«  1  »

 

Gemeinderat, 7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 125

 

Zweckbindung der Parkometerabgabe im Wiener Parkometergesetz aufzuheben."

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung.

 

Meine Damen und Herren, vor allem von der Finanz, aber auch von der Planung! Ich weiß, dass es viele hier im Haus gibt, die für diesen Antrag sind. Ich fordere Sie jetzt auch auf - wenn man schon einem grünen Antrag schwer zustimmt -, zumindest in der Vorbereitung von Verhandlungen darauf hinzuwirken, immerhin 300 bis 500 Millionen S jährlich frei zu bekommen. Das kann auch heißen, dass man in der - sage ich jetzt - Garagenorientierung da und dort eine Garage subventioniert, aber jede Garage sollte von der Sinnhaftigkeit her mit anderen Zwecken konkurrieren müssen und nicht einen eigenen Topf haben - ich nenne das immer "Windschutzscheibenbudget" -, denn überall muss man sparen, nur im Garagenbereich passiert nichts.

 

Wenn wir schon bei den Einnahmen sind, dann schlagen wir - das macht ja eine Opposition nicht oft - noch eine weitere Maßnahme vor, und es kommt noch ein weiteres Ceterum censeo: Wie wäre es denn, jetzt, da die Parkraumbewirtschaftung durchaus akzeptiert ist und ein Problem zwar nicht gelöst, aber deutlich erleichtert hat, sodass aus vielen Teilen der Welt Verkehrsplaner nach Wien kommen, um sich die Parkraumbewirtschaftung anzusehen, einen nächsten Schritt zu gehen, und zwar einen nächsten Schritt dahin gehend, dass zumindest in jenen Bezirksteilen, wo kein struktureller Unterschied zu den Innenstadtbezirken gegeben ist, die Parkraumbewirtschaftung maßvoll, aber klar ausgedehnt wird - dazu zählen Teile des 10., Teile des 12., Teile des 15. Bezirks -, um hier einen entsprechenden Anreiz zu setzen und - ich scheue mich nicht, es auszusprechen - damit auch - ja! - weitere Einnahmen für die Stadt zu lukrieren?

 

Ganz kurz zu einem sehr wesentlichen Punkt in aller Nüchternheit: Das sind die großen Straßenbauprojekte, die von der SPÖ in dem Verkehrsmasterplan vorgeschlagen werden. Wir werden uns bemühen, in den Jahren, die vergehen werden, bis die 6. Donauquerung und die so genannte Nordostumfahrung gebaut sind, jene auf unsere Seite zu ziehen, die wir zunehmend auf unsere Seite bekommen, nämlich Leute, die eins und eins zusammenzählen können und nicht von Wahnvorstellungen getrieben sind.

 

Fakt ist: Der Stau auf der Tangente ist nicht durch die Lkw verursacht, die von Wladiwostok nach Glasgow fahren, der Stau auf der Tangente ist hausgemacht, meine Damen und Herren. Ob uns das passt oder nicht - hier muss ich in Ansätzen Herrn StR Schicker Recht geben, der das auch wieder gesagt hat, das wird nur gerne überhört von den Umfahrungsfetischisten -, der Umfahrungsring wird den Stau auf der Tangente in keiner Weise reduzieren. Es ist hausgemachter Verkehr, Verkehr, der in Wien fährt, Verkehr, der vom Umland nach Wien fährt, und Verkehr, der von Wien hinaus ins Umland fährt. - Erstens. Deswegen wird eine Nordostumfahrung nichts bringen.

 

Zweitens - und da bitte ich Sie, Ihren eigenen Verkehrsplanern zu glauben -: Wenn man die Nordostumfahrung als Umfahrungsstraße konzipiert, kann sie und soll sie nicht gebaut werden - so sagen Ihre eigenen Verkehrsplaner -, denn dann fährt niemand darauf. Das rechtfertigt keine Umfahrung. Darum haben Sie selber vorgeschlagen, sie nicht weit nach Niederösterreich, sondern nach Wien hineinzuverlegen. So ist auch jetzt der Vorschlag.

 

Was bewirkt das, meine Damen und Herren? - Das bewirkt eine katastrophale Zerstörung der innerstädtischen Struktur. Das bewirkt, dass nicht nur im Süden der Stadt eine SCS, eine Motorcity, ein Multiplex und und und vorhanden sind. Ich bitte Sie, sich diese Siedlungsentwicklung einmal im Zeitraffer vorzunehmen. Schauen Sie sich an, wie der Süden Wiens vor 30 Jahren ausgeschaut hat, oder machen Sie Jahresfotos, da werden Sie sagen: Aha, das ist in den letzten 30 Jahren passiert. Überall auf der Welt, meine Damen und Herren, sind derartige Verkehrserschließungen Siedlungsimpulse. Sie ziehen die wirtschaftlichen Lebenselemente aus der Stadt hinaus. Das Geschäftsflächenwachstum, das jetzt schon deutlich stärker ist, als die Kaufkraft wächst - Zitat Walter Nettig -, wird sich auf die großen Konzerne am Stadtrand konzentrieren und das innerstädtische Geschäftesterben wird weitergehen.

 

Der Herr Bürgermeister lächelt (Bgm Dr Michael Häupl: Freundlich, wie immer!) freundlich. Es stimmt trotzdem. Es nützt nichts, Herr Bürgermeister - wenn ich Sie kurz ablenken darf bei einem wichtigen Thema -, dass Sie Pressekonferenzen machen und sagen: Huch! Es ist wieder Kaufkraft ins Umland abgeflossen!, wenn Sie selber die Voraussetzungen schaffen. Wenn solche Straßen gebaut werden, wird massiv weiter Bevölkerung abfließen und Kaufkraft abfließen.

 

Da gibt es eine Verantwortung dafür und das ist eine völlig verkehrte Stadtplanung. Wir haben das kurz im Arbeitsausschuss diskutiert, aber diese Frage haben Sie nicht beantwortet. Wenn Sie als eines der Hauptprobleme die Zersiedelung als Ursache einer schlechten Entwicklung ansehen, wie wollen Sie dem gegensteuern, wenn Sie massiv Siedlungsimpulse im Umland setzen?

 

Also: Die Nordostumfahrung gefährdet die Lobau - es darf keine Lobau Autobahn geben -, fördert die Zersiedelung rund um Wien und beschleunigt das Geschäftesterben. Das ist eine falsche Entwicklung.

 

Wir werden dem vehement entgegentreten, und zwar gemeinsam mit jenen, die zunehmend auch meinen, dass in Zeiten knapper Budgets Infrastruktur lieber in jenen Verkehr gehen soll, der der relevante Verkehr ist, das ist der Verkehr der Gehirnzellen, meine Damen und Herren, also die Voraussetzung dafür, dass Innovation nach Wien kommt, dass Fantasie nach Wien kommt, dass Kreativität nach Wien kommt, dass eine kulturelle Entwicklung stattfindet. Wir streiten im Kulturbereich um 5, 10, 20 Millionen S

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular