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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 25.05.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 82 von 88

 

Glatzen mit Springerstiefeln gab, also keine Rechtsradikalen oder was Sie als solche bezeichnen. Das „NEWS“ schreibt sehr schön: „Wir wählen rechts, bei den Jugendlichen, wir wählen rechts.“ (Aufregung bei den GRÜNEN.) Das werden Sie in zwei Wochen erleben und Sie werden es auch später noch erleben, wenn Sie nicht dazulernen. Das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm.

 

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

Ich habe mir ursprünglich gedacht, ich werde es ganz kurz machen. Nach den jetzigen Ausführungen meiner Vorredner und Vorrednerinnen wird es etwas länger werden.

 

Wir beginnen beim Herrn Jung, weil die entscheidende Frage in der Auseinandersetzung mit einer politischen Entwicklung, mit dem Rechtsextremismus, ist letztendlich nicht, was die FPÖ im Nachhinein schönredet, sondern was sie mit ihren unterschiedlichen Aussagen, Plakaten, et cetera bezweckt. Es ist ein typisches Sender–Empfänger-Problem, auf das man es im Nachhinein gerne reduzieren kann. Aber wenn die FPÖ plakatiert „Abendland in Christenhand“ oder wie Wahlkämpfe davor „Islam statt Daham“ oder „Gegen den EU-Beitritt von Türkei und Israel“, dann bezweckt die Freiheitlich Partei etwas damit. Wenn es gegen Israel geht, das Schüren antisemitischer Ressentiments, bei „Islam statt Daham“ das Schüren antiislamischer Ressentiments, generell, in vielen Punkten das Schüren von Ausländerfeindlichkeit - das ist das, was die FPÖ in den letzten Jahren bewusst geschürt hat.

 

In diesem Punkt irrt meines Erachtens Bgm Häupl, dass es irgendetwas Aufklärerisches an sich hat und irgendetwas bringt, in rechten oder rechtsradikalen Publikationen - und die „Neue Freie Zeitung“ würde ich als rechtsradikale Publikation bezeichnen - zu inserieren. Das bringt nichts für den Dialog. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Und Sie wissen auch, dass es diese Inserate bei der FPÖ unter anderem nur deshalb gibt, um zu rechtfertigen, was wir als Grüne schon lange kritisieren, dass wir das als eine versteckte Parteienförderung betrachten. Aber darüber will ich heute nicht reden. Es bringt nur nichts, in einem rechtsextremen Blattl das Wiener Gesundheitssystem mit „Wien hat das Mehr“ zu inserieren, das in jeder Tageszeitung passiert ist, das auf Plakaten passiert ist, wo kein Mensch daran vorbei gehen kann.

 

Wenn man den Kampf gegen den Rechtsextremismus ernst meint, dann beginnt es selbstverständlich auch bei den Finanzen. In diesem Sinne ist mir das auch ganz wichtig, weil rechtsextreme Tendenzen nicht vom Himmel fallen, sondern sie entwickeln sich. Insofern, Kollege Ulm, finde ich es schon sehr bedauerlich, dass Sie es in einer ganzen Rede geschafft haben, sich mit den GRÜNEN auseinanderzusetzen, aber kein einziges Wort zur Freiheitlichen Partei gesagt haben! (Aufregung bei GR David Lasar.) Es ist anscheinend Ihre Linie, die Ihr Wiener Stadtparteiobmann Hahn vorgibt, es sich mit der FPÖ gut zu stehen. Das ist Ihre Linie, ich verstehe Sie nicht. Es ist bei diesem rechten Rand auch für Sie nichts zu holen und wann immer Sie sich anbiedern, werden Sie an uns verlieren. Und ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Es geht nicht immer nur um Wählerstimmen. Es geht darum, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiislamismus, das alles ächtet. Es geht um ein Klima der Toleranz und der Offenheit. Und da passt einfach der Spruch „Kein Fußbreit den Faschisten und wehret den Anfängern“, denn das, was jetzt passiert, ist letztendlich auch die Konsequenz des zum Teil, sagen wir einmal, schlampigen Umgangs der Politik und der politisch Verantwortlichen auch in den letzten 20 Jahren mit dem Phänomen des Rechtsextremismus.

 

Jetzt habe ich in den letzten 10 Jahren erfreut zur Kenntnis genommen, dass gerade die Wiener SPÖ tatsächlich auch oft mit uns gemeinsam, unseren Anträgen folgend, aber auch eigenständig immer gegen neonazistische Tendenzen, gegen Faschismus aufgetreten ist. Aber mir ist es nur wichtig, darauf hinzuweisen, so war es nicht immer in der SPÖ und so ist es bis heute nicht überall in der österreichischen Sozialdemokratie und die Zeiten eines Kery, eines Wagner sind noch nicht so lange vorbei. Es ist auch noch nicht so lange vorbei, dass Gerichtspsychiater Gross noch anerkannt und Würdenträger der Stadt Wien war. Das hat sich alles in den letzten paar Jahren geändert, aber es bedarf mehr. Es bedarf meines Erachtens tatsächlich mehr und insofern war ich ein bissel überrascht, dass meine Vorrednerin von der Sozialdemokratie gemeint hat, sie war über den Absatz betroffen, wo man der SPÖ was unterstellt. Wir lesen es Ihnen gerne vor, es wurde nichts unterstellt, sondern es steht in der Begründung geschrieben: „Wenn die SPÖ und die Stadt Wien in diesem Kontext Förderungen an Publikationen der FPÖ vergibt, in denen bewusst faschistische und fremdenfeindliche Ressentiments sowie Fremdenangst geführt werden, ist das nicht nur aus demokratiepolitischer Sicht unerträglich, sondern trägt auch zur Förderung eines gesellschaftlichen Klimas bei, in dem Vorfälle wie jener in Ebensee und in Mauthausen keine Seltenheit sein werden.“

 

Ich hoffe, das unterschreibt jeder und jede von Ihnen, dass wir eben genau nicht dieses Klima fördern wollen. Und da gehört es dazu, gewisse Sachen nicht als Lausbubenstreiche abzutun, nicht immer wieder abzutun, nicht immer wieder sofort zu verzeihen und wieder zu wählen und wieder gut zu sein, et cetera und an die Versöhnung zu appellieren, wenn permanent im Endeffekt von der Freiheitlichen Partei auch getestet wird: Wie weit können wir gehen? Wie gesagt, die Geschichte war von der „ordentlichen Beschäftigungspolitik“ über das „Jetzt erst recht“ und es ist mir der Waldheim-Wahlkampf eingefallen, der ebenfalls mit diesen Ressentiments gespielt hat, über Ariel Muzicant „Dreck am Stecken“ oder über den Umgang mit den Ortstafeln in Kärnten

 

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