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Gemeinderat, 36. Sitzung vom 25.06.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 108

 

allerdings eine Gebührenerhöhung im März 2006 letztendlich mit der Inflation im Jahresabstand - jetzt bleiben wir aktuell - von Juni 2007 bis Juni 2008 zu tun haben soll, obwohl die Gebühren gleich geblieben sind, das ist tatsächlich etwas, was Sie mir erklären müssen. Denn in der Realität heißt das, dass die Müllgebühren und die Abwassergebühren bezüglich der Inflationsrate, die jetzt ausgewiesen wird, sogar preisdämpfend wirken, weil sie ja im letzten Jahr nicht gestiegen sind.

 

Etwas stimmt: Es hat unseres Erachtens viel zu starke Erhöhungen im Jahr 2006 gegeben, das stimmt. Umgekehrt - und es ist mir jetzt tatsächlich wichtig, dies festzuhalten - halte ich es für absurd, zwei Jahre später einfach zu sagen: Die Stadt Wien soll so locker auf 130 Millionen EUR - wenn man die Gebührenerhöhung, die Parkometerabgabe und noch einige Kleinigkeiten zusammenrechnet - verzichten. Das halte ich tatsächlich für wirtschaftspolitisch absurd.

 

Für sinnvoll hingegen halte ich, dass man Gebühren nicht automatisch valorisieren sollte. Warum? Das Wesentliche an Gebühren sind de facto zwei Punkte: Das eine ist die finanzielle Abdeckung der Kosten, die entstehen, und das andere ist der damit verbundene Lenkungseffekt. Wenn es aber um den Lenkungseffekt geht, dann ist eine an die Inflation angepasste Gebührenerhöhung absurd. Denn es kann sinnvoll erscheinen, viel stärker zu erhöhen, und es kann sinnvoll erscheinen, zu senken; beides ist möglich. Aber die dem Effekt tatsächlich am wenigsten entgegenkommende Variante ist die Valorisierung.

 

Das betrifft insbesondere die Parkometerabgabe. Bei Wasser und Abwasser muss man sich tatsächlich auch die reale Kostenentwicklung anschauen: Ist die Kostenentwicklung in Wien bei Wasser-, Abwasser- und Müllgebühren über die Jahre tatsächlich so, dass sie der Inflationsrate entspricht? Nein, und das wissen Sie. Es hängt zum Teil von der Art und Weise der Investitionen ab. Umgekehrt wissen wir aber auch, dass gerade die Müll- und Abwassergebühren einen wesentlichen Beitrag zum gesamten Wiener Budget erwirtschaften. Das heißt, sinnvollerweise werde ich die Müllgebühren - wie auch andere Gebühren - im Gesamtzusammenhang des Budgets beachten müssen, im Gesamtzusammenhang von Zielsetzungen beachten müssen und danach tatsächlich auch mit der politischen Verantwortung des Gemeinderates die Gebühren festlegen.

 

In diesem Sinne bringe ich einen Antrag ein, der sich dafür ausspricht, dass hinkünftig wieder der Gemeinderat selbst die Entscheidungshoheit über die Festlegung der Höhe von Gebühren wahrnimmt, und fordere den Wiener Landtag auf, das Valorisierungsgesetz aufzuheben. Ich hoffe, dass dieser Antrag Zustimmung findet, weil ich tatsächlich glaube, dass Sie selbst der Meinung sind, dass es eine politische Entscheidung ist, in welcher Höhe Gebühren anfallen sollen, und keine, die rein auf Inflationsraten, die mit der realen Kostenentwicklung des jeweiligen Bereichs möglicherweise nichts zu tun haben, abstellen sollte.

 

Ein zweiter Bereich ist mir im Zuge der Gebührendebatte ganz wichtig. Ich war davon überrascht, dass die Wiener ÖVP wieder einen Rückschritt macht - ich sage gleich vorweg, wir werden einigen Anträgen zustimmen, einigen nicht -, dass sie tatsächlich einen Rückschritt macht im Bereich der Kindertagesheime und der Kinderbetreuung. Die Wiener GRÜNEN sind für die kostenlose Kinderbetreuung. Einen diesbezüglichen Antrag bringen wir ein. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Wir auch!)

 

Sie wollen lediglich eine verhältnismäßig geringe Senkung. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Heuer!) Das zeigt wieder, wie Sie tatsächlich zu Menschen mit Kindern stehen; ob alleinstehend oder Familie, ist in dem Fall relativ gleich. Sie wollen keinen kostenlosen Kindergarten, wir nehmen das zur Kenntnis. Wir als GRÜNE wollen das schon!

 

Ich sage Ihnen dazu, es gibt auch einen Grund, warum wir das wollen. Die aktuellen Daten beweisen das ja. Die Ertragsanteile sind in den letzten zwei Jahren, bis zum Rechnungsabschluss 2007, um rund 370 Millionen oder 380 Millionen EUR gestiegen, und - das ist ganz wichtig - für 2008 werden sie noch einmal um rund 200 Millionen EUR steigen. Es geht momentan in diese Richtung weiter. Das heißt, die Stadt Wien hat durchaus genug Geld, um angesichts der Belastungen, und zwar Belastungen durch die Politik der vorigen Bundesregierung und auch der jetzigen Bundesregierung, einen spezifischen Kreis von Menschen, nämlich jene Menschen, die Kinderbetreuungspflichten haben, wirklich einmal deutlich zu entlasten.

 

Kollege Ellensohn hat das gestern schon als Beispiel gebracht: Wenn eine Jungfamilie 2 500 EUR, 2 600 EUR an Einkommen und zwei Kinder hat, zahlen die beiden für die Kinderbetreuung 20 Prozent ihres Haushalts-Nettoeinkommens, meistens weitere 20 Prozent an Kreditraten, meistens noch weitere 20 bis 30 Prozent fürs Wohnen, sodass im Endeffekt einer vierköpfigen Familie fürs Leben oft nicht mehr als 700 bis 800 EUR übrig bleiben. Das ist dann oft an der Grenze zur Armutsgefährdung. Wenn man das noch ein bisschen weiter ausdehnt - dass kulturelle Bedürfnisse befriedigt werden sollen - und umgekehrt sieht, wie gering der Puffer ist, dann zeigt sich eines: Sollte irgendetwas passieren - einer der beiden verliert seine Arbeit -, ist man in der Armutsfalle drinnen!

 

Diesen Menschen wollen wir heute tatsächlich auch helfen. Wir verweisen darauf - es ist mir wichtig, dies hier auch einmal ganz deutlich zu sagen -, dass die Stadt Wien, obwohl das mit den 1,4 Milliarden EUR Schulden gerne zitiert wird, eigentlich nicht wirklich Schulden hat. (Ruf bei der ÖVP: Ach so?) Denn den Schulden von 1,4 Milliarden EUR stehen umgekehrt rund 3,5 Milliarden EUR für Ausleihungen an Dritte, die in Form von Darlehen et cetera vergeben worden sind, entgegen. Es wäre spannend, sich wirklich einmal das Geldinventar anzusehen, wo die vergebenen Darlehen aufgeführt sind, das Barvermögen, das de facto auf dem Konto der Stadt Wien liegt. Wer von euch wusste, dass am 31.12.2007 die Stadt Wien - einerseits hat sie

 

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