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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 85

 

deutschsprachigen Raum zu! (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Das ist ja nicht frei!) Das ist das Begehr der Volkspartei, falls sie in dieser Diskussion nicht eines Besseren belehrt werden kann.

 

„Bei Radio Orange kann", behauptet Aigner in einer Presseaussendung, „von freier und unabhängiger Berichterstattung aber keine Rede sein. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Genauso ist es!) Die passende Farbe zur politischen Ausrichtung des Radios", ich bin immer noch im Zitat, „sollte wohl eher dunkelrot sein, blickt man auf die Homepage des Radios." - Da kommt der Sprachgebrauch vor, der die ÖVP in der Stadt so auszeichnet. Ich habe das sarkastisch gesagt, ironisch gemeint. Das kann man nicht immer nachverfolgen, wenn man es nachliest, aber „pamphletartige Beschimpfungen aller nicht linkslinken Gruppen". Dass Sie die GRÜNEN in den Topf werfen wollen, geschenkt. Dass aber jetzt auch schon die SPÖ bei Ihnen im linkslinken Topf ist und als quasi kleine Gruppe dargestellt wird, weil sonst ist das ganze Gebilde nicht kongruent, amüsiert wahrscheinlich nicht nur mich, sondern vermutlich in einer stillen Stunde sogar Sie selbst, Herr Aigner.

 

Ich komme jetzt wieder zum Zitat. Der Herr Aigner spricht in dieser Aussendung von einem „Österreichbild, in dem von Chauvinismus, Opfermythen und diversen rotweißroten Identitätskonstruktionen gesprochen wird" und meint: „Und diese zeigen, wes Geistes Kind hier am Werke ist." Dass diese Aussendung heute mit dem Text hinausgeht, heißt, dass entweder der Herr Aigner die letzte Woche nicht da war und die politischen Diskussionen der letzten zwei, drei Wochen nicht verfolgt hat oder dass er das womöglich ernst meint, obwohl er es mitbekommen hat. In einer Zeit, in der wir Kampl- und Gudenus-Aussagen diskutieren müssen, zu sagen, ein freies Radio spricht von „Opfermythen und rotweißroten Identitätskonstruktionen, die zeigen, welch Geistes Kind hier am Werke ist", heißt, dass Sie es genau umgekehrt sehen. Die Kritik, die Sie auf Radio Orange jetzt hören und lesen können, denn Sie beziehen sich auf die Homepage, ist genau die Kritik an einem Opfermythos, der unter anderem in einem Sager von der Naziverfolgung gipfelt, und zwar von jemandem, mit dem Sie vor kurzer Zeit, weil er jetzt doch zurückgetreten ist, in einer Koalition gesessen sind. Das ist die Relativierung der Existenz von Gaskammern. Und jetzt fasst die ÖVP in einer Aussendung zusammen, da wird von "Opfermythen und Chauvinismus" geredet und das geht irgendwie nicht.

 

Wenn ich jetzt sagen würde, ich bin erschüttert, ist das komplett übertrieben, weil ich habe nichts anderes erwartet. Es ist logisch, dass Sie eine Aussendung wie diese machen und dass Sie nichts mit einem freien Radio anfangen können. (GR Josef Wagner: Das ist ja nicht frei!) Solange die Linie der Volkspartei und der FPÖ gefahren wird, solange darf es nicht existieren. Sie sind dafür, dass das Radio abgedreht wird. Warum? Weil offensichtlich dort Sachen gesagt und geschrieben werden, die Ihnen nicht in den Kram passen. Weil Sie dafür kritisiert werden, dass die Volkspartei auf Bundesebene eine Koalition mit einer Partei oder zwei Parteien hat, oder mit Menschen, die sich jetzt in zwei Parteien befinden, man soll da genau hinschauen. (GR Johannes Prochaska: Man sollte darüber nachdenken, dass es sich nicht um ein freies Radio handelt!)

 

Herr Prochaska, ich höre Sie leider nicht gut genug. Ich hoffe, es findet alles Eingang ins Protokoll. Ich freue mich immer über jeden einzelnen Sager von Ihnen. Wir verwenden alle sehr gern in der politischen Arbeit. Es ist immer wieder nützlich, wenn man es vor Publikum verlesen darf. Ich hoffe, Sie sprechen laut genug. (GR Johannes Prochaska: Vor allem Ihre Aussagen verwenden wir sehr gern!) Ich freue mich auch auf den Wettbewerb. Ich weiß auch, wie er ausgeht. Sie sind nervös und Sie wissen, warum Sie nervös sind. (GR Johannes Prochaska: Eher umgekehrt! Ihre Leute kommen zu uns!) Herr Prochaska, der Tag wird kommen, wo wir abrechnen! Eine Volkspartei, die in Wien unter 20 Prozent dahingrundelt, hat nicht nur beim Kanzler keinen guten Stand, der immerhin von der eigenen Fraktion kommt.

 

Ich halte die Aussagen, dass Radio Orange für diese Opfermythen steht und diese konstruiert, für eine absolute Frechheit in einer Woche wie dieser.

 

Ich möchte aber dieses "linkslinke Gruppen" auch noch nützen, dem Herrn Aigner zu sagen, nicht alles, was links ist, ist so gefährlich, weil sonst befinden Sie sich wahrscheinlich in einem Kreisverkehr. Ich hoffe, Sie kommen nie in einen Kreisverkehr. Der Verkehrsminister, der mit Ihnen in einer Koalition sitzt, ist für seine vielen Kreisverkehre, die er in Vorarlberg geschaffen hat, bekannt geworden. Wenn Sie in einen politischen Kreisverkehr kommen, kommen Sie nicht mehr hinaus, weil Linksabbiegen bei Ihnen wahrscheinlich verboten, nicht gestattet ist. Das ist Ihnen vermutlich nicht möglich. Ich hoffe also, Sie kommen in keinen. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Johannes Prochaska: Man biegt im Kreisverkehr immer rechts ab!)

 

Wenn Sie immer rechts fahren, werden Sie nicht weit kommen, oder? Dann sind Sie im Kreisverkehr. (GR Johannes Prochaska: Links fahren Sie im Kreisverkehr, lieber Herr!) In der Geometrie haben Sie auch nicht aufgepasst. Der Kreis geht in zwei Richtungen. Das tut mir Leid. (GR Johannes Prochaska: Aber nicht beim Autofahren!) Es ist ja ein Wahnsinn, was man da alles um das Auto lehren müsste.

 

Aber wenn wir schon sind beim Geometriedefizit sind, dann kommen wir noch zum Grammatikdefizit einer Partei, die wahnsinnig auf die deutsche Sprache achten möchte und furchtbar Angst davor hat, dass irgendjemand vielleicht nicht der deutschen Sprache mächtig ist. Ich verhehle nicht, dass man garantiert den einen oder anderen Schreibfehler und Grammatikfehler bei uns findet, nur wir sind auch nicht die Hüter einer Sprache. Aber wenn jemand schreibt: „Wir wollen aber keinen subventioniertes Radio Löwelstraße." Ich wiederhole, ich zitiere noch einmal den Aigner: „Wir wollen aber keinen subventioniertes Radio Löwelstraße." Na ja, sondern was? Einen Deutschgrammatikkurs für ÖVP-Funktionäre? Ich weiß es nicht. Es steht nichts dabei. (GR Mag Alexander Neuhuber: Das ist schon sehr tief!)

 

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