sozialstadträtin sein. Aber warum diese Sozialmärkte da sind und vor allem, wie sie finanziert werden, das ist der Stadtregierung nicht wichtig, denn in einer schriftlichen Stellungnahme der StRin Wehsely können wir lesen: „Die fünf bereits bestehenden Sozialmärkte haben gezeigt, dass sie ohne finanzielle Unterstützung der Stadt Wien eingerichtet und betrieben werden können.“ Das ist die soziale Wärme der SPÖ, das kann ja nicht wirklich sein! In Hernals übrigens findet übermorgen auf Initiative der SPÖ-Hernals ein Benefizkonzert zugunsten des Sozialmarktes im 17. Bezirk statt, der ohne Spenden nicht mehr überleben könnte. Zum Vergleich dazu: Über 20 000 EUR kostet ein einziges Inserat in der Sonntagsausgabe der „Kronen Zeitung“.

 

Diese Fragen, die ich gestellt habe, würde ich Ihnen als Hausaufgabe aufgeben und würde Sie bitten, sich gerade vor der Wahl jetzt für die Wienerinnen und Wiener sehr gut zu überlegen, ob Sie mit Steuergeldern die bisherige Arbeit der Stadt leider nicht im Sinne der BürgerInnen bejubeln wollen oder das Geld vielleicht doch zielgerichtet einsetzen wollen!

 

Die Ignoranz der roten Stadtregierung hat an Stabilität zugelegt, auch wenn unabhängige Prüfinstanzen wie zum Beispiel die Volksanwaltschaft etwas zur Verbesserung in dieser Stadt beitragen möchte und Vorschläge leistet. Da geht es zum Beispiel bei der Bekleidungsaushilfe darum: Halbjährlich bekommen erwachsene Menschen 100 EUR, 50 EUR für das erste mitunterstützte Kind und 30 für jedes weitere unterstützte Kind, egal, ob Sommer oder Winter. Die Volksanwaltschaft hat angeregt, dass diese Bekleidungsaushilfen angemessen auszuzahlen sind und hat die Magistratsdirektion auch mehrmals aufgefordert, die Berechnungsgrundlage darzulegen. Aber die Magistratsdirektion hat mit einem Schreiben vom 11. Dezember 2009 leider den Offenbarungseid leisten müssen, dass es dazu keine Unterlagen gibt. Welche Beträge den Sonderbetrag der Bekleidung bedecken sollen, das wird erst in einer Arbeitsgruppe diskutiert. Die Volksanwaltschaft hat natürlich festgestellt, dass diese 100, 50 und 30 EUR nur eine Orientierungshilfe sein sollten und dass diese Bekleidungszulage dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden muss. In Wien ist es dagegen Usance, dass man nicht weiter ins Detail geht, keine individuellen Prüfungen vornimmt und die Bekleidungspauschale ausbezahlt. Das hilft den Kindern in dieser Stadt, die im Winter frieren müssen, auch nicht weiter, meine Damen und Herren!

 

Die Volksanwaltschaft hat dann auch noch einmal festgestellt, dass diese Vollzugspraxis in Wien seit Jahren Regel und nicht Ausnahmefall ist und auch nicht nur in diesem Fall. Ich könnte Ihnen mehrere Fälle aufzählen, wo die Volksanwaltschaft weitere Missstände in Wien aufzeigt. Wir haben auf diesen Missstand bei der Bekleidungszulage reagiert und haben einen Antrag eingebracht. Er wurde von der SPÖ kategorisch abgelehnt. Ich frage Sie, Frau Stadträtin, Frau Vizebürgermeisterin: Warum haben Sie diesen Antrag abgelehnt? Sie haben scheinbar kein Interesse, Kindern in dieser Stadt aus der Armut zu helfen. Oder sind Sie sich zu gut in der Stadt, die Verwaltung wirklich effizient voranzutreiben?

 

Meine Damen und Herren, zum Abschluss kann ich Ihnen nur sagen: Sie können natürlich am Rathausplatz weiter feiern gehen. Ich würde Ihnen aber raten, im Sinne der bevorstehenden Wahl aus Ihrer eigenen Parteikassa den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern die Kosten für Ihre Jubelinserate zurückzuerstatten. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mörk und ich erteile es ihr.

 

GRin Gabriele Mörk (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es sind die Schwachen, die den starken Staat brauchen und vor allem in wirtschaftlich turbulenten Zeiten mehr denn je. Deshalb ist die Sozialpolitik auch eine Kernaufgabe des Staates und die Sozialdemokratie und vor allem die Wiener Stadtverwaltung stehen zu diesem Grundsatz. Armut ist ein ernstes Problem für jede und jeden Einzelnen, der davon betroffen ist, aber auch für die ganze Gesellschaft. Armut muss und wird daher von uns mit aller Kraft bekämpft. Armut eignet sich aber nicht als Propaganda oder politisches Druckmittel. Armutsbekämpfung ist ein zentraler Bereich der sozialdemokratischen Politik. Deshalb setzt Wien auch seit Jahren gezielte Maßnahmen gegen die Armut. Einen ganz besonders hohen Stellenwert nimmt daher der Kampf gegen die Kinderarmut ein und die Frau StRin Wehsely ist in ihrer Beantwortung schon sehr ausführlich darauf eingegangen.

 

Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist bemüht, finanziell schwächere Familien und Einzelpersonen möglichst umfassend zu unterstützen. Ich möchte hier in Erinnerung bringen, dass das reine Sozialbudget für das Jahr 2010 1,14 Milliarden EUR beträgt. Dieses bietet 200 000 Menschen Unterstützung an und das in einer äußerst breiten Palette. Die Form der Unterstützung reicht über Sozialhilfe, den Heizkostenzuschuss, den Mobilpass, Hilfe in besonderen Lebenslagen, Mietbeihilfe, Pflegegeld, Leistungen der Behindertenhilfe, Leistungen der Wohnungslosenhilfe bis hin zu Leistungen für stationäre und ambulante Pflege und Betreuung. Und, Frau Kollegin Praniess-Kastner, der Mobilpass berechtigt nicht nur, verbilligt

 

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