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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 81 von 122

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächste ist Frau GRin Mag Unterreiner zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Stadtrat! 

 

In der letzten Ausschusssitzung hat der Herr Stadtrat gesagt, es gäbe eine Steigerung von 2,6 Prozent. Er war sehr stolz darauf, und es hat so geklungen, als würde er das als Kompensation zum Spargedanken des Bundes sehen.

 

Frau Ringler sagt, es gibt keine Erhöhung und bemängelt das sehr.

 

Ich würde meinen, ob es jetzt prozentuell mehr oder weniger gibt, ist nicht allein ausschlaggebend, sondern wichtig ist eigentlich die Frage: Wofür gebe ich das Geld aus? - Und diesbezüglich, Frau Kollegin Ringler, sind Sie uns aber auch eine Auskunft darüber schuldig geblieben, worin Ihre Richtlinien bestehen. Ich habe sehr aufmerksam zugehört: Sie haben eher gesagt, es sei sehr traurig, dass diejenigen, die gerne mehr Gelder hätten, nicht mehr bekommen. - Das alleine kann ja wohl nicht eine Richtlinie der grünen Kulturpolitik sein! Ich glaube, da müsste man schon Schwerpunkte setzen.

 

Ich tue das und setze folgende drei Schwerpunkte:

 

Der erste Schwerpunkt lautet: Tradition bewahren, kulturelles Erbe bewahren.

 

Schwerpunkt Nummer zwei: die Gegenwart fördern. Das heißt nicht immer nur, Geld aufzuwenden, sondern das heißt auch: Anreize schaffen, ermutigen, Rahmenbedingungen schaffen, damit sich kreatives Potenzial entwickeln kann.

 

Schwerpunkt Nummer drei: in die Zukunft investieren, in unsere Kinder, in die Jugendlichen investieren. Der kulturelle Reichtum einer Gesellschaft besteht nämlich im Heranwachsen von kunst- und kulturbegeisterten jungen Menschen.

 

Ich komme nun auf Punkt eins zu sprechen. Was diesen Bereich anbelangt, so sind, glaube ich, wohl sehr, sehr schwere Fehler begangen worden. Was die Bewahrung des Kulturguts angeht, so stehen - wir alle wissen das - im Fischer-von-Erlach-Barock jetzt Betonbunker. Sie sind nicht nur hässlich, sondern sie zerbröselten sogar für einige Zeit, nachdem sie erst vor ein paar Monaten eröffnet worden waren. Baumängel und Planungsfehler waren schuld daran.

 

Zweiter Punkt: In den Schutzzonen wird aufgestockt, aufgetürmt, aufgebläht - rücksichtslos! (Ironische Heiterkeit bei Gemeinderäten der GRÜNEN.) - Man muss das ein bisschen dramatisieren, denn genau so ist es! Sie wissen das, Frau Ringler! Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern. Wien-Mitte ist ein Beispiel dafür, die Innenstadt ist ein weiteres Beispiel, ebenso die von Ihnen heute bereits erwähnte Albertina. An und für sich haben wir uns ja gefreut, dass hier etwas Gutes entsteht, und wir haben für eine Rekonstruktion - eine behutsame Rekonstruktion - auch Gelder zur Verfügung gestellt. Aber was kommt dazu? - Bullaugen kommen dazu, ein Tankstellendach (Neuerliche ironische Heiterkeit bei den GRÜNEN.) - ja, es stimmt doch! -, plumpe Fahnenstangen auf dem Schwarzenbergplatz! Lassen Sie mich hier nur einige Beispiele erwähnen, um aufzuzeigen, wie sehr man die Innenstadt immer wieder verschandelt hat. (Zwischenruf des GR Günter Kenesei.) - Ich weiß, dass den GRÜNEN das völlig egal ist. Für uns aber ist das ein Wert, und wir wollen, dass unsere Kultur unversehrt an zukünftige Generationen weitergegeben wird. Und wäre da nicht die Furcht vor der drohenden Aberkennung des Prädikats "Weltkulturerbe" für die Innenstadt, würden alle Holleins weiterhin das historische Erbe zerstören.

 

Ich freue mich, dass ich in der Zeitung lesen konnte, dass die Hollein'sche "Wolke" (Zwischenruf des GR Günter Kenesei.) - nein, das freut mich schon, muss ich sagen -, dass diese Architekturblähungen am Hilton abgesagt wurden. Ich freue mich über so etwas (GR Günter Kenesei: ... Bierzelt!), denn die Frage, wie man mit dem historischen Erbe umgeht, ist auch im Sinne von Innovation zu sehen, sie bedeutet einen Blick in die Zukunft. Und diesbezüglich - da hat Kollege Serles wirklich Recht -, also nicht nur in wirtschaftlichen Dingen, sondern auch im Kulturbereich haben uns die früheren Ostblockländer, das jetzige Osteuropa, schon den Rang abgelaufen. (Zwischenruf der GRin Marie Ringler.) - Frau Ringler, wir waren zusammen in Moskau, und sogar dort hat man eine Kirche wieder aufgebaut, die in der Stalin'schen Ära ganz einfach in die Luft gesprengt wurde. Eine der großen Kirchen zur Erinnerung daran, dass die Russen Napoleon besiegt haben, hat man in einer Diktatur in die Luft gesprengt! Das wurde wieder aufgebaut. (Neuerlicher Zwischenruf der GRin Marie Ringler.)

 

Ich möchte damit nur sagen, dass man dort zumindest darüber nachdenkt, wie man mit der historischen Identität umgeht. Ich halte das schon für wichtig, und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass nicht eine Clique unsere Heimatstadt verschandelt. Und es ist auch nicht zulässig, dass genau diejenigen, die zu Hause, in ihrem Privatleben, in revitalisierten Schlössern, in Barockhäusern (GR Günter Kenesei: Wer? Wer?) oder in Bauernhöfen wohnen, uns dann, wenn es um die Allgemeinheit geht, in die kommunale Hässlichkeit zwingen. Wir werden uns weiterhin dagegen verwahren!

 

Und was die Moderne angeht, so hat man auch hier versagt, denn dort, wo Raum und Platz gewesen wäre, hat man es nicht gewagt, das kreative Potenzial zu zeigen. Wir kennen alle die Versäumnisse auf der Platte. Auch dort hat man eigentlich nur Allerweltsarchitektur hingestellt.

 

Das heißt: Nicht zerstören, sondern neu schaffen!

 

Nun zu Punkt zwei, den Rahmenbedingungen. Es geht hier um die Frage: Wie fördere ich? - Auch hier, finde ich, wäre es sehr wichtig, dass man Innovation zeigt. Die Vereinigten Bühnen wären ein Beispiel in diesem Zusammenhang. Herr StR Mailath-Pokorny, Sie wissen, dass wir uns freuen, dass das Theater an der Wien jetzt für klassisches Musiktheater zur Verfügung stehen soll, aber wir haben es noch immer nicht gewagt - wir Freiheitliche schon, aber die Sozialdemokratie nicht -, auch darüber nachzudenken, ob es nicht auch neue

 

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