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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 95

 

Da muss den Herren Schuster und Reindl wohl einiges entgangen sein, zum Beispiel in Linz, wo es sehr wohl einen - in Wien immer abgelehnten - Stadtrechnungshof gibt, der sich mehr als eine Revisionsstelle versteht, der die laufende Gebarung und die Einhaltung der Budgetansätze überprüft, bei einer Soll-Ist-Analyse rechtzeitig Abweichungsbegründungen einfordert und Nachprüfungen mit bis zu drei Berichten kennt, meine Damen und Herren, alles - und ich zitiere jetzt Linz - "als Gegenmaßnahme zum Gravitationsgesetz des Rückfalls".

 

Da müssen Sie Salzburg verschlafen haben, wo die Prüfberichte unmittelbar nach der Fertigstellung und den Gegenäußerungen über die Landeskorrespondenz veröffentlich werden, meine Damen und Herren (GR Godwin Schuster: Aber Sie haben auch zugehört, wie Minderheitsanträge behandelt werden!), und nicht mit bis zu einem dreiviertel Jahr Verzögerung wie bei uns, wo der ressortzuständige Landesrat - und das hat auch mein Vorredner schon erwähnt - bei nicht befolgten Anregungen dies vor den Gremien zu verantworten hat (GR Kurt Wagner: Entscheidend ...!), und wo der Direktor des Landesrechnungshofes ausgeschrieben und bei einem Hearing bestellt wird und nicht (GR Godwin Schuster: Sie wissen genau, wer das gemacht hat!), so wie hier, von Bürgermeisters Gnaden - Sie ersparen sich sogar das Hearing! - vorgesetzt wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin Schuster: Genauso wie der Rechnungshofpräsident!)

 

Oder auch ... (GR Godwin Schuster: Eine totale Identität mit der ...! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Was ist da identisch? (GR Godwin Schuster: Der Klubobmann, der Klubchef der FPÖ in Salzburg ist Landesrechnungshofpräsident geworden! So war das! Wenn wer sagt ...!) Ja, bei einer Ausschreibung und bei einem ausgedehnten Hearing, Herr Kollege! Aber ich weiß, dass Sie das alles nicht wollen, weil Sie das lieber sozusagen als Gnadenakt des Bürgermeisters hier hereinschießen wollen. (GR Kurt Wagner: Da müssen Sie mit wem anderen geredet haben!)

 

Aber wir können gleich nach München weitergehen. Ich bin neugierig, was Ihnen zu München einfällt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gehen wir weiter nach München, wo es vordringlich um den U-Bahn-Bau ging, meine Damen und Herren. Wieso man dort bei ähnlich schwierigen geologischen Bedingungen und Verhältnissen billiger baut als in Wien, blieb ungeklärt. Aber vielleicht hängt dies auch zusammen mit einem von uns oder in unseren Gefilden nicht so vorhandenen standardisierten Bewertungsverfahren zur Objektivierung des öffentlichen Nutzens, und wenn der Berechnungsfaktor nicht stimmt, mit degressiven Zuschüssen von Land und Bund.

 

München kennt auch bei vergleichbaren Verhältnissen und Umständen wie in Wien so etwas Unerhörtes wie einen Korruptionsbeauftragten, einfach einen Ansprechpartner außerhalb des Dienstweges, dem Bedienstete repressionslos Hinweise und Fingerzeige geben können. (GR Harry Kopietz: Im Gegensatz zu München gibt es in Wien keine Korruption!) Vom Einsatz des Europäischen Rechnungshofes in Luxemburg, der jeden Subventionseuro rund um den Erdball verfolgen kann, kann man angesichts hiesiger Kultursubventionsabrechnungen ohnehin nur träumen. (GR Mag Thomas Reindl: ... keine sehr erfolgreiche, wenn Sie anschauen, was sich dort abspielt!)

 

Das alles, meine Damen und Herren Ausschussmitglieder von der SPÖ, haben Sie verschwitzt, verdrängt oder verschlafen. (GR Harry Kopietz: Überhaupt nicht!) Wien ist im Vergleich nicht vorbildlich mit dem System der schaumgebremsten Kontrolle (GR Godwin Schuster: Ihre Frage nach dem Korruptionsbeauftragten ...!), der verspätet vorgelegten Berichte, der Ignoranz der Kritisierten. Aber auch für das Kontrollamt, meine Damen und Herren, dürfte eigentlich, sollte eigentlich der jetzige Zustand nicht das Optimum dessen sein, was man sich vorstellen kann.

 

Um an der rein rhetorischen Reformbereitschaft und Besserungswilligkeit der Genossen Reindl und Schuster - beide sagten in Aussendungen im Herbst und Spätherbst des Vorjahres, dass die Regierungsmehrheit sich keineswegs einer effizienteren Kontrollmöglichkeit verschließt - den tatsächlichen Wahrheitsgehalt abzutesten, habe ich gemeinsam mit Kollegen Pfeiffer diesbezügliche Anträge eingebracht. Im Einzelnen haben wir all das gefordert, was woanders längst Standard ist: Die Umwandlung in einen Stadtrechnungshof zwecks größerer Unabhängigkeit, die Übermittlung von Prüfakten zu einem aktuellen Zeitpunkt, die Rechtfertigungspflicht bei hartnäckiger Ignoranz der kritisierten Dienststelle, standardisierte Subventionsvoraussetzungen, die Einsetzung eines Korruptionsbeauftragten, abschnittsweise Prüfungen zum Zweck des rechtzeitigen steuernden und verschwendungshemmenden Eingreifens, Voraussetzungen des direkten Prüfzugriffes der ausgegliederten ehemaligen Magistratsabteilungen und neuen Gesellschaftsformen von Private Public Partnership.

 

Na, da waren wir dann aber sehr schnell zurück in der Wiener Realität! Der Herr Bürgermeister als Antragsempfänger lehnte alles mit lapidaren Stehsätzen ab, mit unrichtigen Berufungen auf die Verfassungslage (GR Godwin Schuster: Aber die Chronologie war da eine andere! Die Zeitfolge war eine andere!) - denn was in Linz verfassungsmäßig geht, geht in einer Stadt wie Wien weitgehend auch, oder zumindest kann man die Verfassungslage so herstellen, wenn man will - und mit einer bedauerlichen Berufung auf ein angebliches Desinteresse des Kontrollamtes an erweiterten Möglichkeiten. Nach der Methode: Brauchen wir nicht, wollen wir nicht, tun wir nicht!

 

Aber es kam noch schlimmer. Gleichsam im Gegenzug schritt man mit der Hilfe des Kontrollamtes zu wirklich bedenklichen Restriktionen, meine Damen und Herren! Urplötzlich wurden Adressen von überprüften öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Amtshäusern anonymisiert, nach dem Märchenmotto: Ach wie gut, dass niemand weiß!

 

Was heißt das konkret? Was heißt diese

 

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