«  1  »

 

Gemeinderat, 22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 123 von 140

 

Sagen haben, wo die, die eine der wichtigsten Aufgaben erfüllen, nämlich die Ärzte, meinen, sie können Ihnen nicht einmal mitteilen, ob sie dienstrechtlich im Rahmen dessen, was zulässig ist, aktiv sind oder nicht.

 

Ich bin mit meiner Kritik nicht allein. Der Rechnungshof ist wohl unverdächtig politischer Positionierung. Der Rechnungshof sagt seit Jahren, um nicht zu sagen, seit Jahrzehnten, diese Verhältnisse in den Universitätsspitälern und speziell im AKH Wien gehören abgestellt, Nebenbeschäftigungen sind strikt und restriktiv zu regeln. In Innsbruck wird das mittlerweile gemacht. Dort haben nur mehr 25 von habilitierten Spitzenärzten eine Nebenbeschäftigung. In Graz und in Wien sind es, so der Rechnungshof, 366 und einige haben mehrere Nebenbeschäftigungen, bis zu fünf nennt der Rechnungshof.

 

Schauen wir uns jetzt den konkreten Fall an. Ich glaube, er hat System. Das ist das Schlimme, dass das System hat, dass man gestern in der Sendung „Im Zentrum" noch sagen kann, man ist in einer Beiratsfunktion, während heute herauskommt, dass es einen Brief des Herrn Prof Leodolter, einer der beiden Spitzenärzte, die hier beschäftigt sind, gibt, der von der Position, man wäre hier nur am Rande oder, wie Huber sagt, als Beirat tätig, abrücken musste. Er sagt, für die, die heute nicht online gelesen haben: „Auf Grund verschiedener Anlaufschwierigkeiten, ..." - er spricht von der Firma Zellmed – „... besteht nun tatsächlich die Gefahr einer Liquidation der Firma, was für uns und unsere Investoren ... " - er meint sich selbst, wenn er von der Firma spricht – „... naturgemäß neben der finanziellen Einbuße auch aus wissenschaftlichen Überlegungen äußerst bedauerlich wäre. Eine mögliche andere Strategie ist zu der, ich gebe zu, sehr offensiven Promotion, weitere Investoren an Bord zu holen, um das Überleben unserer gemeinsamen Idee zu ermöglichen. Diese offensive Strategie ist alles andere als angenehm, aber eine Überlebenshilfe."

 

Stellen sie sich also vor, da wird eine klinische Studie gemacht, die den wissenschaftlichen Kriterien offensichtlich nicht genügt. Sie ist weder randomisiert noch ist sie doppelblind. Offensichtlich wissen die in der Zellmed engagierten, nicht nur Beiräte, sondern offensichtlich Gesellschafter, wer in der Studie ist. Sie wünschen sich, man möge es, wenn ich das jetzt vermute, nachvollziehen können. Wenn hier sozusagen wirtschaftlich Schwierigkeiten drohen, dann ist man auch froh, wenn die Ergebnisse in die Richtung ausfallen, die man für die eigene Firma braucht. Und dann kommt es offensichtlich zu Publikationen wie jetzt in „NEWS", die weder der Wissenschaft noch einer ordentlichen standesgemäßen ethischen Vorgangsweise von Wissenschaftlern standhalten würden.

 

Warum ist das möglich? Warum sind solche Verhältnisse möglich? Weil man offensichtlich nicht weiß, was die Herren und weniger Damen Professoren nebenbei alles tun, in welchen Firmen sie involviert sind, welche Nebenbeschäftigungen sie haben, welche anderen Interessen sie noch verfolgen. Offensichtlich muss der Tag eines Spitzenmediziners mehr als 24 Stunden haben, denn sonst könnte es nicht sein, dass man im Hause wirkt, dass man Privatpatienten hat, dass man eine Privatordination führt und dass man, wie in einem Fall, auch noch eine Hormonambulanz hat, im zweiten ist man Präsident einer noblen Privatklinik, im dritten Fall ist man sowieso Abteilungsleiter an zwei Häusern der Gemeinde Wien. Privatordinationen hat fast jeder und man weiß offensichtlich nicht mehr, welchen Hut man zur Stunde aufhat.

 

Das wissen vor allem die Patientinnen und Patienten nicht. Ich will mir nicht vorstellen, wie es jemandem geht, der verzweifelt ist, weil er Krebs hat. Ich will mir nicht vorstellen, was es heißt, wenn man Teilnehmer oder Teilnehmerin dieser fragwürdigen Studie ist und meint, man ist nach allen Regeln der klinischen Kunst, nach allen Regeln der wissenschaftlichen Standards, die in einer medizinischen Universität zur Anwendung kommen sollten, behandelt worden und nicht etwa in einer Studie, die offensichtlich nur dazu dargetan ist, um die Überlebensfähigkeit einer Firma sicherzustellen. Man ist verzweifelt und man glaubt den Ärzten. Und man ist verzweifelt und liest in „NEWS", dass es eine neue bahnbrechende Wunderwaffe gibt, einen Quantensprung, was nicht noch alles hier versprochen wurde, und man wendet sich an die Professoren, denn man glaubt ja, man hat es hier mit gesicherter Wissenschaft zu tun, mit dem Ruf des AKH, von dem die Herren Professoren, was ihre Reputation betrifft, leben und findet sich sozusagen als Patient einer fragwürdigen Studie aus noch fragwürdigeren privatwirtschaftlichen Interessen wieder. Das ist ein Augiasstall und Augiasställe gehören ausgeräumt!

 

Offensichtlich ist die Taktik, sich aufeinander auszureden, jetzt nicht mehr länger zu halten. Ich weiß, Frau Stadträtin, und ich weiß, Herr Direktor vom Krankenanstaltenverbund, Sie können keine Disziplinarverfahren verhängen. Ich bin schon froh, dass sich Herr Direktor Kepler, zwar mit sehr moderaten Worten, aber dazu bekannt hat, dass es eine interne Revisionsprüfung gibt. Aber dass es so ist, dass man offensichtlich hinnehmen muss, dass die dienstrechtlichen Konsequenzen der eigenen Handlungsfähigkeit völlig entzogen sind, dass man das seit Jahren hinnimmt, halte ich ab nun für absolut unerträglich!

 

Der Beschluss- und Resolutionsantrag, den ich letzte Woche, nicht wissend, wie aktuell er sein wird, formuliert habe, bezieht sich genau auf die Aufhebung dieses Missstands. Er bezieht sich darauf, dass es hoch an der Zeit ist, die ohnehin schon diskutierte Betriebsführungsgesellschaft zwischen AKH und Medizinischer Universität endlich in die Tat umzusetzen. Ich weiß, dass darüber geredet wird. Ich weiß von meiner Podiumsdiskussion zu den Privathonoraren, dass die Medizinuniversität das auch tatsächlich will. Das hat der zuständige Leiter der Rechtsabteilung expressis verbis gesagt. Ich verstehe nicht, warum man es nicht macht. Der Vorteil dieser gemeinsamen Betriebsführungsgesellschaft ist der, dass die Führung in einer Hand wäre, dass man nicht sagen kann: „Tut mir leid, ich bin zwar als ärztlicher Direktor für die medizinische Versorgung der Bevölkerung zuständig, aber den Ärzten, denen ich als Direktor eigentlich

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular