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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 14.12.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 45 von 117

 

im System Kosten verursachen. In den letzten Tagen und Wochen haben die Medien Beispiele gebracht: Menschen haben über solche informellen Zahlungen berichtet und eingestanden, dass sie selbst derlei Zahlungen geleistet haben. Wenn aber dann als Antwort darauf immer das Argument kommt, dass diese Leute doch vor den Vorhang treten, Anzeige machen beziehungsweise sich an den Patientenanwalt oder gar an die Ärztekammer wenden sollen, dann kann ich Ihnen aus meinen Gesprächen mit den Betroffenen berichten: Die Menschen wollen sich nicht deklarieren, denn sie sind abhängig, weil sie entweder noch in Behandlung stehen und verständlicherweise ein tiefes Loyalitätsgefühl gegenüber dem behandelnden Medizinern oder der behandelnden Medizinerin haben. Das kann man nachvollziehen, und dieses Gefühl kann man auch teilen, wenn es sich um gute medizinische Leistungen handelt, wovon wir ja hoffentlich ausgehen wollen. Das bedeuten für diese Menschen aber jedenfalls, dass sie sich nicht äußern wollen.

 

Es lässt sehr tief blicken, wenn der Patientenanwalt in Wien sagt, dass keine entsprechenden Klagen bei ihm eingebracht wurden. Er soll sich vielleicht überlegen, ob es vielleicht an seiner Art, seine Aufgabe wahrzunehmen, liegt, dass hier nicht geklagt wird!

 

Transparency International nennt neben den informellen Zahlungen die überflüssigen Leistungen, die mit dem Ziel erbracht werden, das eigene Einkommen zu maximieren, indem Dinge verordnet werden, die nicht gebraucht werden. Dabei ist die Rede von Pharmafirmen und von Herstellern von Medizinprodukten, die ein Interesse daran haben, dass eine gewisse Verordnungspraxis vorgenommen wird und sie durch Rabatte und Kick-back-Zahlungen ihre Möglichkeiten erweitern können. Transparency empfiehlt, dass ausschließlich medizinische Kriterien für medizinische Leistungen herangezogen werden sollen, und dazu bedarf es der Transparenz und klarer Abläufe in den Spitälern.

 

Die Nebenbeschäftigungen, die auch der Herr Präsident des Rechnungshofes in seinem Bericht schildert und die laut Rechnungshof strikt geregelt werden sollen, werden auch bei Transparency als mögliche Herde des Konflikts der Interessen genannt. Jeder kennt die Überweisung aus der Krankenhausambulanz in die eigene Praxis mit dem Hinweis, dass man dort viel fürsorglicher betreut werde. Ich füge hinzu: und vor allem zu eigenen Einkünften!

 

Die klare Regelung der Nebenbeschäftigung hat auch zum Ziel, dass deutlich und klar wird, dass jede kritische Nähe zur dienstlichen Tätigkeit vermieden werden soll. In diesem Zusammenhang ist der Bericht über das Institut für Pathologie im AKH ein Sittenbild der Unkultur. Der Umstand, dass 2006, nachdem man schon wusste, dass zwei Drittel der Ärzteschaft privat für den Institutsvorstand in dessen Ordination gearbeitet haben, immer noch elf Ärzte und Ärztinnen dort beschäftigt sind, wäre in jeder anderen Branche ein Entlassungsgrund oder ein Grund für ein Disziplinarverfahren. Die Medizinuni sieht jedoch in dem Umstand, dass der Rechnungshof feststellt, dass im Wege einer dritten Institution das Verbot des Gebietskrankenkassenvertrages für diese Privatordination systematisch mit hohen Profiten umgangen wird, kein Problem! Und Frau StRin Wehsely nimmt es hin, obwohl die Folgen zu Lasten des AKH gehen.

 

Da muss man sich fragen: Warum wird hier nicht gehandelt? – Wir haben immer wieder über das Faktum gesprochen, dass die Medizinische Universität mit dem Rektor die eine und das AKH mit dem Krankenhausdirektor die andere Hierarchie darstellen und dass die beiden nach Möglichkeit jede Art von Kontaktaufnahme und vor allem jeden Datenaustausch vermeiden. Sie tun dies auf Basis der Rechtsordnung. Der Herr Rektor verschweigt dem Herrn Direktor die Daten über die Nebeneinkünfte seines Personals aus datenschutzrechtlichen Gründen.

 

Angesichts der Debatte über Märcheneinkommen wie 900 000 EUR in einem stadtbekannten, schillernden Fall, der durch alle Medien gegangen ist, müssen sich dann aber schon alle rechtfertigen, und es ist interessant, was Herr Rektor Schütz in einem Interview im „Standard“ gesagt hat: „Der wesentliche Punkt ist, dass der Betrieb des AKH von zwei Rechtsträgern durchgeführt wird. Die Stadt Wien ist zuständig für den Betrieb des AKH. Wir stellen die Ärzte zur Mitwirkung an der Krankenbetreuung zur Verfügung.“ Und jetzt kommt es! „Das heißt, wir sind eigentlich gar nicht Dienstgeber dieser Ärzte, weil was zu tun ist, bestimmt der Träger, die Stadt Wien. Bei jedem anderen Betrieb ist der Arbeitgeber für alles verantwortlich inklusive Personal.“

 

Es ist schon spannend, wenn der Herr Rektor findet, dass eigentlich eh nicht er der Chef der Ärzte im AKH ist! Dumm ist nur, dass die Frau Stadträtin ihrem ärztlichen Direktor die Verantwortung für das Personal auch nicht übergibt. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist keine Frage der Meinung, das ist eine Rechtsfrage!) Lies nach im „Standard“! Rektor Schütz meinte, dass er nicht Dienstgeber ist. Das ist dumm gelaufen für die Stadt Wien, wenn der Herr Rektor das so sieht, denn damit ist jenen kleinen Kaiserreichen Vorschub geleistet, die sich in den verschiedenen Klinischen Instituten etablieren können. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Das ist keine Glaubensfrage, sondern eine Rechtsfrage!) Nein! Diese Glaubensfrage entscheiden die Herren Klinikvorstände durchaus nach eigenem Gutdünken! (Zwischenruf von Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely.) Genau! Dienstgeber ist der Herr Rektor. Da hast du absolut Recht! Aber wenn der Herr Rektor sagt: Tut mir leid, wenn es da jetzt kritisch wird, dann bin ich es lieber doch nicht!, dann ist es doch vielleicht die Stadt Wien. (Weiterer Zwischenruf von Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely.) Ich schüttle den Kopf wie du!

 

Faktum ist: Der Herr Rektor fühlt sich nicht zuständig. Und die Herren Klinikvorstände werden das gerne hören, denn wenn die Katze aus dem Haus ist, dann tanzen die Mäuse auf dem Kirchtag, und sie tanzen zu hohen Summen und für ihr eigenes Budget, und dem hat offensichtlich niemand etwas entgegenzusetzen. Ich stelle daher den Beschlussantrag:

 

„Der Gemeinderat fordert Frau StRin Wehsely auf, die Lücke in der Verantwortung für das medizinische

 

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