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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 117

 

die Evaluierung ab, und zeichnen wir nicht von vornherein ein düsteres Szenario.

 

Dass es auch mehr Plätze gibt, ist ebenfalls schon gesagt worden: mit den drei neuen Wohngemeinschaften, die direkt von der MA 11 eingerichtet worden sind, und mit den sechs neuen Wohngemeinschaften, die mit Vertragspartnern errichtet worden sind. Es gibt hier auch die schon nachgefragte Werbekampagne für Pflegeeltern, die übrigens auch greift und die wahrscheinlich den meisten hier im Haus präsent ist.

 

Es gibt daher mehr Interesse, und es gibt auch die entsprechend eingehende Schulung. Denn ohne Eltern, oder eigentlich ohne Menschen, die sich das antun, diese wirklich herausfordernde Arbeit als Pflegeeltern zu machen, und sich dazu bereit erklären, kann das System nicht funktionieren. Wenn man sagt, besser als eine Wohngemeinschaft wären Pflegeeltern, braucht man entsprechende Werbung, braucht man entsprechend ausgebildete Menschen, die man hier einsetzen kann.

 

Daher glaube ich, dass es Wien-weit durchaus eine gute Zusammenarbeit - weil auch das gefragt worden ist - zwischen der Polizei und den Jugendämtern gibt, und auch Vernetzungstreffen, nicht nur zwischen Polizei und Jugendamt, sondern zwischen allen sozialen Einrichtungen, die in einem Bezirk, in einem Grätzel arbeiten, um dort auch Fälle zu besprechen.

 

Jeder Einzelfall aber ist einer zu viel. Wien hat österreichweit sicher das bestausgebaute System der Jugendwohlfahrt; das wurde auch noch von niemandem bestritten. Aber wir geben uns damit - aus dem Grund, dass eben jeder Einzelfall einer zu viel ist - nicht zufrieden. Wir evaluieren, wir bauen aus, und ich hoffe, wir kämpfen auch gemeinsam gegen diese Fälle von Kindesmisshandlung. - Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bevor ich Kollegin Riha das Wort gebe, eine Bitte an die Technik: Die Kamera hat uns bereits verlassen; kann man die Scheinwerfer abdrehen? - Danke.

 

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Riha. - Bitte.

 

GRin Monika Riha (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bürgermeister, auch wenn Sie nicht mehr hier sind! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Es ist mir ein Anliegen, Frau Smolik zu sagen, dass wir die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die täglich ihre harte Arbeit machen, die viel Feingefühl brauchen, und wo mir bewusst ist, dass das eine sehr sensible, sehr herausfordernde Arbeit ist, ganz sicher nicht angreifen. Es ist mir auch ein Herzensanliegen zu sagen, dass es mir nicht an sozialem Engagement fehlt und dass ich hier stehe, weil ich dieses soziale Engagement in mir spüre.

 

Weiters ist es mir ein Anliegen, auch dem Herrn Bürgermeister zu sagen, dass mir nichts ferner liegt, als aus dem Leid von Kindern politisches Kapital zu schlagen. Aber das darf uns einfach nicht daran hindern, dass wir darüber nachdenken, wie wir Systeme, und seien sie noch so gut, weiter verbessern können. Ich persönlich kenne kein System, das man nicht noch verbessern könnte.

 

Es können verbesserte Möglichkeiten geschaffen werden, um die Kinder verlässlich zu schützen, wenn die Situation bereits eskaliert ist. Das Ziel muss jedoch vorrangig sein, so weit präventiv zu arbeiten, dass diese Eskalationen, bei denen Kinder die Leidtragenden sind, gar nicht oder möglichst gar nicht vorkommen. Wenn Frau Straubinger sagt, dass wir hundert Prozent wahrscheinlich nie erreichen werden, dann ist es und muss es unser Ziel sein, so weit wie möglich zu kommen und es so weit wie möglich zu verhindern! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Denn in einem, denke ich mir, sind wir uns hoffentlich über alle Parteigrenzen hinweg einig: Bei Gewalt gegen Kinder kann es keine Toleranz geben! Ich glaube - das habe ich ja auch aus Ihren Redebeiträgen gehört -, da gibt es in unseren Reihen nicht einen Einzigen, der einer anderen Meinung ist.

 

Kinder, die Gewalt erfahren und in einer Atmosphäre der Gewalt aufwachsen, neigen als Erwachsene wieder dazu, gewalttätig zu sein. Irgendwann muss diese Gewaltspirale unterbrochen werden. Ich denke, die einzige Möglichkeit ist, präventiv auf die Eltern zu setzen.

 

Die Anforderungen an Eltern sind enorm gestiegen, ob wir das wollen oder nicht, aus den unterschiedlichsten Gründen. Es gibt Verunsicherung, es gibt Überforderung, das ist nicht zu negieren. Nicht zuletzt gaukeln uns auch die Medien und die Fernsehwelt ein Familienbild vor, das der Realität nicht entspricht und auch gar nicht entsprechen kann. Eltern brauchen daher mehr Begleitung und Unterstützung in ihrer Aufgabe des Elternseins.

 

Es ist schon erstaunlich: Wir brauchen in unserer Gesellschaft für fast alles einen Schein - Sie brauchen einen Schein, um das Auto zu bedienen, Sie brauchen sogar einen Schein, um einen Filmapparat vorzuführen -, aber wir gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass Männer und Frauen automatisch perfekte Väter und Mütter sind.

 

Hier liegt für mich der Ansatzpunkt, wo auch die Stadt Wien vermehrt ansetzen müsste. Ein begleitendes Eltern-Coaching - nennen Sie es Elternbegleitung, oder wie auch immer Sie es nennen - müsste in Gesamt-Wien angeboten werden, und zwar in der Form, dass Mütter und Väter, bereits bevor das Kind auf die Welt kommt, auf ihre neue Aufgabe als Mutter und Vater vorbereitet werden. In welcher Form man das auch immer tut - ob man das mit dem Mutter-Kind-Pass verbindet, mit Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes, ob man das an Anreize koppelt, ob man das verpflichtend macht -, das ist eine Frage des Geschmacks. Aber was mir wichtig ist, ist, dass wir die Eltern als Hauptverantwortliche für ihre Kinder ernst nehmen und sie unterstützen und begleiten.

 

Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten, die international - die Probleme sind ja nicht nur in Wien so - ausprobiert werden. Seit 1. April zum Beispiel gibt es im Saarland verpflichtende Untersuchungen für Kinder von null bis sechs Jahren. Natürlich hat das Vor- und Nachteile, und natürlich ist auch der Gedanke richtig, dass man nicht bei jeder Untersuchung eine Verletzung, die vor sechs Wochen entstanden ist, sehen kann. Trotzdem wäre es, glaube ich, eine Möglichkeit, um zumindest in den ersten sechs Jahren eine Art der

 

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