«  1  »

 

Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 101

 

hier vorlegen, ist alles, nur kein Gender Budgeting. Es ist Etikettenschwindel – wieder einmal.

 

Wir kritisieren – nicht nur wir, auch die ÖVP kritisiert das seit Jahren –, es fehlt jegliche Zahl in diesem Gender Budgeting. Sie nennen es Gender Budgeting, das eigentlich das Ziel haben sollte herauszufinden, wie viel an Geld, an Mitteln der Stadt Wien für Bereiche, die Frauen fördern, die Frauen zugute kommen, ausgegeben wird, wie viel für Männer. Dann sollte es politische Ziele geben, und dann sollte es eigentlich eine Umverteilung geben aus grüner Sicht.

 

Aber in Ihrem Bericht – und mehr als ein Bericht von einzelnen Geschäftsgruppen ist das nicht, was Sie da vorlegen – fehlt jegliche Zahl, jegliches Vergleichsdatum. Also man kann eigentlich überhaupt keine Entwicklungen ablesen, man sieht nicht, wie sich die Mittelflüsse entwickelt haben. Es fehlen vollständig die politischen Maßnahmen, die Sie aus diesen Berichten eigentlich ableiten sollten, und dieses ganze Gender Budgeting ist als politischer Prozess nicht verankert, so wie es eigentlich sein sollte.

 

Bei einigen Dienststellen – da haben Sie recht, Frau Kollegin – hat man den Eindruck, das bringt etwas, und einige Dienststellen setzen sich auch wirklich ernsthaft mit Frauenfördermaßnahmen auseinander, der Großteil aber nicht. Beim Großteil sind es eigentlich nur Nutzer- und Nutzerinnenanalysen, die da gemacht werden, wo ich mir denke, da wird ein Riesendatenaufwand betrieben, aber da fragen sich sicher auch etliche Beamte und Beamtinnen, wozu sie das eigentlich machen, wenn nicht einmal klar ist, was daraus eigentlich resultiert.

 

Wir denken, dass das Budget der Stadt Wien jetzt eigentlich vollkommen gleich aussieht, seit es dieses Gender Budgeting gibt. Wir haben noch kein einziges Resultat gesehen an Umverteilungsmaßnahmen – bitte nennen Sie mir eine konkrete Umverteilungsmaßnahme, die Sie vorgenommen haben, seit Sie dieses Gender Budgeting eingeführt haben –, und wir befürchten, dass durch diese – „stümperhafte" ist vielleicht ein bisschen übertrieben – Ausführung des Gender Budgeting eine gute Idee mangels Sinnhaftigkeit eigentlich systematisch zerstört wird. Das finden wir schade.

 

Wir sehen aber gleichzeitig, dass dieses Gender Budgeting symptomatisch ist für die Frauenpolitik der SPÖ, für die gesamte Frauenpolitik der SPÖ. Sie ist insgesamt geprägt von sehr gutem Marketing, von viel Geld für Werbe- und Imagekampagnen, aber wenig konkreten Maßnahmen. Sie machen Lippenbekenntnisse, Sie haben seit Jahren große Ankündigungspolitik. StRin Frauenberger ist auch eine große Sympathieträgerin für dieses Thema – das muss ich Ihnen wirklich konzedieren –, ich glaube auch, ich spüre auch, dass Sie das Herz für Frauenpolitik haben, mir gefällt auch sehr ihr Zugang, der sehr arbeitsmarktspezifisch ist, also Frauenpolitik stark auch mit feministischer Arbeitsmarktpolitik zu verknüpfen und sich auch im WAFF ganz stark dafür zu engagieren. Das ist gut, aber es folgen außer Lippenbekenntnissen keine konkreten Maßnahmen, und das tut ihrer Glaubwürdigkeit und der Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie in der Frauenpolitik einfach nicht gut.

 

Aber das viele Geld für Werbe- und Imagekampagnen – das verstehen wir – ist natürlich ein Vorgeschmack auf das Wahljahr, und die SPÖ macht halt Frauenpolitik für die SPÖ statt für die Frauen.

 

Das kennen wir schon, denn die Liste der Forderungen, die Sie angekündigt haben oder der Maßnahmen, die Sie angekündigt haben und die Sie auch auf Bundesebene fordern und in Wien aber nicht umsetzen, diese Liste ist verdammt lang, Frau Stadträtin. Begonnen mit der Forderung nach einer Einführung des Papa-Monats und der Väterkarenz, die Forderung ist sogar im Regierungsprogramm verankert, allein, sie kommt nicht. Es ist mir schon klar, dass es im Bund mit der ÖVP ein bissel mühsam ist, Frauenpolitik zu machen, aber wir sind hier in Wien. Sie haben die absolute Mehrheit und Sie setzen nichts von dem, was Sie im Bund groß fordern und was auch Ihre Frauenministerin Heinisch-Hosek, die ich übrigens sehr schätze, fordert, in Wien um, eben das Beispiel Papa-Monat und Väterkarenz, was eigentlich sehr notwendig wäre zu fördern, denn die Zahlen schauen hier im öffentlichen Dienst noch schlechter aus als in der Privatwirtschaft. Da wäre es höchste Zeit, etwas zu tun.

 

Zweites Beispiel: Die Offenlegung der Einkommen. Transparente Gestaltung der Gehaltsschemata nach schwedischem Vorbild wurde auch wiederholt von Frauenministerin Heinisch-Hosek gefordert, wiederholt gefordert von StRin Frauenberger, von Ihnen allein nur für den Bund, nur für die Privatwirtschaft, warum nicht in Wien? Warum nicht in Wien vollkommene Einkommenstransparenz und Transparenz der Gehälter nach schwedischem Vorbild wohlgemerkt auf individueller Basis herstellen? Man kann sagen, gefordert im Bund, vergessen in Wien. Man kann sagen ... (Beifall bei den GRÜNEN.) – Danke schön, tosender Applaus.

 

Nächstes Beispiel: Quoten in Aufsichtsräten und Führungspositionen. Frau Stadträtin, Sie haben wiederholt gesagt, auch unter Zustimmung der GRÜNEN oder zur Freude der GRÜNEN, Sie sind eine Freundin der Quote. Sie könnten sich auch für die Bundesebene nach norwegischem Vorbild die 40 Prozent Frauenquote in den Aufsichtsräten für Unternehmen vorstellen. Da gibt es auch Sanktionen, wenn sie das nicht erfüllen, nämlich sie fliegen von der Börse. Das funktioniert dort mit einigen Einschränkungen recht erfolgreich. Wir hatten auch auf Druck der GRÜNEN zum Thema Quoten unlängst eine wirklich hoch interessante Enquete im Nationalrat, wo wir fast übereinstimmend bis auf die Ausnahme der FPÖ, aber sogar fast übereinstimmend mit den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP festgestellt haben, Quoten sind wichtig. Ich weiß, Sie von der ÖVP, Sie nennen es nicht Quote, Sie nennen es 50/50. Das war die Sprachregelung, auf die wir uns geeinigt haben. Aber es war eine Annäherung in diesem Prozess. Und die SPÖ in Form von Nationalratspräsidentin Prammer hat sich ganz, ganz klar dafür ausgesprochen. Quoten, und zwar auch verbindliche Quoten für Führungspositionen, auch

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular