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Gemeinderat, 7. Sitzung vom 19.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 17 von 138

 

ein Wachstum um 100 Prozent.

 

Ich war bass erstaunt bei der Diskussion über den Öko-Business-Plan, als plötzlich referiert wurde, dass sich die Wien-Anträge im minimalen Bereich von unter 1 Prozent bewegen, dass in kaum einem Bereich so wenig beantragt wird, wie aus Wien, um hier Projekte zu finanzieren. Das zeigt auch die Grundhaltung. Auch darauf können wir eingehen.

 

Nächster großer Bereich - und den werde ich immer wieder diskutieren, wenn wir Verkehrspolitik machen -: Wie, meine Damen und Herren von der absolut regierenden SPÖ, wollen Sie den im Verkehrskonzept vorgesehenen Modal Split von 45 Prozent für den öffentlichen Verkehr einhalten, wenn Sie nichts anderes tun, als insbesondere Straßen in und um Wien zu bauen? - Diese Sache werden Sie klarstellen müssen. Das war einer der Kritikpunkte, die ich sehr wohl in der Diskussion eingebracht habe, dass hier nichts vorgesehen ist.

 

Ein weiterer Punkt: die Zersiedelung. Irgendwie klagend tritt der Herr Bürgermeister vor die Presse und sagt: Oh je, durch die Zersiedelung verlieren wir soundso viele Millionen aus dem Finanzausgleich! Ja, das ist schlecht. Da kann man aber etwas tun. Da muss man etwas tun! Da kann man dieses Thema, über das seit, ich weiß nicht wie lange, geredet wird, wirklich in konsistente Politik umsetzen. Was entsteht stattdessen? Wo sind die Projekte, Wien, zumindest was den Wohnbaubereich betrifft, konstant zu halten und wirklich reale Alternativen zur Zersiedelung anzubieten? - 8 000 Menschen siedeln jedes Jahr in das Umland! Wo sind die Alternativen? - Die Alternative heißt, möglichst viele Straßen zu bauen, damit möglichst viele hinaussiedeln und die Ursache der Zersiedelung angekurbelt wird. Nach der nächsten Volkszählung werden wir noch einmal entsprechend Geld verlieren. Das ist die Politik.

 

Ein ganz letzter Punkt nur als Drüberstreuer, nein, nicht als Drüberstreuer, sondern als Defizit in einem relevanten Bereich. Wir haben jetzt die Studiengebühren. Das wäre doch eine riesige Chance gewesen, glaubhaft als Alternative zu zeigen, wie man es anders machen könnte und zumindest in einigen Bereichen Stipendien auszuschreiben, um hier gegenzusteuern und zu sagen: Seht ihr, so könnte eine Alternative aussehen.

 

Warum sage ich das jetzt alles? - Das ist mir insbesondere deswegen so wichtig, weil SPÖ und GRÜNE nach wie vor ein Ziel verbindet, was die Bundespolitik betrifft: dass Schwarz und Blau bei der nächsten Wahl keine Mehrheit haben. Dazu muss es aber sehr wohl möglich sein, zu zeigen, dass dort, wo zum Beispiel wie hier in Wien die SPÖ allein regiert, diese ein Gegenmodell hat, ein Gegenmodell, das zumindest in Ansatzpunkten sichtbar ist. Und das ist es nicht!

 

Sie sind keine Oppositionspartei, das sind Sie auf Bundesebene. In Wien sind Sie so ziemlich genau das Gegenteil davon, und hier müsste es endlich in einigen Bereichen zum Beispiel konturenhaft sichtbar sein, wo die relevanten Fragen anders abgehandelt werden.

 

Mein allerletzter Punkt: diese Veto- und Temelin-Diskussion. Die hat jetzt im Speziellen nichts mit der Wiener Politik zu tun, aber weil sie mich total verärgert und zornig macht, möchte ich noch einige wenige Sätze dazu sagen.

 

Ich persönlich bin als 17-Jähriger über die Kritik gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf überhaupt in die Politik gekommen. Darum ist mir der Kampf gegen die Atomenergie in Österreich und international nach wie vor ein leidenschaftliches Anliegen. Wenn ich mir aber anschaue, wie auf Bundesebene das Thema Temelin hergenommen wird, dann spürt man regelrecht, dass es niemandem ein Anliegen ist, Temelin zu verhindern, sondern dass es aus innerpolitischem Kalkül in Richtung Boulevard ausschließlich darum geht, Stimmungen in Richtung Tschechien zu schüren, wobei man gleichzeitig weiß, dass das eigentliche Ziel, Alternativen zu Temelin zu entwickeln und zu verhandeln, damit konterkariert wird. Es passiert genau das Gegenteil, und dieser innerpolitische, vom Boulevard geschürte Missbrauch der berechtigten Ängste der österreichischen Bevölkerung ist etwas, was unglaublich zornig macht.

 

Wenn es der Bundesregierung wirklich wichtig wäre, würde man insbesondere außenpolitisch etwas tun, würde man Verbündete suchen und würde man verhandeln. Stellen wir uns einmal die umgedrehte Geschichte vor. Wie würde ein Boulevardblatt, wie würde die FPÖ agieren, wenn ein stärkerer Nachbar sich in innere Angelegenheit einmischte? - Da würden wir sagen: Danke für den guten Zwischenruf, danke für diese Kampagne! Wir haben uns das wirklich anders überlegt. Damit bewirkt man genau das Gegenteil.

 

Und das werfe ich insbesondere der FPÖ so vor, dass hier wegen innenpolitischen Kleingeldes die Ängste gegen die Erweiterung geschürt werden und genau das Gegenteil dessen passiert, wovon man vorgibt, dass man es durchsetzen möchte. Im schlimmsten Fall bleibt Temelin in Betrieb. Österreich ist international und gegenüber Tschechien diskreditiert. Möglicherweise kommt es zu einem Veto oder auch nicht. Die österreichische Position ist beschädigt. Nichts hat man in Bezug auf Temelin erreicht. - Das ist Bilanz! Das kann es nicht sein. Hier geht es darum, neue Akzente zu setzen und nicht mit Veto-Drohungen das Klima zu vergiften. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner gelangt Herr GR Dr Tschirf zum Wort. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wenn man Herrn VBgm Rieder zugehört hat, hat man geglaubt, das ist eine Diskussion, die sich eigentlich einige 100 Meter weiter abspielen sollte, weil er sich weit mehr mit dem Bundesbudget auseinander-

 

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