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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 96

 

Otto-Wagner-Spital wird abgesiedelt – das haben wir anderenorts schon besprochen –, und man spricht davon – und dieses Konzept unterstützen wir –, dass in den anderen Spitälern die Psychiatrie integriert werden soll, damit man nicht sozusagen irgendeine Art von Stigmatisierung hat, man käme auf die Baumgartner Höhe. Das halten wir für ein richtiges Konzept, nur fehlt uns die Zusicherung, dass die stationäre Versorgung mit psychiatrischer Betreuung in der Stadt ausreichend und niedrigschwellig zugänglich für die betroffene Bevölkerung zur Verfügung steht. Es ist uns weder im Gesundheitsausschuss noch sonst wo schlüssig erklärt worden, wer diese ausfallenden Kapazitäten übernehmen wird.

 

Wir sprechen von einer Überversorgung in der Stadt, was Akutbetten betrifft, leider ist es aber so, dass man hier auch nicht steuert. In der stationären psychiatrischen Versorgung besteht Mangel. Oft gibt es Patienten und Patientinnen, die dringend ein Bett brauchen, aber sie bekommen keines. Legen Sie die entsprechenden Pläne vor, Frau Stadträtin!

 

Noch einmal zurück zu den Pflegeheimen der Stadt. Offensichtlich ist die Politik des Krankenanstaltenverbundes davon gekennzeichnet, dass man versucht, sich mit denen, die hier agieren und die hier sozusagen die Standorte besetzen, im Wesentlichen ist das die Ärzteschaft, nicht anzulegen. Zu unserer großen Bestürzung haben wir erfahren, dass man jetzt im GZW plant, eine neue Ambulanz einzurichten. Sie wissen, dass die Überversorgung mit ärztlichen Strukturen in den Pflegeheimen eines der zentralen Probleme ist. Die übermedikalisierte Pflege bedeutet, dass man nicht als Bewohner und Bewohnerin adressiert wird, sondern als Patient und Patientin. Man bekommt eine Visite, obwohl man eigentlich Lebensqualität braucht. Und diese ärztlichen Strukturen müssen dringend abgebaut werden.

 

Man tut es nicht, es gibt keinen Paradigmenwechsel. Im Gegenteil! Jetzt wird eine Ambulanz für plastische Chirurgie im GZW eingerichtet. Eine Ambulanz für plastische Chirurgie! (GR Dr Alois Mayer: Gott sei Dank!) Gott sei Dank? Da sage ich Ihnen jetzt zwei Dinge dazu. Wenn das Wundliegen schon so schlimm geworden ist, dass man den plastischen Chirurgien braucht, dann ist im Vorfeld viel passiert. Es müsste an sich mit einer guten dermatologischen Versorgung das Auslangen zu finden sein, und wenn man einen plastischen Chirurgen braucht, der da Gewebeteile ersetzt, dann gehört man ins Krankenhaus. Aber man braucht sicherlich im GZW keine weitere Ambulanz, die den Status als Spital festzurrt, statt in Richtung einer modernen Pflegeversorgung umzubauen.

 

Nächstes Thema im KAV: Der Herr Generaldirektor hat die Turnusärzte und Turnusärztinnen zu seiner zentralen Chefsache erklärt. Ich habe daher im Jahresbericht begierig nachgeschaut, was er über die Ergebnisse zu berichten hat. Genau nix! Genau einfach gar nichts. Wir erfahren von Gesundheitstagen im Rathaus, von irgendwelchen Projekten, die durchaus dem Krankenanstaltenverbund nur mittelbar zuzurechnen sind. Zur Turnusärzteausbildung erfahren wir nichts. Weder ist der Spritzenerlass außer Kraft gesetzt noch ist die Zufriedenheit bei den Turnusärzten und Turnusärztinnen gestiegen.

 

Ich lese Ihnen eine aktuelle Äußerung von der Homepage der Turnusärzte vor. Das stammt vom Februar 2006, also es ist nicht etwa ein alter Hut, sondern ganz neu: Flaschen, Flaschen, Flaschen. Sogar manchen Patienten fiel mein dauerndes Herumfahren mit dem Spritzenwagen auf: Ist das alles, was Sie tun den ganzen Tag? Extrem Vein Flow und Trainingslager: Jeden zweiten Tag werden von den Schwestern die Nadeln herausgerissen. Habe einmal in einem Dienst ungeschaut zwei Drittel der ganzen Abteilung neu benadelt. Ansonsten Routinearbeit zum Ersticken, worunter die Ausbildung leidet. Letztendlich habe ich aber nicht das Gefühl, das dermatologisches Rüstzeug für die allgemeinmedizinische Praxis in zwei Monaten mitbekommen zu haben. Gemeinde Wien, im Jahr 2000, Februar. Flaschen, Flaschen, Flaschen. Ich werde nicht ausgebildet.

 

Wenn bei den Betroffenen das Projekt nicht ankommt, dann ist es Zeit, eine Evaluation zu machen. Und, Herr Generaldirektor, es wäre Zeit, dass Sie auch im Jahresbericht berichten, was Sie eigentlich umgesetzt haben.

 

Herr Kollege Ebinger hat sich an meiner Formulierung "Korruption" ein bisschen gestoßen. Das sagt man nicht gern, Korruption klingt so hart. Ich gebe Ihnen Recht, Korruption ist ein hartes Wort, es ist aber in diesem Fall nicht einmal von mir, Herr Kollege Ebinger, denn die Bekämpfung der Korruption hat die Magistratsdirektion im Jahr 2004 zu einem wichtigen zentralen Projekt im gesamten Bereich des Magistrats gemacht, und der Krankenanstaltenverbund war ausdrücklich expressis verbis eingebunden. Die Risken, die hier bestehen, wurden in dem Projekt klar benannt: Nebenbeschäftigungen, die Unvereinbarkeit herstellen, private Geschäfte mit KundInnen und Auftragnehmern, Abrechnung nicht persönlich erbrachter Leistungen. Zum Beispiel rechnen PrimarärztInnen Leistungen ihrer nachgeordneten FachärztInnen in unzulässiger Weise als selbst erbracht ab.

 

Der Krankenanstaltenverbund hat sich diesem Projekt verpflichtet und Maßnahmen angekündigt. Auch über diese gibt es keinerlei Auskünfte in den Jahresberichten, weder 2004 noch 2005.

 

Ich stelle daher den Beschluss- und Resolutionsantrag:

 

„Die Frau Stadträtin wird beauftragt, einen umfassenden Bericht zum gegenwärtigen Korruptionsrisiko im KAV und zu den Strategien und Maßnahmen, die der KAV im Rahmen des Antikorruptionsprojektes umzusetzen hatte, vorzulegen.“

 

An den Schluss möchte ich noch ein anderes Thema setzen, das ich für sehr, sehr wichtig halte: Es geht um die Hera. Ich bin im Vorstand der Hera und erlebe dort, dass es immer bedächtig nickende sozialdemokratische Gemeinderäte und Gemeinderätinnen gibt, die nie eine Frage haben. Wir kennen das jetzt aus der jüngeren politischen Debatte in Österreich aus anderen Kontexten. Wenn man als GRÜNE dann sagt: He, was ist hier los?

 

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