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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 108

 

Förderungsmittel in Anspruch nehmen, müssen entweder einen Bauträgerwettbewerb oder den Grundstücksbeirat positiv durchlaufen. Alle kleineren Projekte müssen schon seit 1995 einen Grundstücksbeirat passieren, der nicht nur die Qualität der Planung, der Ökologie und der Wirtschaftlichkeit prüft, sondern auch die Lage in der Stadt, also vor allem die Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten, öffentlicher Verkehr. Jedes größere Wohnprojekt in Wien mit mehr als 300 Wohnungen wird seit 1995 im Rahmen eines Bauträgerwettbewerbes ausgeschrieben.

 

Ziel der neuen Wettbewerbe war einerseits mehr Objektivität und Transparenz für den sozialen Wohnbau, andererseits sollte der Wettbewerb das allgemeine Niveau der Wohnprojekte steigern, und schließlich sollte der Wettbewerb auch die Errichtungskosten senken, was ganz, ganz wichtig ist. Heute muss ganz objektiv festgestellt werden, dass diese drei Ziele nachhaltig erreicht worden sind. Das Auswahlverfahren der Bauträgerwettbewerbe ist objektiv und die Jurysitzungen sind für alle nachvollziehbar. Diese drei erreichten Ziele kommen allen Bewohnern dieser Projekte zugute. Sie leben einerseits in ideenreich gestalteten Wohnungen auf höchstem architektonischen Niveau, und sie können sich anderseits diese Wohnungen auch leisten.

 

Kein Wunder, dass dieses wirklich wirkungsvolle Instrument des sozialen Wohnbaus forciert wird. Im Vorjahr wurden so viele Bauträgerwettbewerbe durchgeführt wie nie zuvor. Für insgesamt elf unterschiedliche Adressen mit insgesamt 2 270 Wohnungen wurden im Jahr 2006 die Siegerprojekte ermittelt. Dadurch entstehen in den kommenden Jahren so unterschiedliche Wohnformen wie die Neue Siedlerbewegung in Breitenlee, das Terrassenhaus 2 in Kagran oder der neue Stadtteil auf dem ehemaligen Gelände der Brauerei Liesing.

 

Die Wohnbauförderungsmittel kommen über den Finanzausgleich vom Bund, das wissen wir alle. Auch hier ist Wien anders. Wien ist das einzige Bundesland, das die vom Bund transferierten Wohnbauförderungsmittel ausschließlich für den Wohnbau einsetzt. Ja mehr noch: Wien ergänzt diese Bundesmittel sogar um 60 Millionen EUR zusätzlich, denn ohne Wohnbauförderung wäre eine Neubauwohnung in Wien im Durchschnitt doppelt so teuer. Sanierte Wohnungen wären sogar bis zu 200 Prozent teurer, als es heute der Fall ist. Ganz abgesehen davon, dass viele Hauseigentümer auf Grund hoher Kosten von Sanierungen absehen würden. Das Stadtbild, die Qualität der Wohnhäuser und der Wohnungen würden massiv darunter leiden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wiens Gesicht ist vom Wohnbau geprägt, seien es die mehr als 2 000 Gemeindebauten in allen Bezirken der Stadt, vom Karl-Marx-Hof bis zum Engelshof, seien es die damals avantgardistischen Wohnbauten der Jahrzehnte nach dem Krieg, wie das Hochhaus Matzleinsdorfer Platz, immer waren es Wohnbauten, die Wien neue Impulse und Ideen geliefert haben. Heute ist diese Entwicklung noch viel deutlicher erkennbar: Die Donau City an der Wagramer Straße – ich komme aus diesem Bezirk –, die Wienerberg City und Monte Laa in Favoriten, die Gasometer City in Simmering und die Millennium City haben Wiens Gesicht verändert. Die besten Architekten weltweit planen woanders überall nur Bürobauten, Konzernzentralen und Verwaltungszentren, aber in Wien planen so arrivierte Architekten wie Harry Seidler Wohnbauprojekte, die für den Großteil der Menschen leistbar sind. Das ist sozialer Wohnbau auf höchstem Niveau.

 

350 Millionen EUR wird die Stadt 2007 für Neubauförderung aufwenden. Dadurch werden 5 500 geförderte Wohnungen errichtet. Warum eigentlich so viele neue Wohnungen?, mag man sich da schon fragen. Darauf gibt es zwei klare Antworten. Erstens gehen in Wien jedes Jahr 2 000 bis 3 000 Wohnungen durch Abriss und Wohnungszusammenlegung verloren, zweitens ist Wien eine Stadt, die wächst. Laut Österreichischer Raumordnungskonferenz, der ÖROK, und Statistik Austria wird Wiens Bevölkerung in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmen, und zwar zwischen 5 000 und 7 000 Einwohnern pro Jahr.

 

Das ist eine positive Entwicklung, weil sie Folgendes zeigt: Wien ist beliebt, Wien ist attraktiv und Wien hat Zukunft. Die Stadt muss aber rechtzeitig die Weichen dafür stellen, dass auf dem Wohnungsmarkt keine Engpässe entstehen. Deshalb wurde der geförderte Wohnbau seit dem Jahr 2004 um 10 Prozent, wie schon erwähnt, von 5 000 auf 5 500 jährlich ausgebaut.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ende der 80er Jahre, zu Beginn der 90er Jahre sind viele Wohnungen auf der grünen Wiese, ohne ausreichende Infrastruktur, errichtet worden. Auslöser für diese Wohnbauinitiative war der Wohnungsengpass der Jahre davor. Heute planen wir anders. Seit ein zielführendes Niveau von Angebot und Nachfrage besteht, setzt die Stadt den Schwerpunkt beim Neubau auf Bezirksteile mit bereits vorhandener Infrastruktur. Neben Schulen und Geschäften muss vor allem die öffentliche Verkehrsanbindung leistungsfähig genug sein. Auf diese Weise steht den neuen Mietern und Mieterinnen bereits eine gute Infrastruktur zur Verfügung. Umgekehrt profitieren die alteingesessenen Bewohner der Nachbarschaft von der mit Neubauten verbundenen Aufwertung des Grätzels und von den zusätzlichen Angeboten an Geschäften und Freizeiteinrichtungen.

 

Auf diese Weise hat Wien vermieden, was in vielen anderen Metropolen der Welt traurige Realität ist: Der Stadtkern wird zur Adresse nur für sozial schwache Personen und für Büros. Ab Einbruch der Dämmerung sind diese Gegenden oft unattraktiv oder sogar auch gefährlich. Wien ist anders. Auch wegen des sozialen Wohnbaues kommen Ghettos und Slums bei uns nicht vor. Die Belebung durch neue Mieter und Mieterinnen, die Durchmischung der Stadtteile und Grätzel und eine faire Wohnbeihilfe sorgen dafür, dass Wien eine beliebte Wohnadresse ist und bleibt.

 

Verehrte Damen und Herren! Jeder Mensch ist anders und jeder Mensch hat andere Wünsche, auch beim Wohnen. Gerade in diesem Lebensbereich kann es gar nicht genug an Vielfalt und Ideen geben. Die Stadt nützt

 

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