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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 120

 

Familienförderung - ist in den letzten zehn Jahren um rund 50 Prozent gestiegen. Dass es im heurigen Sozialbudget Unterschiede zwischen Budgetvoranschlag und Budgetvollzug gibt, ist weder ungewöhnlich, noch ist es Wien-spezifisch. Der Bedarf im Sozialbereich hängt stark von der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ab, das ist schon gesagt worden. Auch hier möchte ich den Finanzstadtrat und Vizebürgermeister Rieder mit dem zitieren, was er gestern gesagt hat. Er hat gesagt: Was zählt, ist nicht die Art und Weise, was zählt, ist einzig und allein das Ergebnis!

 

Ich komme zu den Rahmenbedingungen. Die Rahmenbedingungen im Sozialbereich sind durch die Verschärfung im Bund gekennzeichnet. Das wurde ebenfalls schon ein paar Mal gesagt, und auch wenn man immer wieder sagt, wir schimpfen auf den Bund: Das ist nun einmal eine Tatsache, und diese Rahmenbedingungen lassen sich nicht einfach wegdiskutieren! Es ist die Politik dieser Bundesregierung, die dazu geführt hat, dass es eine steigende Anzahl von Menschen gibt, die die sozialen Netze auf Landesebene in Anspruch nehmen müssen.

 

In vier Wochen, gestern in einem Monat, wird Weihnachten schon wieder vorbei sein. Am Samstag gab es im ORF einen Beitrag, der einen Vergleich darüber gebracht hat, wie viel die Haushalte für Weihnachtsgeschenke ausgeben. Im Jahr 2000 hat jeder Haushalt 410 EUR für Weihnachtsgeschenke ausgegeben, im Jahr 2001 waren es 390 EUR, also schon 10 EUR weniger, und im Jahr 2002 waren es nur noch 350 EUR. Einerseits spürt das natürlich die Wirtschaft - weniger Umsätze et cetera -, aber andererseits ist auch das ein Beweis für die schwierige wirtschaftliche Situation, in die die Bundesregierung unser Land gebracht hat. Die einen, die es sich vielleicht noch leisten könnten, sind verunsichert und legen das Geld lieber aufs Sparbuch, und die anderen können es sich einfach nicht mehr leisten. Zunehmende Verarmung in diesem Land seit dem Jahr 2000, seit dem Antritt dieser blau-schwarzen Bundesregierung!

 

Damit komme ich auch schon zur Sozialpolitik der ÖVP- und FPÖ-Bundesregierung. Ich möchte erinnern an die fehlende Kindergartenmilliarde, den Bildungsabbau durch gleichzeitige Einführung der Studiengebühren - dadurch ist ja auf den Universitäten überhaupt nichts besser geworden, das war nur zum Stopfen der Budgetlöcher gedacht -, die Blockade bei der Einrichtung von Lehrlingsstiftungen und die Streichung zum Beispiel von Begünstigungen für Behindertenwerkstätten.

 

Damit ich nicht ungerecht bin: Es gibt eine einzige Sozialeinrichtung auf Bundesebene, die neu ist oder zumindest angekündigt worden ist, das ist die Sozialstiftung; später war es dann als Sozialfonds im Gerede. In Wahrheit soll es ja nur dazu dienen, dass der Herr Finanzminister seine diversen Einnahmen besonders steuerschonend verwerten kann, und wahrscheinlich wird das Ganze schlussendlich bestenfalls bei einer mit Steuergeld oder steuerschonend geförderten Homepage der Fall sein. Aber der Herr Finanzminister hat den Trost, dass die Persilscheine, die er in diesem Zusammenhang von ÖVP-Funktionären immer bekommt, wenigstens nicht meldepflichtig sind - im Gegensatz zu seinem Aktiendepot.

 

Ich habe schon auf die politischen Rahmenbedingungen hingewiesen. Ein Drittel der Arbeitsplätze befindet sich in Wien. Durch den Stellenabbau im öffentlichen Dienst und in die Krise geratene Unternehmen sind viele Jobs verloren gegangen. Die schwierige wirtschaftliche Lage hat zu einem Anstieg bei den SozialhilfebezieherInnen geführt, und auch davon ist Wien ganz besonders betroffen. Aber trotz dieser sinkenden Einnahmen hat Wien in diesem Jahr reagiert, und Wien lässt - im Gegensatz zum Bund - sicher keinen Crash und keinen Sozialabbau zu.

 

Ich möchte noch auf den Anstieg der Zahl der Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher zu sprechen kommen. In Wien ist die Zahl der Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher seit dem Antritt der ÖVP-FPÖ Bundesregierung um 70 Prozent gestiegen. Die jährlichen Ausgaben Wiens für die Sozialhilfe sind um rund 20 bis 30 Millionen EUR höher als 1999. Hauptursachen sind hohe Arbeitslosigkeit, Einkommensverluste und die Arbeitsverhältnisse mit geringem Einkommen, auch diese sind stark im Steigen. Betroffen sind in dem Fall hauptsächlich Frauen, Kinder, Pensionistinnen und Pensionisten.

 

Wenig Sinn macht auch die Absicht der Bundesregierung, die Notstandshilfe abzuschaffen und in die Sozialhilfe der Länder einzugliedern. Die von der Bundesregierung geplante Verlagerung der Notstandshilfe in die Sozialhilfe der Länder würde für die Betroffenen erhebliche Nachteile mit sich bringen und Wien erhebliche Mehrkosten verursachen. Im Vorjahr ist in Österreich die Zahl der Notstandshilfebezieher und -bezieherinnen auf fast 83 000 angestiegen. Das waren um 11 000 mehr als 2001, das bedeutet eine Steigerung um rund 15 Prozent. Der Kostenaufwand dafür betrug fast 790 Millionen EUR. In dieser Größenordnung müssten also die Länder und Gemeinden künftig mehr für die Sozialhilfe aufwenden. Wenn man es auf Wien umrechnet, müsste allein Wien den Aufwand für die Sozialhilfe von derzeit rund 180 Millionen auf 500 Millionen EUR erhöhen, also das Sozialbudget verdreifachen. Wegen dieser Bundesregierung - ich sage es noch einmal - fast drei Mal so viel wie heute! Die Eingliederung der Notstandshilfe in die Sozialhilfe der Länder ist deshalb vehement abzulehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass Wien trotz allem versucht, das Bestmögliche aus dieser Situation zu machen. Wien hat auch im letzten Jahr für weitere Qualitätsverbesserungen gesorgt. Dazu zählt unter anderem die zügige Fortsetzung der Neuorganisation der Kundenservicezentren im Bereich der MA 12.

 

Wien wird - ich habe das auch ganz am Anfang gesagt - selbstverständlich alle gesetzlich garantierten Ansprüche erfüllen, niemand muss um sein Geld fürchten! Das kann man nicht oft genug sagen, weil es auch die Opposition oft genug sagt. Daher wiederhole ich das

 

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