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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 01.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 72

 

Größeren zu agieren, auch wenn es einzelne Schicksale dort arg trifft.

 

Ich glaube, es wäre falsch, hier ein Präjudiz zu schaffen und grundsätzlich jedem Auftragnehmer der Stadt Wien zu sagen, wenn etwas schief geht, wenn du in Konkurs gehst, zahlen ohnehin die Wienerinnen und Wiener in letzter Konsequenz. Und genau das wollen wir nicht, und deshalb werden wir schweren Herzens, meine Damen und Herren von der FPÖ, diesem Antrag nicht zustimmen. Ein Freibrot wollen wir nicht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben schon einiges über die persönliche Verantwortung der Frau Vizebürgermeisterin gesprochen und darüber, warum wir heute diesen Misstrauensantrag noch einmal einbringen. Es ist nicht nur eine Frage des Einzelnen und der persönlichen Verantwortung, sondern auch der politischen Kultur, der politischen Moral, ich möchte sogar sagen, der politischen Hygiene in diesem Haus. Mit diesen nimmt es offensichtlich die SPÖ nicht immer ganz so ernst, überhaupt mit dem Umgang mit Fehlern. Was ist, wenn Fehler passieren? Oder passieren hier in diesem Haus überhaupt Fehler? Ich habe manchmal nach zwölf Jahren so den Eindruck, Fehler und SPÖ ist eine contradictio per se, ein Widerspruch in sich, das darf es einfach nicht geben.

 

In dem Sinne kommt mir der Herr Bürgermeister manchmal schon päpstlicher als der Papst vor, von wegen Unfehlbarkeit und so. Der Bürgermeister macht einfach grundsätzlich keinen Fehler. Wenn er keine Fehler macht, dann können auch die Stadträte keinen Fehler machen. Und wenn die keine Fehler machen, dann ist jeder Misstrauensantrag der Opposition ohnehin von vornherein sinnlos und zum Scheitern auf Grund Ihrer Mehrheit verurteilt. – Ich glaube, der Herr Kollege Oxonitsch könnte sich mit dieser These durchaus anfreunden, wie ich so sehe.

 

Lassen Sie mich aber vielleicht ein Wort von Helmut Schmidt aus Deutschland dazu zitieren. Helmut Schmidt, den ich, das sage ich durchaus mit einer gewissen Ehrfurcht, für den Grandseigneur der Sozialdemokratie halte – ich glaube, da werden Sie mir recht geben –, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Er hat in einem Vortrag an der Marburger Uni, von der er letztes Jahr die Ehrendoktorwürde bekommen hat, mit dem Thema „Gewissen und Verantwortung des Politikers“ Folgendes gesagt, meine Damen und Herren: Eine gute Absicht alleine oder eine lautere Gesinnung alleine können den Politiker nicht von seiner Verantwortung entlasten.

 

Dieses Wort von Helmut Schmidt ist, wie ich glaube, wunderbar auf die Frau VBgmin Laska anzuwenden. Ja, sie mag keine persönliche Verantwortung in dem Sinne haben, dass sie jetzt diesen beauftragt hat, sondern dass das über ein Konstrukt geschehen ist. Sie hat keinen dort direkt in Konkurs geführt. Es gibt aber eben auch, wenn man gute Absichten dabei hat, so etwas wie eine politische Letztverantwortung. Dazu, dass wir diese Kultur ernst nehmen, müssen wir in diesem Haus endlich einmal kommen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Welcher Skandal auch immer passiert, es gibt keine Konsequenzen. (GRin Barbara Novak: Die Verantwortung des Kaufmanns lag woanders!) Wo ist die Verantwortung? Wo wird die Verantwortung ernst genommen? Ich meine, es kann doch hier Skandal über Skandal passieren, ganz egal, Konsequenzen gibt es nicht. Wo passieren jemals in dieser Stadt Konsequenzen?

 

Das habe ich schon das letzte Mal gesagt und das wiederhole ich noch einmal: Das ist ein System. Der Herr Bürgermeister hat dann bei meiner letzten Rede am Schluss als Zwischenruf gesagt – ich konnte es dann erst im Protokoll lesen, ich habe es nicht gehört –: Na endlich! – Ja, ich sage auch, endlich ist es Zeit, dieses System der Vertuschung der Wiener SPÖ endlich einmal aufzudecken, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich könnte die Frage auch umdrehen: Was muss eigentlich einmal passieren in einem Ressort, dass ein Stadtrat oder eine Stadträtin zurücktritt? Was muss passieren? Wie weit dehnen Sie politische Moral und Verantwortung eigentlich aus? Darauf hätte ich auch gerne einmal vom Herrn Bürgermeister abseits von Tankstellen-Diskussionen eine Antwort.

 

Ein letzter Punkt noch, meine Damen und Herren: Wie schaut es mit Verantwortung in der Wirtschaft aus, oder wie wäre das umzulegen? Ich vergleiche immer gerne die Stadt Wien mit ihrem 10 oder 11 Milliarden EUR-Budget mit einem großen Unternehmen, also ist der Bürgermeister für mich auch so etwas wie der Vorstandsvorsitzende eines solchen Unternehmens. Wenn ein Vorstandsmitglied bei einem Budget von 32 Millionen EUR letztendlich eine Miese von 8 Millionen EUR baut, für die wir heute geradestehen müssen, also 25 Prozent überschreitet, so kann ich mir nicht vorstellen, dass man in der Vorstandssitzung einfach zur Tagesordnung übergeht und sagt, da ist nichts passiert. Da gibt es in der Wirtschaft letzten Endes immer einen Verantwortlichen. Und wenn der Vorstand diese Verantwortlichkeit nicht wahrnimmt, dann ist es der Aufsichtsrat, das sind wir alle. Also sind wir alle dazu aufgerufen, hier zu kontrollieren und die Verantwortlichen dazu zu bringen, Konsequenzen zu ziehen.

 

Deshalb ist dieser Misstrauensantrag letzten Endes nicht nur ein In-Frage-Stellen der persönlichen Leistung der Frau Vizebürgermeisterin, sondern vor allem auch ein In-Frage-Stellen des Systems der SPÖ-Wien. Ich kann nur noch einmal sagen: Herr Bürgermeister, es ist wahrhaft an der Zeit zu handeln! Wie die letzten Wahlergebnisse gezeigt haben – und da habe ich wahrlich kein lachendes Auge zu vertreten, nur zwei weinende, so wie übrigens Sie auch! –, sind heute die Wähler nicht nur mündig, sondern auch sehr flexibel geworden. Da kann sich, wenn man so starr und stur bleibt, bei der nächsten Wahl schon einiges ändern, von dem man heute gar nicht glauben würde, dass es möglich ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Vettermann. Ich erteile es ihm.

 

GR Heinz Vettermann (Sozialdemokratische

 

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