«  1  »

 

Gemeinderat, 8. Sitzung vom 21.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 99

 

messen können. Aber um den Makel des rückschrittlichen Ideologen, der das Kulturressort nur missbraucht, um den Machtanspruch der Sozialdemokraten zu stärken, loszuwerden, müssen in Zukunft makellose Bestellungen stattfinden.

 

Wir haben auch eine Enquete gefordert, Sie können sich erinnern. Sehr schade, dass sie nicht stattfindet. Ich glaube, es wäre ganz interessant, in einer Enquete zu hören, was die Oppositionsparteien zu dieser Problematik denken. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Ich danke. - Als Nächster ist Herr GR Woller zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wenn die ÖVP heute diese dringliche Anfrage stellt, dann ist das in zweifacher Hinsicht bemerkenswert.

 

Zum Ersten zeigt diese Dringliche Anfrage, dass es offensichtlich in dieser Stadt keine wirklich gravierenden kommunalpolitischen Probleme gibt. Wenn die ÖVP im ersten Jahr ihrer Oppositionszeit bei der ersten wichtigen Debatte im Gemeinderat das so wichtige parlamentarische und politische Instrument der Dringlichen Anfrage dazu verwendet, einen Stadtrat zu fragen, mit wem er eigentlich wann spricht, oder zu fragen, warum eine unabhängige Jury einen Einzelvorschlag, einen Dreiervorschlag oder einen Vierervorschlag macht - alles hochkarätige Theaterexperten, die natürlich darauf Wert legen, dass sie unabhängig arbeiten können -, dann ist das wirklich ein bemerkenswertes Kompliment für die gesamte Stadtregierung. Ich möchte mich daher am Anfang bei der ÖVP wirklich sehr, sehr herzlich für dieses Kompliment bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zweitens zeigt diese Dringliche Anfrage der ÖVP, dass StR Peter Marboe offensichtlich wirklich sehr beleidigt ist, dass er es offensichtlich nicht wahrhaben will, dass er nicht mehr Kulturstadtrat ist und dass er es offensichtlich auch nicht verkraften kann, dass der neue Kulturstadtrat in einem halben Jahr all die Probleme löst, die er zwei Jahre hinterlassen hat. Das ist bemerkenswert und auch deshalb danken wir für diese Dringliche Anfrage. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Nun denn, wenn das Seelenwohl des Peter Marboe der ÖVP Wien eine Dringliche Anfrage wert ist, dann sage ich für uns Sozialdemokraten: Uns ist das Seelenwohl des Peter Marboe auch so wichtig, dass wir gerne mit ihm so oft Sie wollen diese Fragen diskutieren, obwohl wir das in den letzten Wochen ohnedies immer wieder getan haben. Uns ist das sehr wichtig. Wir werden mit Ihnen sicher gerne weiter diskutieren.

 

Diese Dringliche Anfrage müsste eigentlich anders lauten. Ich hätte da auch ein paar wichtige Fragen zu dieser Dringlichen Anfrage, nämlich die:

 

Erstens. Warum hat Peter Marboe zwei Jahre lang keine Strukturreform des Theaters in der Josefstadt durchgeführt, obwohl er seit zwei Jahren wusste, dass das notwendig ist und obwohl er mehr als ein Jahr lang angekündigt hat, dass er es in Kürze durchführen wird?

 

Zweite Frage: Warum hat Peter Marboe nun in öffentlichen Aussendungen beklagt, dass Karlheinz Hackl nicht Direktor der Josefstadt wird, obwohl er seit mehr als einem Jahr weiß, dass die Gesellschafterversammlung ihn wollte? Er hätte ein Jahr Zeit gehabt, Karlheinz Hackl zu bestellen. Er hat es nicht getan; offensichtlich deshalb, weil er nicht entscheiden wollte.

 

Dritte Frage: Warum hat Peter Marboe mehr als ein Jahr lang zur Frage Rabenhof keine politische Entscheidung getroffen, sondern diese Entscheidung auf die Josefstadt und auf den 3. Bezirk abgeschoben?

 

Vierte Frage: Warum hat Peter Marboe ein Theater mutwillig finanziell auf Null gestellt und gesagt, Theater ist ohne Geld möglich! Das ist überhaupt die fahrlässigste Aussage, die Kulturstadtrat Marboe in seiner Zeit getroffen hat, und das ist die Hauptursache, warum es überhaupt zu dieser Entwicklung gekommen ist.

 

Fünfte Frage: Wieso hat Peter Marboe das letzte Jahr seiner Amtszeit kein Interesse am "kosmos frauenraum" gehabt, obwohl längst bekannt war, dass dieser durch die Kürzungen des Bundes, durch den Vertragsbruch der Bundesregierung allergrößte Existenzprobleme hat?

 

Sechste Frage: Wieso hat Peter Marboe keine Gelegenheit ausgelassen, vom Kinderkreativzentrum zu sprechen, ohne sich jemals einen Gedanken über die Finanzierung des Kindermuseums zu machen?

 

Siebente Frage: Wieso hat Peter Marboe noch wenige Wochen vor der Wahl eine Pressekonferenz am Riesenrad durchgeführt, in der er angekündigt hat, das Kindertheaterhaus ist gelaufen? Er hat aber weder für die Errichtung noch für die Führung noch für die Finanzierung auch nur eine notwendige politische Maßnahme gesetzt.

 

Nun, die Redezeit ist beschränkt. Ich muss jetzt schließen mit diesen interessanten Fragen dieser unterdringlichen Anfrage zur oberdringlichen Anfrage. Diese Dringliche Anfrage ist wirklich nützlich. Sie zeigt nämlich sehr deutlich, dass Peter Marboe eine Vielzahl von offenen Problemen hinterlassen hat und dass sein Nachfolger diese innerhalb von einem halben Jahr sehr rasch und erfolgreich gelöst hat. Und das sollte eigentlich der Kern dieser Anfragebeantwortung sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Andreas Mailath-Pokorny hat diese Probleme nicht nur gelöst, sondern er hat auch zwei Akzente gesetzt.

 

Das Erste ist, dass er sich prinzipiell zu einer Aufwertung von Frauen in Leitungsfunktionen bekennt. Und er hat sich dazu nicht nur verbal bekannt, sondern hat in diesen ersten Monaten auch schon gezeigt, dass das möglich ist, dass es hervorragende Künstlerinnen und weibliche Kulturschaffende gibt, die für Leitungsfunktionen qualifiziert sind. Das wird ein Kernpunkt unserer nächsten Politik sein und bleiben.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular