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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 112

 

uns den Nachhilfeunterricht an, da ist es ganz genauso. Kinder, deren Eltern Geld haben, bekommen Nachhilfeunterricht, Kinder, deren Eltern Geld haben, haben auch meistens Eltern, die selbst ein bisschen Nachhilfeunterricht geben können. Die anderen Kinder, wo kein Geld und keine Bildung zu Hause ist, haben das nicht. Sie können es auch nicht zukaufen, sie bleiben übrig.

 

Jetzt sollte man annehmen, dass eine sozialdemokratisch regierte Stadt dafür sorgt, dass genau diese Kinder, um die es da geht, vor allem und als Allererste in den Genuss einer ganztägigen Schule kommen. Aber auch das ist nicht der Fall. Es gibt in Wien tatsächlich, glaube ich, 63 von diesen 249 Schulen, die ganztägig geführt sind; ich rede nicht von den Horten, ich rede von den ganztägig geführten Schulen. Da ist dennoch das oberste und erste Kriterium immer die Berufstätigkeit beider Eltern - dann tut man sich sehr viel leichter, wenn man in diese Schulen kommt -, während das soziale Kriterium immer das zweite ist. Auch da finde ich, dass die Entwicklung eine falsche ist.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Zeit jetzt nicht ermöglicht, ist, dass ich Ihnen Briefe vorlese, die ich von Schulen und Elternvereinen bekomme, in denen es eigentlich immer darum geht, dass sie sich auf die Suche nach Sponsoren machen, um dafür sorgen zu können, dass bei Tätigkeiten und Unternehmungen der Klasse alle Kinder dabei sein können. Unentwegt suchen LehrerInnen nach Sponsoren, die vielleicht dort einen Schikurs finanzieren, da eine Exkursion mitfinanzieren und so weiter und so fort, weil es viele Kinder gibt, die zu arm sind, um sich das leisten zu können.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich könnte Ihnen noch viele Beispiele vorlesen. Ich könnte Ihnen auch vorlesen - aber das können Sie selbst lesen -, was die neue Unterrichtsministerin zum Schulanfang uns allen mitgeteilt hat über das Thema: mehr Bildung und mehr von allem und mehr von allem, was wunderschön ist. Ich muss aber jetzt leider Schluss machen und möchte Ihnen abschließend sagen, was mein Eindruck ist: Wien ist auf einem falschen Weg, was die Pflichtschulen angeht, so leid es mir tut! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau Mag Anger-Koch. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Jerusalem, um nur kurz auf Ihre Ausführungen über Gesamtschule mit Sonderschule und Volksschule einzugehen: Ich glaube, wir haben in Wien die Sonderschule, weil wir Kinder mit besonderem Bedarf haben, und da rede ich jetzt nicht nur von Kindern, die vielleicht sehr kränklich zur Welt kommen und dann im Grunde genommen nicht mit den anderen Kindern mitkommen. Ich kann Ihnen so einen Fall nennen, den kleinen Jonas, der von Geburt an ständig hat operiert werden müssen, weil er einen offenen Gaumen hatte, weil er schlecht hört et cetera. Er ist sehr froh, dass es solche Schulen gibt, dass er quasi langsam das nachholen darf und kann wie die Kinder in den Volksschulen.

 

Aber zurück zum Budget: Für uns ist dieses Budget eine Fortschreibung der Zahlen aus den letzten Jahren. Mir geht einfach diese Nachhaltigkeit ab, die für die Wiener und Wienerinnen geschaffen werden muss. Gerade im Bereich der Familien ist Ihnen anscheinend nicht aufgefallen, dass es da einen Strukturwandel gibt, der in der letzten Zeit vor sich geht, gerade wenn man sich das im Bereich der Familien ansieht. Die Scheidungsraten in Wien steigen, und es gibt immer wieder andere Formen des Zusammenlebens in Wien, angefangen von Alleinerziehern oder Patchwork-Familien, die man eigentlich bedenken muss und die auch in Zukunft bedacht werden müssen.

 

Was machen Sie für die Familien? Sie steigern die Kosten, Sie überlegen nicht, was das alles in Zukunft für die Familien heißt und wie das Kostenniveau in Zukunft von den Familien gehalten werden soll. Das ist eine familienfeindliche Politik, die hier betrieben wird, vor allen Dingen unter dem Aspekt, dass dafür nächstes Jahr 480 Millionen an Mehreinnahmen zur Verfügung stehen. Uns fehlen da einfach die Visionen und die Schwerpunkte und auch, wo die Effizienz und der bedarfsgerechte Verzehr dieser Steuergelder für Wiener und Wienerinnen hingeht. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wissen Sie, dass die Privatverschuldung der Familien jährlich steigt? Wissen Sie, dass eine vierköpfige Familie nun rund 20 Prozent mehr an Kosten hat, verglichen mit dem Jahr 2001? Das reicht vom Kindergartengeld über die Parkscheinerhöhung und die Parkpickerl bis zur Fahrscheinerhöhung, und was die Familien ganz arg trifft, sind natürlich Strom, Abwasser und Müllabfuhr.

 

Was ist das Fazit? Viele junge Menschen, die vor der Entscheidung stehen, eine Familie zu gründen, werden sich nicht für die Familie entscheiden, weil sie ganz einfach Zukunftsangst haben. Wir haben seit den 30er Jahren stagnierende Geburtenraten, das heißt, der Generationsvertrag kommt ins Schwanken, und es wird ein Ungleichgewicht entstehen.

 

Denken Sie doch daran, dass die Kinder unsere Zukunft sind und wir hier Schwerpunkte und Maßnahmen setzen müssen, von der Erziehung und Ausbildung bis hin zur Beschäftigung. Investieren Sie das Geld für die Zukunft, und setzen Sie Maßnahmen für Familien, für die Wirtschaft, für den Standort Wien. Fördern Sie den Freizeitbereich der Kinder gerade im Breitensport, die Vereine und die Verbände, dass sie diesen Breitensport auch anbieten können. Fördern Sie die Kooperation zwischen den Sportvereinen und den Schulen, sodass in der Nachmittagsbetreuung die Angebote umgesetzt werden können, und inszenieren Sie in Wien den Sport nicht immer nur als Event, sondern schauen Sie, dass die Ziele für den Breitensport und Freizeitsport im Vordergrund stehen. Berücksichtigen Sie bitte in Zukunft auch die infrastrukturellen Bedürfnisse des Sports, indem Turnsäle und Sportstätten sowie die Sportanlagen in den schulfreien Zeiten besser genutzt werden können, sodass auch die Vereine, die bemüht sind, ihre Trainingseinheiten in den Schulen in der Sommerzeit

 

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