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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 121

 

Charakteristische und Einzigartige für jedes Theater gegeben. Das ist nunmehr völlig verwischt. Die Theater sind auswechselbar. Überall versuchen Regisseure, die anderen zu übertreffen. Ich finde es sehr schade, dass man dieses Einzigartige, diese typische Wiener Tradition aufgegeben hat. So wie ich gesagt habe, dass das den Festwochen fehlt, denke ich, dass das überhaupt der Theaterlandschaft fehlt, wenn man nicht diese lebendige Tradition, selber etwas zu produzieren, fortführt, weil damit diese unverwechselbare Identität verloren geht.

 

So haben wir jetzt vor dem Sommer, also im Frühsommer, eine Ansammlung von vermehrten Theater- und Musikdarbietungen, die immer wieder dem gleichen Publikum gezeigt werden. Man will sagen, das sind internationale Produktionen und dadurch ist es sehr international. Ich finde das fast peinlich. Jetzt muss man damit beweisen, dass man nicht zur Provinz gehört. Ich halte das eigentlich nicht für notwendig.

 

Dann auch immer wieder diese politischen Anspielungen, nach wie vor von Luc Bondy, aber auch von Marie Zimmermann, von der Schauspieldirektorin, immer wieder, auch Sie, Herr StR Dr Mailath-Pokorny, haben, wenn ich mich richtig erinnere, bei der Eröffnung gesagt, Sie treten gegen die Kleingeister dieser Republik auf. Wer sind die Kleingeister? Wollten Sie den Applaus der Großgeister? Ich weiß nicht, wie man das definiert und wieso man das überhaupt einbringt. Es ist eine Anmaßung vieler Künstler. Ich meine, Luc Bondy ist ein besonderes Beispiel, der immer wieder ganz offen sagt, dass er Produktionen gegen die Regierung machen will. Aber es ist überhaupt eine Anmaßung von vielen Künstlern. Da gehören einige dazu, zum Beispiel auch André Heller, der sich als Maßstab für Gut und Böse nimmt und sagt, er muss gegen die Regierung auftreten, so als ob man glauben könnte, Kulturschaffende haben mehr politisches Verständnis als andere. Ich finde, das ist eine Unart. In Wirklichkeit missbrauchen sie die Institutionen für ihre ganz persönliche politische Meinung, die jeder haben soll und was auch selbstverständlich ist. Diese deckt sich manchmal mit der Regierung und manchmal nicht. Aber man muss das nicht ständig vor sich hertragen.

 

Zum Beispiel Adi Hirschal: Ich bin davon überzeugt, dass Adi Hirschal im Wahlkampf, Herr Stadtrat, Dankbarkeit zeigen wird. Jetzt hat er sein Spektakel bekommen, sein Lustspielhaus, freihändig, muss nicht einreichen. Ein Freund. (GRin Mag Marie Ringler: Er war schon im Häupl-Komitee!) – Ja, schon, aber er wird dann noch viel vermehrter auftreten. Ich kann mir das schon vorstellen. Frau Ringler, Sie wissen nicht, er wird dann auch ein bisschen deftig. Er geht sozusagen gegen die Andersdenkenden los, also gegen die Bösen. In dem Fall sind es zum Beispiel wir. Sie sind da verschont. Da kommen dann schon ein bisschen fäkale, anale Injurien und das ist einfach kulturlos. Das ist nicht notwendig. Das hat eigentlich keiner der Künstler notwendig. Ich persönlich finde das peinlich und verstaubt. Ich persönlich, Herr Stadtrat, würde mich dafür schämen, dass so etwas in einer Metropole wie Wien überhaupt vorkommt, dass man wichtige Institutionen für politische Protestbewegungen missbraucht.

 

Dasselbe oder Ähnliches geschieht ja eigentlich bei den Mozart-Festwochen. Ein Drittel von 30 Millionen EUR geht an Peter Sellars, 10 Millionen EUR. Sie wissen das alle aus dem Kulturausschuss. Ich habe vor ein paar Monaten eine Anfrage gestellt, weil wir noch immer nicht genau wissen, was eigentlich geschieht, und habe auch eine Antwort bekommen. Wir wissen zwar, 10 Millionen EUR werden vergeben, aber was genau, welche Projekte, wissen wir nicht. Ich habe eine Antwort vom Herrn StR Dr Mailath-Pokorny bekommen, dass die Renovierung des Figarohauses gemacht wird. Darüber habe ich mich sehr gewundert, weil ich das seit 15 Jahren eigentlich politisch immer wieder gefordert habe. Es hat sehr lange gedauert, dass man letztendlich dieses freiheitliche Anliegen umsetzt. Aber dass man dafür einen Peter Sellars braucht, finde ich doch eigenartig.

 

Oder auch Ihre Antwort, Herr Stadtrat, da mit vielen Künstlern erst entsprechende Verträge abgeschlossen werden, wird das detaillierte Programm, wie in solchen Fällen üblich, erst nach und nach bekannt gegeben werden können. Aber das Mozartjahr ist in eineinhalb Jahren und es ist doch eigenartig, dass man bei 10 Millionen EUR noch nicht genau weiß, wofür sie hergegeben werden. (GR Dr Herbert Madejski: Für den Marboe!) – Wahrscheinlich, aber da hat der Stadtrat gesagt, er hat nichts dagegen, dass Managerbezüge offengelegt werden. Ich bin neugierig, wann das geschieht.

 

Aber man weiß es zum Beispiel von Peter Sellars, weil das haben wir damals im Antrag beschlossen. Da weiß man seine Gage genau: 2003 70 000 EUR, 2004 80 000 EUR, 2005 100 000 EUR, 2006 150 000 EUR, also 400 000 EUR bekommt Peter Sellars für seinen New Crowned Hope und er wird nicht wissen, was das eigentlich ist. Ich meine, das ist eine sehr schöne Gage und eigentlich sollte das Projekt schon längst da sein, damit wir das bewerten können.

 

Peinlich finde ich auch, dass man einfach nur sagt, es wird mit seinem Projekt eine neue Ära in Wien eingeläutet, künstlerisch und politisch wird das sehr interessant sein, er will für eine globale Auswirkung Mozarts sorgen. (GR Günther Barnet: Den kennen sie noch nirgends!) Das wurde bei der Pressekonferenz gesagt. Herr Stadtrat, ich muss schon sagen, ich meine, dass Mozart eines Peter Sellars' bedarf, damit er international bekannt wird, ist doch eigentlich beschämend! Mozart braucht doch nicht Peter Sellars, damit man ihn kennt. Peter Sellars hat, als man ihn gefragt hat, was denn das sein wird, gesagt, er wird das machen, was Mozart gemacht hätte, wenn er nicht so früh gestorben wäre, nämlich ein Festival. Ich sage darauf, hätte Mozart so gewirkt wie Peter Sellars sich das vorstellt, dann hätten wir 2006 kein Mozartjahr. Davon bin ich überzeugt.

 

Herr Stadtrat, jetzt komme ich zum Schwerpunkt Nummer zwei: Das heißt für uns: Transparenz, Effizienz, in die Zukunft zu schauen und aktuelle politische Entscheidungen zu fällen. Da spreche natürlich auch ich,

 

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