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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 95

 

die Möglichkeit zu geben, auch dort ihre Prüftätigkeit aufrechtzuerhalten.

 

Jetzt weiß ich schon, es kommt immer das Argument: Das sind private Investoren, die wollen nicht, dass man hineinschaut, und das ist dann alles so kompliziert. Also bei der MML hat es keine privaten Investoren gegeben, beziehungsweise die privaten Investoren, die daran beteiligt gewesen sind, haben eigentlich alle beim Gespräch unisono zugestimmt und gesagt, sie hätten da kein Problem gehabt, das kann sich jeder anschauen. Wo da die Angst gewesen ist, weiß ich nicht. Aber es kann nur so das krampfhafte Verhindern von Kontrolle in diesen Bereichen betrachtet werden, dass eben - und jetzt wiederhole ich es - große Teile der SPÖ ein gestörtes Verhältnis zum Thema Kontrolle haben.

 

Trotzdem und gerade deshalb werden wir uns bei unserer Arbeit auch nicht von Ihnen behindern lassen, sondern konsequent weiter das tun, wofür wir stehen, nämlich Kontrolle auszuüben, gemeinsam mit dem Kontrollamt, und dort die Missstände aufzuzeigen, wo es notwendig ist. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Prochaska.

 

GR Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der heutige vorliegende Tätigkeitsbericht umfasst mehr als 160 Prüfakten; Seiten können wir keine mehr zählen. Eine stattliche Anzahl von, sagen wir, zumeist mittleren Auffälligkeiten, hervorgerufen durch Nachlässigkeiten, Schlendrian, Schlamperei und mangelnde Dienstaufsicht. Nicht wenige Prüfberichte sind aber auch Fälle skandalöser Fehlleistungen und ungehemmter Steuergeldvernichtung, etwa die Subventionen im Kulturbereich, Stichwort Rabenhof Theater, etwa der Fehlgriff des Viennabike, ein so genanntes Gratisfahrrad - vielleicht für die neuen Inhaber von Minsk bis Sofia, wo sie überall gesehen wurden, aber sicher nicht für den Wiener Steuerzahler! (GR Mag Christoph Chorherr: Der Herr Prochaska als ...!)

 

Sie haben es natürlich nicht gesehen, weil Sie ja auf beiden Augen blind sind, Herr Kollege Chorherr. Aber das ist nichts Neues. Darum haben Sie ja auch schon eine neue Frontfrau bekommen. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Man sieht es bei diversen Schulsanierungen mit abenteuerlichen Kostenüberschreitungen. Man sieht es bei dem von der SPÖ so beharrlich und vergebens geleugneten Pflegeheimskandal. (Zwischenruf des GR Günter Kenesei.) Man sieht es beim teuren Flop des Reifentestgeländes Kottingbrunn. Man sieht es bei den langjährigen Abrechnungsschwächen von WIENENER-GIE und WIENSTROM, wo die Genossen dann die Millionenverluste zu Lasten der Konsumenten mit Tariferhöhungen kompensieren. Ähnliches bei Wiener Wohnen und den §°18-Sanierungen, bis hin zu den Sozialdiensten im geschützten Bereich, die zum Teil außerhalb der ursprünglichen Aufgabenstellung zweckentfremdet, aber teuer dahindümpeln.

 

Meine Damen und Herren! Allen Bemängelungen gemeinsam ist aber eine durchgehende Unkultur des Führungsverhaltens oder auch, wie Kollege Pfeiffer das einmal so richtig genannt hat, die Hierarchie der Verantwortungsverweigerung. Eine SPÖ, die sich in ihrer Gleichsetzung von Partei, Stadt und Magistrat gleichsam als Schutzmantelmadonna gegenüber ihrer Beamtenschaft empfindet, will aber allzu meist die Dinge nicht wahrhaben und übt sich in Realitätsverweigerung, indem sie stillschweigend duldet, dass die zahlreichen Verbesserungsvorschläge des Kontrollamtes ignoriert, schubladiert werden - das ist die freundlichere Variante -, oder aber das Kontrollamt Wiens an die kurze Leine legt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren! Als es im Herbst des Vorjahres endlich gelungen ist, eine höchst heilsame Ausschussreise vorzunehmen und durchzuführen, zeigten uns Linz, Salzburg, München und Luxemburg, welche Freiräume Kontrolleinrichtungen haben können, wie aktuell Prüfberichte ganz legal an die Öffentlichkeit kommen können und welche Druckmittel andernorts zur Verfügung stehen, um die aufgezeigten Missstände abzustellen.

 

Wenn ich allerdings das so genannte "Wiener Blatt" der SPÖ sowie die Berichterstattung des Klubsekretärs Schuster und seine Schlussfolgerung zum Vergleich heranziehe, dann drängt sich schon die Frage auf, ob die SPÖ-Ausschussmitglieder tatsächlich teilgenommen oder eine Truppe von Doppelgängern entsandt haben. Denn die Schuster'sche Schlussfolgerung, dass Wien im Vergleich mit den anderen Kontrolleinrichtungen vorbildlich wäre, stimmt natürlich genauso wenig wie seine ebenso forsche wie falsche Behauptung in dieser Zeitung, er hätte die Delegation geleitet. Hat er aber nicht! (Beifall bei der ÖVP.) Hat er aber nicht, denn technisch war der Kontrollamtsdirektor der Vormann; die politische Repräsentation wurde zuerst von mir und im zweiten Reiseabschnitt von Kollege Kenesei ausgeübt.

 

Aber so ist das eben, wenn eine Partei frei von jeglicher Demut glaubt, alles sei ihr unterworfen und die anderen seien bloß Staffage dazu, ein bisschen Demokratie spielen zu lassen. Im Gegensatz zu diesem SPÖ-Blatt stelle ich hier klar und eindeutig fest, dass die Reise in ferne demokratische Gefilde zumindest den Oppositionsparteien klar und deutlich bewiesen hat, wie rückständig Wien bezüglich Unabhängigkeit, Transparenz und Durchschlagskraft der Kontrolle ist - und bleibt, solange die SPÖ die absolute Mehrheit haben wird! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Da helfen dann keine an den Haaren herbeigezogenen Scheinvergleiche mit ganz anderen Bundesinstanzen auf ganz anderen Ebenen. Und auch nicht die - Entschuldigen Sie schon, aber: - intellektuell eher schlichte Behauptung, dass ein Mehr an Transparenz einzig und allein dem politischen Aktionismus der Opposition dienen würde und kein Beitrag zu einer bestmöglichen Kontrolle sei, wie Ihr Fraktionsvorsitzender von der SPÖ, Reindl, gemeint hat.

 

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