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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 122

 

GRin Marianne Klicka (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Kulturstadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Von einem Stillstand in der Kulturpolitik kann bei diesem Budget und bei diesen Vorhaben wirklich nicht die Rede sein! Obwohl die Wiener SPÖ ihren Weg einer sozial verträglichen und aktiven Budgetstabilisierung fortsetzt, wird sie trotzdem mit diesem hohen Kulturbudget ihrem Ruf und ihrer Verpflichtung als Kulturmetropole gerecht. Die Verantwortlichen in der Bundesregierung haben in den letzten zweieinhalb Jahren keinen einzigen Punkt aus ihrer Regierungserklärung erfüllt. Von Kürzungen sind besonders der private Theaterbereich, der Film sowie kritische Kulturinstitutionen betroffen, wo der Bund seine zugesagten Subventionen nicht mehr ausgezahlt hat. Die schwarz-blaue Kulturpolitik hat mit ihren willkürlichen und massiven Kürzungen einen kulturpolitischen Rückwärtsgang eingelegt und mit der Künstlersozialversicherung eine Mogelpackung verkauft. Kunststaatssekretär Morak hat zweieinhalb Jahre Zeit gehabt, steuerliche Maßnahmen zur Kunstförderung umzusetzen, aber es blieb so wie in vielen anderen Bereichen in der schwarz-blauen Bundesregierung auch hier bei leeren Versprechungen.

 

Erst gestern Abend wurde der "Maecenas" Kunstsponsoringpreis, bei dem auch der ORF als Partner fungiert, verliehen. Auch die ORF-Generalintendantin Monika Lindner kritisierte, dass es nach wie vor keine zufrieden stellenden steuerlichen Absetzbarkeitsmöglichkeiten für Kultursponsoring gibt. Erfreulich ist, dass die Österreichische Beamtenversicherung mit dem Grabenfest, das sie jährlich veranstaltet, den ersten Preis gewonnen hat, nämlich für ein avantgardistisches Musikfestival für neue Kompositionen.

 

Doch die Wiener Kulturpolitiker lassen die Kulturschaffenden und die Stadt nicht im Stich. Wir schaffen es weiterhin, jenes offene kulturelle Klima zu schaffen, das für die Stadt Wien immer ein selbstverständliches Markenzeichen war. Wien macht's möglich! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Meine Befürchtung ist jedoch, dass bei einem Beibehalten des schwarzen Kurses, den wir ja jetzt nach der Wahl vorauszusehen haben, im Bund niemand da sein wird, um der zeitgenössischen, kritischen, innovativen Avantgarde zum Durchbruch zu verhelfen.

 

Sie haben kritisiert, dass wir Steuermittel beziehungsweise Werbung unserer Bezirksvorsteher für das Buch "Ewigkeitsgasse" eingesetzt haben. - Steuermittel wurden vor allem vom Bund und von den Bundesministern für Werbung, und zwar für Wahlwerbung, in den Zeitungen eingesetzt. Das ist viel mehr zu kritisieren als ein Buch, das Hunderttausenden WienerInnen den Zugang zur Literatur ermöglicht hat! (Beifall bei der SPÖ. - StR Dr Peter Marboe: Das ist ja unglaublich!)

 

Ein sehr deutliches Beispiel für die Kürzung im avantgardistischen Bereich ist Public Netbase. Denn wer Kritik übt, wird mit Geldentzug bestraft. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt aber in Wien ...!) Dabei ist diese Netzkulturinstitution für die innovative Kulturarbeit als Impulsgeber für Zukunftsentwicklungen an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft unverzichtbar. Eingebettet in ein internationales Netzwerk von Kunst, Kultur, Medien und Wissenschaft, erzielt Public Netbase seit 1995 mehr als 150 Millionen Internet-Zugriffe, Hunderttausende VeranstaltungsbesucherInnen und 2 500 internationale Medienberichte. Ein junges Publikum wird angesprochen und Medienkompetenz wird vermittelt. Wien ist wieder einmal eingesprungen und hat die jährliche Belastung in der Höhe von 218 000 EUR übernommen. Der Bund zahlt nicht, aber Wien macht's möglich! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wir sozialdemokratischen Kulturpolitiker entwickeln nicht nur langfristige Kulturprojekte, sondern wir setzen sie auch rasch um und übernehmen dafür auch die finanziellen Belastungen für den laufenden Betrieb. Deshalb sind all diese Projekte auch im Ordinarium vorzufinden. Zum Vollbetrieb des Museumsquartiers kommt auch der Betrieb des Architekturzentrums dazu, des Kindermuseums, der Kunsthalle und des "project space" am Karlsplatz und ab 2003 auch das Kindertheaterhaus, das nun zügig finanziert und gebaut wird. Wien macht's möglich!

 

Mit der Sicherstellung der Finanzierung steht der Realisierung des Kindertheaterhauses nun nichts mehr entgegen, und wir freuen uns, dass die Kunst für Kinder kein Nebenprodukt ist, sondern dass sie dieselben Qualitätskriterien wie Kunst für Erwachsene erfüllen muss. Welch hohen Stellenwert Theater für Kinder in Wien hat, beweist schon jetzt das Theater der Jugend, das mit einer Auslastung von 92 bis 97 Prozent und einem Eigendeckungsgrad von 50 Prozent das größte Kinder- und Jugendtheater Europas ist. Auch viele GemeinderätInnen besuchen mit ihren Kindern diese Veranstaltungen - Frau GRin Malyar kann dies bezeugen. Auch hier spart die Stadt Wien nicht mit der Subvention und fördert diese wichtige Kinder- und Jugendarbeit.

 

Ebenso wichtig wie die Kindertheaterlandschaft ist uns auch die Wiener Theaterlandschaft und Musiktheaterlandschaft. Die Neustrukturierung im Bereich Musiktheater ist eine wichtige Investition in die Zukunft, und sie wird im Jahr 2006, dem Mozartjahr, bereits sichtbar werden. Für ein spartenübergreifendes Jubiläumsprogramm konnte der weltweit anerkannte Regisseur Peter Sellers gewonnen werden. Das Theater an der Wien wird für Opernproduktionen dann weiter zur Verfügung stehen. Raimundtheater und Ronacher werden zu Spielstätten des Musicals und von Produktionen für gehobene Unterhaltung. Eine Privatisierung würde sicherlich vielen Wienerinnen und Wienern den Zugang nicht mehr ermöglichen und vor allem auch Einfluss auf den Spielplan haben. Die Reform dieser Musiktheater ist ein deutliches Bekenntnis der Stadt Wien, auch weiterhin in Kultur zu investieren, denn Wien macht's möglich!

 

Mit der Festlegung im Ordinarium ist auch die Finanzierung des Theaters in der Josefstadt, des Volkstheaters in den Bezirken und des Rabenhoftheaters gesichert, wobei auch hier die Stadt für die vom Bund nicht

 

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