Nach Aufhebung der letzten privilegierten Gerichtsstände 1849 (RBGl. 150/1849) erfolgte mit kaiserlicher Entschließung vom 14. Juni 1849 (RGBl. 278/1848) und deren Folgebestimmungen eine Umgestaltung der Gerichtsorganisation. Das Gesetz über den Wirkungskreis und die Zuständigkeit der Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen vom 18. Juni 1850 (RGBl. 237/1850) setzte alle Jurisdiktionsnormen für Österreich unter der Enns vom 27. August 1783 außer Kraft. Oberster Gerichtshof, Oberlandesgerichte, Landesgerichte und Bezirksgerichte wurden geschaffen. Die Zivilgerichtsbarkeit wurde in der Regel in I. Instanz von den Bezirksgerichten, in II. Instanz von den Landesgerichten und in III. Instanz vom Oberlandesgericht ausgeübt.
Nach allerhöchster Genehmigung vom 26. Juni 1849 stellte die Gerichtseinführungskommission für Wien und Niederösterreich am 31. Juli 1849 die Gerichtsbarkeit der acht Wiener Bezirksgerichte als städtisch-delegierte Bezirksgerichte fest. Es handelte sich dabei - nach Einbeziehung der Vorstädte - um die Bezirksgerichte Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Mariahilf, Neubau, Josefstadt und Alsergrund. Am 1. Juli 1850 nahmen diese ihre Tätigkeit auf. Die Gerichtssprengel sollten stets mit der Bezirkseinteilung für politische Verwaltung zusammenzufallen (RGbl. 10/1853 vom 25. Jänner 1853).
Sowohl durch Verkleinerung und Teilung als auch durch die Eingemeindung der Vororte vergrößerte sich die Zahl der Bezirksgerichte ständig. 1882 entstanden die Bezirksgerichte in Margareten und in Favoriten (RGBl. 10 und 63/1882), 1890 und 1891 folgte die Teilung der Bezirksgerichte Innere Stadt und Leopoldstadt in je zwei Gerichtssprengel (RGBll. 132/1889, 154/1889, 192/1890, 75/1891). Bei der Vereinigung der Vororte mit Wien 1892 wurden acht weitere Bezirksgerichte übernommen (RGBl. 36/1892): Schwechat, (Unter-) Meidling, Hietzing, Sechshaus, Fünfhaus, Ottakring, Hernals und Währing. Im selben Jahr wechselten die das Wiener Gebiet betreffenden Teile des Bezirksgerichts Schwechat zum Bezirksgericht Favoriten und zum neugeschaffenen Bezirksgericht Simmering. Das Bezirksgericht Sechshaus änderte 1892 seine Bezeichnung in Bezirksgericht Rudolfsheim. Die Höchstzahl der Bezirksgerichte wurde 1894 mit der Einrichtung des Bezirksgericht Döbling erreicht (RGBl. 154/1893). 1897 folgte noch das k.k. Exekutionsgericht als Expositur des Bezirksgericht Innere Stadt mit Sitz im Justizpalast (RGBl. 157/1897, Verordnung vom 24. Juni 1897). Nach der Entstehung des 21. Bezirks fielen 1906 die das Bezirksgebiet betreffenden Gerichtsagenden an ein eigenes Bezirksgericht Floridsdorf (RGBl. 209/1905).
1898 setzte allerdings eine rückläufige Bewegung ein, die erst mit der Errichtung des Bezirksgericht Donaustadt (1. Jänner 1986) und des Bezirksgericht Josefstadt (1. Jänner 1993) ein Ende fand (BGBl. 756/1992): Es kam zur Auflösung der Bezirksgerichte Mariahilf und Alsergrund (RGBL. 282/1897), 1908 wurde das Bezirksgericht Innere Stadt II wieder aufgegeben (RGBL. 43/1908), 1913 Wieden (RGBL. 206/1912), 1915 Leopoldstadt II (RGBL. 1942/1915), 1920 Simmering (STGBl. 429/1920), 1922 Rudolfsheim (BGBL. 665/1922), 1924 Ottakring (BGBL. 334/1924), 1925 Währing (Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung vom 30. Oktober 1925), 1932 Neubau (Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung vom 14. Jänner 1932), 1939 Leopoldstadt, Landstraße, Margareten, Josefstadt und Meidling (RGBl. I. S. 2439). Im Zuge der Errichtung von Groß-Wien gehörten 1939-1954 die Bezirksgerichte Großenzersdorf, Schwechat, Mödling, Klosterneuburg, Purkersdorf und Liesing zum Wiener Gemeindegebiet. Das 1904 eingerichtete und 1912 erweiterte Bezirksgericht Liesing blieb als einziges nach dem Gebietsänderungsgesetz vom 26. Juli 1946 (BGBl. 110/1954) dem Wiener Gemeindegebiet erhalten und wurde für den neu festgelegten 23. Bezirk zuständig.
