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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 78

 

Diskussion stehen. Es gibt dann auch die Möglichkeit, in den verschiedensten Veranstaltungen seine Ansichten und Beiträge dazu abzuliefern.

 

Es stellt sich die Frage, welchen Sinn hat ein Strategieplan? Es ist der Schirm, unter dem all die Leitpläne, Entwicklungspläne und Programme, die es auf der Stadtebene gibt, zusammengefasst werden. Er ist quasi die Metaebene, auch noch über dem Stadtentwicklungsplan, der eben grobe Leitlinien festlegt und auch das Szenario festschreibt, in dem wir uns befinden. Der große Rahmenbereich ist dabei die Veränderung Europas, der Fall des Eisernen Vorhangs 1989, der Beitritt Österreichs 1995, die Erweiterung 2004. All das sind europäische Entwicklungsszenarien, wo Wien mitten in der Entwicklung war.

 

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass bereits vor 1989, vor dem Fall des Eisernen Vorhangs, die Stadt Wien bewusst ihre Fühler und Kontakte zu den anderen Städten, Budapest und so weiter, ausgestreckt hat, um den Demokratisierungsprozess auch von innen voranzutreiben. Auch beim Beitritt Österreichs und der Erweiterung wissen wir, was sie alles getan hat. Wien hat sich nicht nur vorbereitet, sondern war im Zentrum ein Motor dieser Entwicklung, soweit eine Stadt ein Motor sein kann, und hat das Wienhaus und die Wienbüros in verschiedenen Erweiterungsstädten errichtet und vielfältigste Entwicklungen und Kooperationen gemacht.

 

Eine davon ist die aktuelle, an der jetzt gerade gemeinsam von Wien, Bratislava, Brünn, Györ, Sopron und all den anderen gearbeitet wird, die CENTROPE Europaregion Mitte, unsere Antwort, unsere Strategie zur Nutzung der Chancen, die sich durch die Erweiterung der Europäischen Union ergeben. Es ist ein kurzer Titel, CENTROPE, und hier auch nur kurz angerissen. Die Chancen und die Perspektiven, die dahinterstehen, sind viel größer und werden uns sicherlich in den nächsten Jahren noch positiv beschäftigen.

 

Ich glaube aber auch, dass sich in den Städten Europa in Wahrheit verdichtet. All das, was Europa darstellt, verdichtet sich in den Städten. Es sind die Städte, wo demokratische, soziale und politische Entwicklungen ihren Ausgangspunkt finden. So ist durchaus zu erwähnen, dass es notwendig ist, die politische Dimension weiterzuentwickeln. Es braucht eine Verfassung auf europäischer Ebene, die leider im letzten Dezember von den Staats- und Regierungschefs, auch von Dr Schüssel, nicht beschlossen wurde. Das Argument, dass die Polen-Spanien-Frage dahinter steckt, ist nur vordergründig. Dahinter steckt auch, dass der Entwurf der europäischen Verfassung Macht von den Regierungschefs hin zum Europäischen Parlament verschiebt. Dass natürlich da die Staats- und Regierungschefs, auch unsere, nicht froh sind, wenn sie Macht abgeben müssen und dann jede Gelegenheit nutzen, um diesen Entwurf an die Wand zu fahren, hat sich gezeigt. Ich hoffe, dass sich die politische Reife der Staats- und Regierungschefs für dieses Projekt verbessert hat, sodass alle gemeinsam daran arbeiten, damit es jetzt beschlossen werden kann.

 

Es zeigen sich aber auch in der Verfassung wichtige Fragen für die lokalen Gebietskörperschaften Europas. Es ist die entscheidende Frage, dass wir gesetzgebende Körperschaft sind und über den Ausschuss der Regionen ein Klagerecht in Fragen der Verletzung der Subsidiarität erhalten sollen und auch wollen.

 

Das Zweite ist die soziale Dimension, Beschäftigung und Wachstum. Strategien und Antworten auf diese Frage gibt es. Der neoliberale Weg, der uns von erfolglosen Regierungschefs eingeredet wird, dass man nämlich nichts dagegen tun kann, sondern nur wegschauen kann und den Markt sich selbst überlassen muss, ist falsch. Es gibt erfolgreiche Strategien und Antworten. Wir brauchen uns nur umzusehen. Sie sind in Finnland, in Dänemark und in Schweden umgesetzt. Das sind jene Staaten, die eine sinnvolle Strategie entwickelt haben und die höchsten Wachstumsraten verzeichnen können. Es bedarf auch Antworten auf Ebene der Europäischen Zentralbank. Eine Zinssenkung wäre dringend notwendig, anstatt auch dort den neoliberalen Weg einzuschlagen.

 

Es muss uns aber auch klar sein, dass die Umsetzung nur auf nationaler Ebene passieren kann. Hier sind die Strategie und die Möglichkeiten der Stadt Wien insofern eingeschränkt, als fehlende Antworten auf Seiten der Bundesregierung auch die Chancen der Stadt Wien schmälern. Ausbildung, Bildung, Investition in die Arbeitskraft und in Human Ressource sind ein Punkt. Der zweite Punkt ist die Investition in Forschung und Entwicklung. Der dritte Punkt wären Investitionen in die Infrastruktur. Das sind auch jene Punkte, die die Schweden, die Finnen und die Dänen verwendet haben, nämlich anstatt das Budget auszuhöhlen, den Staat immer geringer zu machen und Steuersenkungsgeschenke zu machen, haben sie investiert und auch einen Fortschritt für die Leute gebracht.

 

Der Strategieplan soll aber vor allem ein Blick in die Zukunft sein. Wien hat eine hervorragende Ausgangslage, auf der aufzubauen ist. Vor allem, wenn ich den Bereich Forschung und Entwicklung erwähnt habe, kann man auch hier schauen, wo denn die Entwicklungschancen Wiens sind. Schließlich haben wir schon Erfolge im Bereich der Cluster, der Biotech/Lifescience, der Creative Industries, der Automotivecluster und all dieser Bereiche sowie in den öffentlichen Dienstleistungen, die eine soziale Ausgleichsfunktion, auch für die Lebensqualität und für die Standortqualität haben. Wien möchte hier auch weiter aktiv sein. Der letzte Punkt in diesem Bereich: Wissenschaft, Wissen und Bildung sind groß da. Hier gibt es durch die Kooperation mit den Universitäten, mit dem WWCF, mit dem Wissensmanagement, gute Ansatzpunkte, die es in Zukunft zu verbreitern gilt.

 

Eine nachhaltige Strategie, eben für Wien ein Strategieplan, braucht eine offene Diskussion. Diese ist heute begonnen worden. Diese offene Diskussion muss alle Ebenen beachten, aber das Wichtigste ist, dass die Wiener Stadtpolitik alle Chancen nutzt. Dieses solide Dach ist gegeben und ich hoffe, dass wir jetzt in eine Phase einer konstruktiven und spannenden Diskussion über die Strategien Wiens steigen können. (Beifall bei der SPÖ.)

 

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