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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 19.12.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 115

 

GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Herr Kollege Dipl-Ing Stiftner ist zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren der SPÖ!

 

Ich bewundere Ihren Mut! Sie haben heute ein Thema ausgesucht, das da heißt: „Wiens Antworten auf die Wirtschaftskrise." – Hätten Sie diesem Titel – zumindest rhetorisch – ein Fragezeichen nachgestellt, so wäre meine Antwort kurz gewesen. Dann hätte ich nämlich sagen können: Sie haben bisher fast gar nichts auf die Beine gebracht. Sie legen das heute aber als Selbstbejubelungspostille an und versuchen, Positives, das gar nicht da ist, darzustellen.

 

Damit provozieren Sie natürlich, und ich greife diese Provokation auf, sehr geehrte Damen und Herren, und sage: Die SPÖ ist nicht die Antwort auf die Wirtschaftskrise, sondern die SPÖ ist die Krise für Wien, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie sind Ihrer Politik treu geblieben. Ihre Wirtschaftspolitik besteht aus Halbherzigkeit und fehlender Kompetenz und zieht sich wie ein roter Faden durch alles, was Sie in Ihrer Politik tun. Selbst in konjunkturschwächeren Zeiten definieren Sie hier ein Konjunkturpaket, das den Namen nicht verdient. Sie versehen lediglich bereits definierte Investitionsmittel mit einem anderen Etikett und präsentieren beziehungsweise verkaufen uns das jetzt als Konjunkturprogramm. Sehr geehrte Damen und Herren! Für solche PR-Gags sind die Zeiten viel zu ernst! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Zeche haben sowieso die Bürgerinnen und Bürger bereits zu zahlen. Und man sieht natürlich gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt, ob eine Stadt gut gewirtschaftet hat und ob sie für schwierige, stürmische Zeiten gerüstet ist, und der eindeutige Befund dazu ist ein klares und deutliches Nein. Das haben Sie zu verantworten, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zwei Zahlen als Beleg: Zwischen 2000 und 2007 wurden in ganz Österreich mehr als 200 000 Arbeitsplätze geschaffen, in Wien de facto kein einziger. Die Direktmaßnahmen für Investitionen und Innovationen sind in Wien geringer geworden, während in Oberösterreich derselbe Faktor um ein Viertel gestiegen ist. Das ist eine traurige Bilanz, die lange zurückreicht. Ich brauch jetzt gar nicht die Leider-Nein-Ansiedelung der Firma Baxter ansprechen. In den vergangenen Jahren haben Wiens Industriebetriebe bereits 17 Prozent der Arbeitsplätze aus Wien abgesiedelt, und zwar in Zeiten der Hochkonjunktur, und das ist ja schon fast ein Kunststück, sehr geehrte Damen und Herren. Das haben Sie nur deshalb geschafft, weil Sie die Bürgerinnen und Bürger und auch die Unternehmer mit Ihren Gebühren abzocken und deshalb in Wirklichkeit aus dieser Stadt ins Umland – und nicht nach Osteuropa, wie Sie oft sagen – vertreiben.

 

Die ständigen Energiepreiserhöhungen sind in diesem Zusammenhang ebenso ein Thema. Wir haben noch im Herbst darüber diskutiert und die Frau Stadträtin für Finanzen aufgefordert, ihrer Eigentümerverantwortung gerecht zu werden und entsprechend zu agieren. Das hat sie mit dem Hinweis abgelehnt, dass an allem der böse Markt schuld sei. Was lesen wir aber jetzt in der Zeitung? – Jetzt stellt sich dieselbe Frau Stadträtin hin, und sagt, dass die Gaspreise gesenkt werden und sie sich selbst dafür einsetzen wird. Sehr geehrte Damen und Herren! Für wie glaubwürdig halten Sie diese Politik?

 

Erstens wissen wir alle, dass die Gaspreise an den Ölpreis mit einer sechsmonatigen Verzögerung gekoppelt sind, und dieser sinkt schon längere Zeit und folglich sinkt auch der Gaspreis. Dazu bedarf es keiner Stadträtin. Zweitens setzen Sie diese Maßnahme viel zu spät. Wenn diese durchgesetzt sein wird, ist die Heizsaison vorbei. Das werden Ihnen vor allem die Schwächeren nicht danken! Das ist nicht nur eine verfehlte Wirtschaftspolitik, sondern Sie strahlen vor allem soziale Kälte aus, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von GR Christian Oxonitsch.)

 

Herr Kollege Oxonitsch! Sie haben natürlich viele Möglichkeiten, dass es Ihnen in Zukunft leichter fällt, eine Trendwende herbeizuführen. Setzen Sie zum Beispiel die Verwaltungsreform für diesen Zweck ein! Nutzen Sie die nach Beseitigung der jetzigen Ineffizienzen frei werdenden Mittel und sorgen Sie dafür, dass diese in die Wirtschaft investiert werden! Verhängen Sie sofort einen Gebührenstopp und setzen Sie vor allem das Valorisierungsgesetz aus, das ein großes Problem ist! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Nehmen Sie das Geld, das Sie von der MA 30, MA 31 oder MA 48 von den Bürgerinnen und Bürgern abzocken und investieren Sie es wenigstens in umweltpolitische Maßnahmen! Investieren Sie es in erneuerbare Energie, und nutzen Sie es nicht nur für Ihr allgemeines Budget! Verdoppeln Sie die thermische Gebäudesanierung, und schaffen Sie vor allem auch ein Breitbandnetz, das den Namen verdient!

 

Achten Sie vor allem last but not least darauf, dass der Forschungsstandort Wien gestärkt wird! Warum hat es hier wieder der Initiative des Wissenschaftsministers bedurft, damit Sie Ihre Schwächen eingestehen? Gestern haben Sie das Campus Vienna Biocenter gemeinsam präsentiert, aber anstatt hier voranzugehen, belassen Sie die Last wieder beim Bund! Der Wissenschaftsminister finanziert das Projekt von 52 Millionen EUR zu zwei Dritteln, und Sie tragen nur einen geringen Teil dazu bei. Es ist ein historisches Glück, dass der Wissenschaftsminister aus Wien kommt und weiß, wie schwach die Wiener in diesem Bereich sind. Er versucht von Bundesseite, jetzt die Fehler, die Sie machen, zu korrigieren, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Geben Sie die einzig richtige Antwort auf Ihr selbst gestelltes Thema: Ändern Sie Ihre Wirtschaftspolitik, dann haben Sie die Chance, die Krise besser zu überstehen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort

 

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