Weitgehende Änderungen brachte das Jahr 1938. Am 22. März 1938 wurde die Verordnung über die Rechtspflege in Österreich, am 23. April 1938 jene zur Überleitung der Rechtspflege im Land Österreich auf das Reich erlassen (GblfLÖ 20/1938 und 250/1938). Die Bezeichnung Bezirksgericht wurde durch Amtsgericht ersetzt.
Das Gerichtsorganisationsgesetz vom 3. Juli 1945 stellte die am 13. März 1938 bestandene Organisation der Gerichte unter Beibehaltung einiger Änderungen wieder her (StGBl.47/1945). Die Bezeichnung Amtsgerichte wurde in Bezirksgerichte rückgewandelt. Die Regelung ihrer örtlichen Zuständigkeit erfolgte erst 1954 nach Wirksamwerden des Gebietsänderungsgesetzes von 1946 (BGBl. 200/1954). Mit Verordnung vom 9. August 1945 (StGBL 122/1945) blieben 1945 bis 1954 folgende Bezirksgerichte: Innere Stadt, Favoriten, Fünfhaus, Hietzing, Hernals, Döbling, Floridsdorf, Großenzersdorf, Schwechat, Mödling, Liesing, Klosterneuburg, Purkersdorf und das Strafbezirksgericht Wien.
Seit Anfang 2005 bestehen in Österreich 140 Bezirksgerichte. Sie sind zur Entscheidung in erster Instanz für alle Rechtssachen mit einem Streitwert bis 10.000 Euro sowie (unabhängig vom Streitwert) für bestimmte Arten von Rechtssachen (insbesondere familien- und mietrechtliche Streitigkeiten) zuständig. Bezirksgerichte sind weiters im Strafrechtsbereich zur Entscheidung über alle Vergehen, für die nur eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, deren Höchstmaß ein Jahr nicht übersteigt, zuständig (etwa fahrlässige Körperverletzung, einfacher Diebstahl).
Geschäftsverteilung bei den Bezirksgerichten.
Streitsachen, auch Mandatssachen, Mahnklagen und Mahngesuche sind nach den Anfangsbuchstaben des Namens des Beklagten (des Erstbeklagten) oder, wenn es besondere Verhältnisse des Sprengels verlangen, mit Rücksicht auf den Wohnsitz des Beklagten nach örtlich abgegrenzten Gebieten zu verteilen. Doch können Rechtsachen bestimmter Art, wenn es für die Rechtsprechung förderlich ist, ohne Rücksicht auf die sonst maßgebenden Grundsätze der Geschäftsverteilung in einer Gerichtsabteilung (Fachabteilung) vereinigt werden. Die übrigen Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen sind nach örtlich abgegrenzten Gebieten oder nach dem Anfangsbuchstaben der Namen der Erblasser, Pflegebefohlenen, Wahlkinder oder der sonst vom Verfahren betroffenen Parteien zu verteilen. Erforderlichenfalls können Fachabteilungen gebildet werden. Bei jedem Gerichte sind die Anordnungen für die Geschäftsverteilung jeweils in einer Übersicht zusammenzufassen. Aus der Übersicht müssen die einzelnen Geschäftsgruppen, die Nummern der Gerichtsabteilungen, die Namen der Richter (Vorsitzenden und Senatsmitglieder) und Rechtspfleger, des Vorstehers der Geschäftsstelle, der Leiter der Geschäftsabteilungen und des Rechnungsführers, endlich die Bezeichnung der diesen Personen und den einzelnen Geschäftsabteilungen zugewiesenen Amtszimmer ersichtlich sein. In der Geschäftsabteilung des Gerichtsvorstehers sind diese Übersichten und alle sonstigen auf die Geschäftsverteilung bezüglichen Verfügungen zu sammeln. (Geschäftsordnung der Gerichte § 18 und § 22).
[Brigitte Rigele, Staatliche Gerichte. 1993 (Archivinventar Reihe A, Serie 2, Heft 3)]
|
Bücher und Akten aus der Tätigkeit der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit der Bezirksgerichte: Dienstsachen, Normalien, Streitsachen, Verlassenschaften, Pflegschaften, Adoptionen, Grundbuchssachen, Außer Streitsachen, Exekutionen, Kuratelverhängungen und Entmündigungen, Anträge aufgrund des Mietgesetzes.
|