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Gemeinderat, 31. Sitzung vom 29.02.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 95

 

verwendet – würden diese Schulen zu reinen Ghettoschulen. Denn glauben Sie, dass da ein großer Andrang der Österreicher oder der Serben in eine solche türkische Schule wäre? – Nein, ganz sicher nicht! Und das wollen gerade Sie, die Sie doch vorher gesagt haben, wir brauchen die Integration.

 

Die Frau Stadträtin hat anscheinend die berüchtigte Kölner Rede des türkischen Staatspräsidenten, der dort seine Sensibilität betont und seine Erwartungen an die Gastländer zum Ausdruck gebracht hat, als Auftrag verstanden und möchte das nun – Sie werden sie ja jetzt ohnedies einbremsen – umsetzen.

 

Der Herr Erdogan hat die Erhaltung der Sprache, der Identität, der Kultur und der Tradition in den Gastländern durch Grundschulausbildung in türkischer Sprache gefordert. Die Frau Stadtrat ist ja noch türkischer als der Herr Erdogan. Sie fordert jetzt die türkische Matura bei uns in Österreich.

 

Ich kann Ihnen nur eines sagen, Frau Stadtrat: Deutsch, Frau Stadtrat, ist laut Verfassung die Amtssprache dieses Landes, und Deutsch wird sie auch bleiben. Der Schulversuch, den wir schon einmal mit Kurdistanisch gehabt haben, soll jetzt nicht durch Türkisch ersetzt werden. (GR Heinz Vettermann: Kurdisch heißt das, glaube ich! Aber bitte!) Er würde genauso scheitern, und wir wollen und brauchen das genauso wenig, wie wir die Austragung der Konflikte eben dieser Ethnien in unserem Staatsgebiet brauchen können, die aber jetzt auch schon einzusetzen beginnen.

 

Sie haben das früher auch immer von der Hand gewiesen, wenn wir davor gewarnt haben. Jetzt haben wir es vor der Haustüre. Jetzt haben wir die Demonstrationen der Kurden gegen die Türken, der Serben gegen die Kosovaren, und dann kommen andere auch noch auf uns zu. (GR Harry Kopietz: Wer hat denn die Serben aufgehetzt? Ihr Vorsitzender!) Na, jetzt hören Sie aber bitte auf! Wenn er gesagt hat, dass dem UNO-Recht entsprechend die Ausrufung des Kosovo als selbstständiger Staat Unrecht ist, dann ist es ein Unrecht, egal, ob das die Serben oder sonstige sind. (Beifall bei der FPÖ.) Nur, Sie wollen es drehen, wie Sie es gerade brauchen. Das ist der große Unterschied, Herr Kollege. (GR Harry Kopietz: Ihr Vorsitzender Strache hat die Serben bei uns aufgehetzt!) Das ist kein Aufhetzen, wenn man sagt, dass jemand völkerrechtlich da ist.

 

An dem Wirbel, der entstanden ist, sind Sie selber schuld, denn nicht wir haben sie alle hereingeholt, und nicht wir haben bei der Polizei in Wien versagt, wie das Versagen der Polizei in Wien jetzt überhaupt gang und gäbe ist. Da brauchen wir nur die großen Polizeichefs Wiens anzuschauen – ich erinnere an gestern –, da hat der Landeshauptmann auch einiges mitzureden gehabt bei der Ernennung. Also ganz von selber kommen die alle nicht. Sie sind schuld. Sie sind groß dabei, die Lorbeeren einzuheimsen, wenn es um Wien geht, wenn es um die Pleiten geht, dann sind Sie still. Die Pleiten aber werden mehr und mehr und mehr. Die Bürger erkennen das, und Sie werden Ihre Antwort erhalten, Herr Kollege, das sage ich Ihnen. (Beifall bei der FPÖ. – GR Harry Kopietz: Das glaube ich nicht!)

 

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Wenn jemand fordert, Deutsch als erste Fremdsprache nach Türkisch zu lernen, dann wird derjenige, der das lernt, sich immer zuerst als Türke fühlen und dann als Österreicher. Und was ist, frage ich Sie – ich habe Sie das schon einmal gefragt –, wenn die Interessen beider Staaten divergieren? Was glauben Sie, für wen sich der dann im Zweifelsfall entscheiden wird?

 

Diese Zugehörigkeitsproblematik wurde vom Herrn Erdogan ebenfalls ganz, ganz eindeutig angesprochen, als er die Loyalität der Auslandstürken zum Mutterland eingefordert hat. Parteigründungen sollten das sicherstellen. Bei der Arbeiterkammer in Vorarlberg haben wir schon eine türkische Liste gehabt. In Niederösterreich tritt in zwei Wochen erstmalig das LNÖ an; LNÖ, eine Liste, die wahrscheinlich Sie Stimmen kosten wird. So etwas Ähnliches werden Sie auch in Wien erleben. Hier dürfen offenkundig Leute wählen, die nicht einmal die Sprache des Landes verstehen, in dem sie Staatsbürger sind, denn sonst wäre es nicht notwendig, dass man ihnen eine „Seçim Bilgilendirmesi“ – das muss eine Wahlinformation auf Türkisch sein – liefern muss, damit sie überhaupt verstehen, wen sie wählen sollen.

 

Das ist die Folge Ihrer Einwanderungspolitik. Das ist die Folge Ihrer Bildungspolitik. Das ist die Folge der Probleme und Schwierigkeiten, in die Sie diese Stadt und dieses Land stürzen und die Sie und niemand anderer zu verantworten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die Frau Stadtrat hat hier zwei sehr widersprüchliche Forderungen zur Debatte stellen lassen. Das eine ist die Volksschulgeschichte, der wir zustimmen können, das Zweite ist – ganz gegensätzlich – die Frage der Matura und der Schulausbildung in den höheren Schulen auf Türkisch.

 

Jetzt scheint sie sich von beiden ein bisschen distanzieren zu wollen. Das eine soll um Gottes willen nicht die Idee der FPÖ gewesen sein. Ich sage Ihnen, lesen Sie die Pressedienste aus 2007 nach, und Sie werden fast wörtlich Ihre Vorschläge finden. Und das Zweite ist: Sie rudern zurück von der Schule auf Türkisch, dass nur noch auf Türkisch maturiert werden kann. Eine Matura ablegen können Sie auch in allen möglichen zusätzlichen Sprachen. Das war nie die Frage und wäre auch nichts Neues gewesen.

 

Sie haben ja gemerkt, Frau Stadtrat, das war Unsinn, was Sie gemacht haben, und die PR zitiert anscheinend Konrad Adenauer: „Was schert mich der Unsinn, den ich gestern gesagt habe.“ Ja, das könnte man leicht sagen, aber das Problem ist: Es geht hier nicht um den Unsinn von gestern, es geht um den Unsinn von morgen, der unseren Kindern schaden wird.

 

Beruhigend bei der ganzen Geschichte ist nur, dass wir Gott sei Dank für die Frage der Matura genauso wenig zuständig sind wie die Frau Brandsteidl. Es war ohnedies nur heiße Luft, die Sie in diesen Versuchsballon hineingeblasen haben, und dieser Versuchsballon wird genauso zerplatzen, Frau Kollegin, wie die Sandkastenträume Ihres Kanzlers. Dessen bin ich mir sicher.

 

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