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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 57 von 118

 

werden die zukünftigen Entscheidungen fallen. Wir werden dann wohl Landesgeschäftchen haben, wie leider beispielsweise die Bank Austria eine Filiale in Wien bleiben wird, die Italiener aber alles nach Verona oder sonst wohin verlegen werden, so zum Beispiel Generali nach Triest.

 

Ich bitte Sie daher, sich ein bisschen besser zu informieren. Geben Sie es zu: Es hat hier einen Abfluss der Zentralen gegeben, wenn wir hier auch selbstverständlich Landesorganisationen haben. Das sollte man aber eigentlich schon wissen, Frau Kollegin! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Damit sind die tatsächlichen Berichtigungen abgeschlossen. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Lachkovics. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Eva Lachkovics (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ein ganz wichtiges Wirtschaftsthema in dieser Stadt ist die Nahversorgung. Das wurde eh schon ein paar Mal kurz erwähnt. Leider ist das aber nicht unbedingt eine Erfolgs-Story in dieser Stadt.

 

Wir haben in der letzten Zeit immer wieder den Niedergang oder das Dahindümpeln mancher Geschäftsstraßen gesehen. Auch im Jahr 2008 ist diese Entwicklung vorangeschritten. Die Nahversorgung wird dadurch abgebaut, und das ist zum Teil auf den Wildwuchs von Einkaufszentren, die von der Stadt Wien stark gefördert werden, zurückzuführen. So konnte man zum Beispiel schon negative Auswirkungen des Stadion-Centers auf die Taborstraße feststellen.

 

Das Ergebnis einer Politik für Einkaufszentren und gegen Nahversorgung sind leer stehende Geschäftsstraßen, heruntergelassene Rollläden, Garagenausfahrten in Einkaufsstraßen, eine hohe Fluktuation der Geschäftsinhaberschaft, kein entsprechender Branchenmix sowie ein Wuchern von Wettbüros, Sonnenstudios und Billigläden in Einkaufsstraßen. All das trägt nicht zu einer attraktiven Atmosphäre bei, es vermindert das gute Wohngefühl in diesen Straßen und verursacht Umsatzeinbußen für die verbleibenden Geschäfte, weil Kunden und Kundinnen ausbleiben.

 

Es kommt auch zu einer höheren Umweltbelastung, weil die Menschen dann vermehrt mit dem Auto einkaufen fahren müssen.

 

Mercer-Studie hin oder her: Ich wage zu bezweifeln, dass die Menschen, die in der Alserbachstraße oder in der Brünner Straße neben oder über leer stehenden Geschäftslokalen wohnen, der Mercer-Studie 100-prozentig zustimmen würden. In der Gerasdorfer Straße haben die Leute bereits über die fehlende Nahversorgung und somit auch über fehlendes Lebensgefühl geklagt.

 

Der Prozess der Zerstörung der Nahversorgung muss gestoppt werden, und zwar so schnell wie möglich. Eine sichere Versorgung darf kein Privileg mobiler Menschen sein, und die tägliche Autofahrt darf nicht zum Muss werden. Wir brauchen funktionierende, belebte Einkaufsstraßen mit kleinteiliger Nahversorgung, denn abgesehen vom Stadtbild, vom Lebensgefühl und von der Wichtigkeit für weniger mobile Menschen und von der Vermeidung von Autoverkehr und CO2-Ausstoß bedeutet das auch weniger Kosten für den Straßenbau für die Stadt Wien, denn dann müssen die Leute weniger mit dem Auto fahren. Zudem bedeutet das auch weniger Unfallfolgekosten.

 

Außerdem gibt es durch kleinteilige Nahversorgungsbetriebe auch mehr Einnahmen für die öffentliche Hand. Durch diese Betriebe werden mehr Arbeitsplätze pro Einkaufsfläche geschaffen als in großen Fachmärkten oder Einkaufszentren, und das sind besser bezahlte und sicherere Arbeitsplätze. Meist sind die Jobs interessanter und es handelt sich um Vollzeitarbeitsplätze. Das sind also auch lauter Vorteile für den Arbeitsmarkt.

 

Das heißt, es gibt soziale, wirtschaftliche und ökologische Gründe für ein ordentliches Konjunkturpaket für Nahversorgung und Geschäftsstraßen, und das ganz besonders in Zeiten einer Wirtschaftskrise. Derzeit sind 1,2 Millionen EUR für 100 Einkaufsstraßen Wiens und 1 Million EUR für die Nahversorgung budgetiert, und das hat sich bis jetzt als Tropfen auf dem heißen Stein erwiesen. 2005 wurde die Nahversorgungsförderung nicht einmal vollständig ausgeschöpft, sondern nur zu drei Vierteln, weil es kein Konzept gibt, sondern nur eine punktuelle Förderung.

 

Wir fordern daher eine deutliche Erhöhung des Budgets für die Wiener Geschäftsstraßenförderung und die Nahversorgungsförderung, also ein ordentliches Konjunkturpaket. Es kommt ja dann auch wieder viel zurück in das Budget der Stadt Wien!

 

Investitionen in die Nahversorgung bedeuten auch eine Belebung der Wiener Wirtschaft und des Wirtschaftsstandorts Wien. Die von der ÖVP geforderte Verdoppelung des Budgets ist natürlich ein Schritt in die richtige Richtung, das ist aber für uns zu wenig. Es bedarf eines ordentlichen Konzepts. Wir brauchen mehr als punktuelle Förderungen.

 

Deswegen stellen wir den Antrag, dass das Budget ab 2010 für Geschäftsstraßen- und Nahversorgungsförderung so erhöht wird, dass ausreichend Geld für entsprechende Maßnahmen betreffend ein Konzept zur Revitalisierung von Geschäftsstraßen und die Förderung kleinteiliger Nahversorgung vorhanden ist. Da können durchaus die Erfahrungen aus dem rot-grünen Projekt „Lebendige Straßen“, die es schon gibt, einfließen. Weiters fordern wir die Erstellung von Nahversorgungskonzepten für neue Stadtentwicklungsgebiete wie die Aspang-Gründe oder das Flugfeld Aspern.

 

Das ist kein grünes Hirngespinst, sondern das gibt es bereits in anderen Städten, zum Beispiel in Tübingen, der „Stadt der kurzen Wege“. Dort wurde von Anfang an so geplant, dass eine nachhaltige Nahversorgung gewährleistet bleibt.

 

Weiters soll es Maßnahmen zur Förderung von Ansiedelungsinitiativen kleinteiliger Nahversorgungsunternehmen geben. Außerdem sollen auch kulturelle und

 

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