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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 98

 

ersuchen würden, dass sich der Lärmpegel im Saal etwas in Grenzen hält.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (nochmals unterbrechend): Meine Damen und Herren, ich darf der Frau Stadträtin folgen, nicht böse sein.

 

Herr Mag Gerstl! Wenn es um den Verkehr geht, dann sind Sie um Aufmerksamkeit auf Teufel komm raus bemüht. Es geht hier jetzt um ein wichtiges Thema dieser Stadt, um Behinderte! Wenn Sie tratschen wollen, bitte draußen, aber nicht hier! (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)

 

Stadträtin Mag Maria Vassilakou (fortsetzend): Also noch einmal: Der Betrag ist völlig unzureichend. Das müsste hier im Saal jeder und jede zwischenzeitlich wissen. Doch wenn man die Vorgeschichte kennt, wie es überhaupt zu diesem völlig unzureichenden Betrag gekommen ist, dann muss ich mit Bedauern feststellen, dass dieser Betrag von den betroffenen Betreuungseinrichtungen als eine Beleidigung und mit großer, großer Bitternis empfunden wird.

 

Das heißt, genau genommen müssten wir GRÜNEN diesen Betrag jetzt rein theoretisch ablehnen. Aber wir sind dazu nicht in der Lage; diesen Betrag abzulehnen, denn wenn wir ihn ablehnen würden, würde das nichts anderes heißen, als dass wir meinen, lieber gar nichts als wichtige Betreuungseinrichtungen dieser Stadt mit Almosen abzuspeisen. Aber leider ist die finanzielle Lage bei den Trägereinrichtungen im Behindertenbereich nicht eine, dass man es sich leisten könnte, ohne weiteres zu sagen, das brauchen wir gleich gar nicht, das nehmen wir nicht. Wir alle wissen, dass gerade in diesem Bereich so knapp kalkuliert wird, mit so wenig Geld so viel Leistung erbracht wird, dass bedauerlicherweise, wie gesagt, die betroffenen Einrichtungen nicht in der Lage sind das zu tun, was unter Umständen vielen von ihnen jetzt am Herzen liegen würde.

 

Wir werden daher diesem Geschäftsstück zustimmen. Aber ich sage es Ihnen jetzt gleich: Wir werden das nur tun, weil es nicht anders geht. Die Debatte dazu kann ich Ihnen trotzdem nicht ersparen und die will ich Ihnen auch nicht ersparen, denn ich denke, dass wir uns den Vorkommnissen, wie es überhaupt zu diesem Beschluss gekommen ist, sehr wohl widmen müssen. Ich tue das übrigens, weil ich auf zwei Dinge hoffe: Das eine ist, dass ich noch immer die Hoffnung nicht aufgegeben habe, dass Sie sich vielleicht sozusagen dessen besinnen, dass Weihnachten vor der Tür steht und Sie dem Antrag der GRÜNEN, der ÖVP und der FPÖ zustimmen werden. Sie wissen, dass wir einen Antrag vorbereitet haben, wo wir beantragen werden, hier eine höhere, eine angemessene Inflationsabgeltung vorzunehmen.

 

Der zweite Grund, warum ich es für wertvoll finde, diese Debatte von hier aus zu führen, ist, weil ich von Herzen hoffe, dass es zu solchen Vorkommnissen im nächsten Jahr nicht mehr kommt und dass bitte 2004 die Behindertenpolitik der Stadt Wien unter einem anderen und sicher unter einem besseren Stern stattfinden sollte!

 

Kurz zu dieser Vorgeschichte: Am 6. März dieses Jahres haben Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, hier in diesem Saal eine „Aktuelle Stunde“ zum Thema „Europäisches Jahr EU-Jahr der Menschen mit Behinderungen “ gemacht. Unter anderem hat es geheißen, dass sich die Stadt Wien für dieses Jahr den Slogan gegeben hat „Miteinander findet Stadt“. Allen Ernstes war „Miteinander findet Stadt“ der Slogan für dieses Jahr!

 

Jetzt schauen wir uns ein bisschen an, wie denn dieses Miteinander überhaupt stattgefunden und ausgesehen hat?

 

Diese „Aktuelle Stunde“ war, wie gesagt, am 6. März 2003. Etwa zeitgleich, dass heißt bereits im Februar 2003, teilweise im März 2003, haben sich die meisten Betreuungseinrichtungen im Bereich der Behindertenpolitik schriftlich an die Stadt Wien gewandt und haben den Bedarf nach einer angemessenen Inflationsgeltung angemeldet beziehungsweise sie haben dies begründet und beantragt.

 

Jetzt würde man meinen in einer Stadt, die sich den Slogan gegeben hat „Miteinander findet Stadt“, passiert dann was! - Man lädt die betroffenen Einrichtungen zu einem Gespräch, es gibt dann einen Termin, man überprüft ihre Unterlagen, man stellt fest, dass der Bedarf tatsächlich besteht. Das ist ja auch nichts Neues. Bekanntlich ist ja diese Inflationsabgeltung etwas, was es in früheren Jahren immer gegeben hat und was mehr oder weniger eine Art ja stille Übereinkunft ist, wenn man so will, weil man weiß, dass die Vereine darauf angewiesen sind, um das Auslangen zu finden. Also man könnte annehmen, es gibt ein Gespräch und man setzt sich zusammen und man erzielt eine Einigung.

 

Nein, meine Damen und Herren, wer das angenommen hat, dass das jetzt in der Stadt des Miteinander passiert, der hat sich sehr geirrt! Daraufhin haben nämlich die Vereine acht Monate lang - acht Monate lang! - nichts gehört! Acht Monate lang, in denen man mit ihnen hätte sprechen können. Acht Monate lang, in denen man ihre Briefe hätte beantworten können. Acht Monate lang, in denen es einen Termin hätte geben können! Nichts dergleichen. Und jetzt sprechen wir nicht einmal von einem vereinzelten Fall - und mit Verlaub, auch wenn es nur ein oder zwei oder drei kleinere Vereine gewesen wären, würde ich mich von dieser Stelle aus auch aufregen, weil das ja keine Art und Weise ist, mit Menschen umzugehen, die wichtige, wichtige Arbeit für die Stadt Wien und für die Menschen in dieser Stadt leisten -, nein, wir sprechen jetzt von Vereinen, die insgesamt über 90 Prozent der Betreuungsleistungen im privaten Sektor im Behindertenbereich der Stadt erbringen! Aber das war es offenbar nicht wert. Die Frau Vizebürgermeisterin wird wohl beschäftigt gewesen sein, wird viel Wichtigeres zu tun gehabt haben. Selbiges gilt für den Herrn Bürgermeister. Also nichts dergleichen.

 

Was dann passierte, das waren mehrere Briefe, die unbeantwortet blieben. Sodann war es September und irgendwann einmal im September ist die ganze Öffentlichkeitsmaschinerie losgegangen. Man erfuhr, dass im Bereich der Sozialpolitik gröbere Kürzungen anstehen. Man erfuhr von den großen Budgetnöten, die es im

 

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