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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 106

 

Sie sagen in dem Artikel in der „Presse", wenn Sie zehn Bettlern eine Arbeit anbieten, dann kommt maximal einer und der hört nach drei Tagen wieder auf.

 

Nun würde ich einmal sagen, es ist sicher nicht der Wunsch dieser Menschen zu betteln, aber sie sind sehr oft einfach nicht fähig zu arbeiten. Sie sind ja meistens nicht einmal fähig, sich eine Sozialhilfe zu holen, zu Ämtern zu gehen, und da finde ich es schon schlimm, wenn man dann sagt: „Aktion scharf gegen Bettler. Wir geben ihnen Arbeit."

 

Glauben Sie nicht, dass es nicht sinnvoller wäre, sozusagen mehrere in diesem Sinne sozialökonomische Projekte zu fördern und diesen Menschen betreute Arbeitsplätze anzubieten? Denn es hat keinen Sinn, ihnen einen normalen Arbeitsplatz anzubieten. Sie können es nicht, weil sie psychisch krank sind, weil sie einfach Defizite haben, die es ihnen nicht erlauben. Und das, glaube ich, wissen Sie auch.

 

Wie werden Sie damit umgehen? Werden Sie dafür sorgen, dass es einfach Arbeitsplätze gibt, die diesen Menschen dann auch entsprechen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Frau Gemeinderätin!

 

„Aktion scharf, ich biete Bettlern Arbeiten an" – was daran böse sein soll, das kann ich nicht nachvollziehen. Abgesehen davon, dass ich persönlich nie von einer „Aktion scharf" gesprochen habe. Wir bieten Bettlern Arbeit an.

 

Und das, was Sie hier fordern, nämlich betreute Arbeitsplätze, das gibt es in einer relativ großen Vielfalt in der Stadt, mit einer großen Diversität auch versehen, in verschiedensten Angebotsbereichen. Wann immer Projektleiter, die in diesen Bereichen tätig sind, zu mir kommen, dann sage ich, jawohl, da gibt es Hilfe, und die hat es in der Vergangenheit auch immer wieder gegeben. Ja, selbstverständlich geht es hier auch darum, wenn diese Defizite, die Sie hier beschrieben haben, bei Bettlern festgestellt werden, dann werden sie natürlich auch in Verbindung gesetzt mit einer solchen Institution, die betreutes Arbeiten anbietet, einschließlich auch, wenn es notwendig ist, betreutes Wohnen. Also ich denke und kann das auch ruhigen Gewissens sagen: Es ist nicht notwendig, dass jemand in dieser Stadt bettelt.

 

Ich bitte Sie, sich das ein bisserl anzuschauen, sich das ein bisserl zu vergegenwärtigen, dann wären Sie nicht auf diese seltsame Idee gekommen, dass ich hier irgendwelche Menschen vertreiben will oder dass das vergleichbar ist mit Aktionen, die in Graz gemacht werden – im Übrigen mit einer Regierungsbeteiligung der GRÜNEN –, oder ob das eine Strache-Klon-Politik ist. Das ist kompletter Unsinn. Wir wollen hier helfen, und das tun wir auch.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. – Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Ulm gestellt. – Bitte.

 

GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann, glaube ich, teile ich zu hundert Prozent Ihren grundsätzlichen Ansatz, wie man an die Bettelproblematik herangeht. Ich erlaube mir nur, auch darauf hinzuweisen, dass die Politik auch am Erfolg gemessen wird.

 

Dass Sie jetzt einheimischen Bettlern einen Arbeitsplatz bei der Parkreinigung anbieten, dagegen ist ja überhaupt nichts zu sagen. Überwiegend haben wir allerdings ausländische Bettler, die wir im Straßenbild antreffen. Und da gibt es halt schon zwei Seiten: zum einen die Belästigung der Bevölkerung, auf der anderen Seite eine mögliche Hilfsbedürftigkeit der Personen. Da muss es jetzt Personen geben, die Kontakt aufnehmen mit diesen Bettlern und abklären: Wie hilfsbedürftig ist er? Welche Hilfe muss ihm zuteil werden? Oder möchte er nur ein System ausnutzen? Da braucht es auch die entsprechenden Personen, da muss man Kontakt aufnehmen und dann wird man diese Leute auch von der Straße wegbekommen. Ich glaube, das ist unser gemeinsames Ziel.

 

Das ist noch nicht gelungen. Wie sollte das passieren? Das könnte zum Beispiel mit einer Stadtwache gelingen.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat!

 

Natürlich gibt es diese Personen, denn es findet ja auch statt. Es ist ja nicht erfolglos, was bisher passiert ist. Denn es gibt selbstverständlich jene Streifen der Wiener Polizei, die Kriminalitätsbekämpfung in dem Sinn auch machen, dass sie gegen organisierte Bettelei vorgehen oder auch die Einhaltung des Landes-Sicherheitsgesetzes gewährleisten, also beispielsweise das Verbot von Kinderbettelei oder Bettelei mit Kindern, und in jedem Fall sind Mitarbeiter des Büros für Sofortmaßnahmen bei dieser Bestreifung dabei.

 

Daher kann man es sich hier sehr genau und differenziert anschauen und anbieten, welche Voraussetzungen für welche Hilfe da sind, aber natürlich auch einschreiten, insbesondere wenn es sich um Betteln mit Kindern handelt. Da muss man sich ja dann auch kümmern um das Kind, und das findet statt, denn diese Streifen finden grundsätzlich alle gemeinsam und in guter Akkordanz zwischen dem Büro für Sofortmaßnahmen und der Wiener Polizei statt.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. – Die 4. Zusatzfrage wird von GR Mag Gudenus gestellt.

 

GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

 

Wir erleben in den letzten Jahren ja schon einen enormen Anstieg des Bettelunwesens in Wien. Da ist spürbar für alle, die auf der Straße unterwegs sind, in U-Bahn-Stationen, bei Lebensmittelketten, Einkaufsstraßen. Die Beschwerden häufen sich ja auch. Sie haben vorher das Beispiel Karlsplatz, Opernpassage erwähnt. Auch dort gibt es immer mehr Bettler. Wir haben vor nicht allzu langer Zeit ein Bettelverbot für Kinder hier beschlossen, und es geht natürlich darum, diese Regeln auch zu überwachen, weil ja doch immer wieder auch Kinder als Bettler angetroffen werden.

 

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