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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 122

 

Was läuft eigentlich in dieser Stadt? Wieso bekomm' ich eigentlich keinen Termin? Wieso redet niemand mit mir? Wieso will niemand hören, was ich zu sagen habe? - Und das, diese Art, war doch einigermaßen beeindruckend. Auch für mich. Ich muss ehrlich sagen, das war wieder einmal einer dieser Abende, der in seiner ganzen Deutlichkeit gezeigt hat, dass es offensichtlich ein riesiges Problem mit der sozialdemokratischen Kulturpolitik in dieser Stadt gibt und eines, das nicht zu unterschätzen ist. Und dass es offensichtlich viele Kulturschaffende gibt, die das Gefühl haben, dass nicht mit ihnen geredet wird, dass ihnen nicht zugehört wird und dass es keine Transparenz darüber gibt, wer, welche Gelder und vor allem weshalb bekommt.

 

Das heißt, diese Kulturschaffenden haben ein ähnliches Erlebnis gehabt wie ich im letzten Ausschuss, als ich gesagt habe: Na ja, bekommen wir die Zahlen? Nein, wir haben sie nicht bekommen. Und auf ähnliche Weise werden auch die Kulturschaffenden in dieser Stadt behandelt. Sie bekommen keine Termine. Es wird ihnen auf ihre Briefe nicht geantwortet. Es wird mit ihnen nicht kommuniziert, was passiert, was mit ihren Ansuchen passiert, wann sie behandelt werden und warum auch etwas abgelehnt wird. Es ist völlig legitim, dass man auch einmal kein Geld gibt, aber man muss den Leuten erklären weshalb. Und man muss ihnen das Gefühl geben, dass es einen guten Grund gibt, weshalb sie kein Geld bekommen und weshalb es andere gute Gründe gibt, weshalb andere Geld bekommen. Nur so kann man sicherstellen, dass Politik, die man macht, von den Leuten, bei denen sie ankommen soll, auch verstanden werden kann. Sonst werden Sie noch viele solche Podiumsdiskussionen erleben, wo Leute aufstehen und sagen: Mit mir redet niemand, mir hört niemand zu und ich bin eigentlich ziemlich enttäuscht.

 

Ein erster Schritt in die richtige Richtung wären unserer Meinung nach wesentlich häufigere öffentliche Diskussionen zum Thema Wiener Kulturpolitik. Ein erster Ansatzpunkt liegt in einem Antrag, den wir als schriftlichen Antrag heute eingebracht haben, weil es uns wichtig ist, auch ausführlich über diesen Antrag zu diskutieren und ihn nicht einfach hier nur zu beschließen oder - genauer gesagt - nicht zu beschließen.

 

In diesem Antrag geht es darum, dass eine Enquete des Kulturausschusses eingerichtet werden soll, die zweimal im Jahr - einmal zum Voranschlag und einmal zum Rechnungsabschluss - unter Einbeziehung der Kulturschaffenden stattfindet und genau dieses Thema hat: das Geld. Es soll dabei also um die Frage gehen: Was wird mit dem Geld warum und in welcher Form gemacht?

 

Ich hoffe sehr, dass diese unsere Anregung aufgenommen wird und dass wir ab sofort zweimal im Jahr öffentlich und gemeinsam mit den Kulturschaffenden darüber reden, warum und in welcher Form in dieser Stadt Gelder vergeben werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass auch der Herr Stadtrat diesem Vorschlag nachkommt und damit zeigt, dass Kommunikation mit Kulturschaffenden in dieser Stadt keine leere Formel bleibt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Dr Salcher zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Was die Kritik an der Kulturverwaltung und an der Art und Weise, wie mit Künstlern in dieser Stadt umgegangen wird, betrifft, kann ich mich, wie fast immer, nur meiner Vorrednerin anschließen. - Was das Gegenmodell zu Blau-Schwarz, das in Wien nicht stattgefunden hat, betrifft, so kann ich dazu nur sagen: Dieses hat nicht nur in Wien nicht stattgefunden, es hat auch beim Wähler nicht stattgefunden!

 

Aber heute ist ja ein schöner Tag: erstens vor allem deshalb, weil die Budgetdebatte diesmal nur einen Tag dauert - das ist einmal etwas Schönes! -, und zweitens, weil wir - und das ist auch gerechtfertigt - im Gegensatz zu bisher, wo wir ja meistens mehr als 50 Prozent der Kulturdebatte nicht über die Kulturpolitik dieser Stadt diskutiert haben, sondern darüber, dass der Bund an allem schuld ist, jetzt endlich damit beginnen sollten, über die Wiener Kulturpolitik zu sprechen. Ich glaube, das ist das Schöne an der diesmaligen Kulturdebatte: Egal, wie die neue Bundesregierung aussehen wird, sollten wir, glaube ich, die Zeit nicht darauf verschwenden, darüber zu lamentieren, wie böse der Bund ist - das hat ja auch denen, die es betrieben haben, bekanntlich nicht sehr viel gebracht -, sondern damit beginnen, über die Wiener Kulturpolitik zu diskutieren. Was diese betrifft, so ist, wie auch meine Vorrednerin dies bereits zum Ausdruck gebracht hat, festzustellen, dass deren Erfolgsbilanz der letzten zwei Jahre steigerbar ist - um es einmal sehr höflich und zurückhaltend zu formulieren -, und wir sind auch gerne bereit, dazu beizutragen.

 

Ich habe hier eine Liste, die 17 Punkte umfasst, und ich möchte davon nur vier Projekte herausgreifen, die zum Beispiel deshalb nicht zum Zug gekommen sind, weil viel zu viele Kulturmittel aus dem Kulturbudget in Infrastrukturprojekte geflossen sind oder für Finanzierungen beispielsweise des Rabenhofs, der Albertina und des Strauß-Nachlasses aufgewendet wurden, die wir, mit Ausnahme jener des Rabenhofs, durchaus begrüßen, die aber bisher immer aus Verstärkungsmitteln gekommen sind, was der Herr Stadtrat aber gegenüber der Finanz nicht in derselben Art und Weise durchsetzen konnte wie sein Vorgänger.

 

Daher gibt es jetzt zum Beispiel eine Ablehnung eines sehr tollen Projekts unter dem Titel "Point of Music". Ebenso gab es eine Ablehnung des H. C. Artmann-Musikprojekts, eine Ablehnung des Projekts "Chorforum Wien", das nicht weiter unterstützt wird, oder zum Beispiel eines geplanten Gastspiels "Kain und Abel" in hebräischer Sprache in der Kammeroper. Ich könnte noch eine Reihe weiterer Projekte nennen, und ich möchte damit nur aufzeigen, dass es viele spannende Projekte in dieser Stadt gibt, die einfach nicht stattfinden, weil nicht genug Geld dafür vorhanden ist.

 

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