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Die aktuell geltende Fassung dieser Wiener Rechtsvorschrift, die im Landesgesetzblatt für Wien kundgemacht wurde, kann im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) nachgelesen werden.

Diese Fassung berücksichtigt nur Änderungen bis zum Stichtag 31. Dezember 2013.

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Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung
(Wiener Antidiskriminierungsgesetz)

Fundstellen der Rechtsvorschrift
Datum
Publ.Blatt
Fundstelle
08.09.2004
LGBl
22.02.2008
LGBl
17.09.2010
LGBl
31.12.2012
LGBl

Der Wiener Landtag hat beschlossen:

§ 1.
Geltungsbereich

(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für folgende Angelegenheiten des Landes und der Gemeinde, sofern diese Angelegenheiten in die Regelungskompetenz des Landes fallen:
1 Soziales;
2. Gesundheit;
3. Bildung;
4. Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum;
5. Zugang zu und Erweiterung selbständiger Erwerbstätigkeit.
(2) In den Angelegenheiten des Abs. 1 unterliegen folgende Kompetenzbereiche dem Geltungsbereich dieses Gesetzes:
1. die Hoheitsverwaltung des Landes und der Gemeinde;
2. die Privatwirtschaftsverwaltung des Landes und der Gemeinde;
3. die Besorgung öffentlicher Aufgaben durch ausgegliederte oder sonstige private Rechtsträger, die vom Land oder der Gemeinde beauftragt werden.
(3) Vom Geltungsbereich dieses Gesetzes sind auch Tätigkeiten von natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts erfasst, die der Regelungskompetenz des Landes in den Sachbereichen des Abs. 1 unterliegen.

§ 2.
Verbot der Diskriminierung

(1) Im Geltungsbereich (§ 1) dieses Gesetzes ist jede
1. unmittelbare Diskriminierung (§ 3 Abs. 1),
2. mittelbare Diskriminierung (§ 3 Abs. 2) und
3. Belästigung (§ 3 Abs. 3)
von natürlichen Personen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters, der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität und des Geschlechts, insbesondere auch auf Grund von Schwangerschaft und Elternschaft, sowie die Anstiftung einer Person zu solchen Diskriminierungen verboten. Weiters ist im Geltungsbereich (§ 1) dieses Gesetzes auch jede sexuelle Belästigung (§ 3 Abs. 4) und die Anstiftung einer Person zu einer sexuellen Belästigung verboten.
(2) Behinderung im Sinne des Abs. 1 ist jede Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
(3) Das Diskriminierungsverbot des Abs. 1 ist auch auf Personen anzuwenden, die wegen eines bei einem Angehörigen oder einer Angehörigen vorliegenden, in Abs. 1 genannten Merkmales diskriminiert werden.
(4) Als Angehörige gemäß Abs. 3 gelten Verwandte in gerader Linie, Wahl-, Pflege-, Stief- und Schwiegerkinder, Wahl-, Pflege-, Stief- und Schwiegereltern, Geschwister sowie in Ehe, in verschieden- oder gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft oder in eingetragener Partnerschaft lebende Personen, sowie Kinder der Person, mit der eine Person gemäß Abs. 3 in eingetragener Partnerschaft oder in verschieden- oder gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft lebt.
(5) Unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen sowie die Anstiftung dazu sind auch gegenüber juristischen Personen verboten, wenn solche Diskriminierungen gegenüber deren Mitgliedern, Gesellschafterinnen und Gesellschaftern oder Organen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der juristischen Person auf Grund eines in Abs. 1 genannten Merkmales erfolgen.
(6) Die Abs. 1 bis 5 gelten nicht für unterschiedliche Behandlungen auf Grund der Staatsangehörigkeit, sofern diesen unterschiedlichen Behandlungen nicht Vorschriften der Europäischen Union über die Gleichstellung von Unionsbürgerinnen und -bürgern und von Drittstaatsangehörigen entgegenstehen.
(7) Eine Ungleichbehandlung auf Grund eines in Abs. 1 genannten Merkmales ist dann keine Diskriminierung, wenn das betreffende Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung bildet und es sich dabei um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Eine Ungleichbehandlung auf Grund eines in Abs. 1 genannten Merkmales ist weiters dann keine Diskriminierung, sofern sie objektiv und angemessen sowie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind.

§ 3.
Begriffsbestimmungen

(1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 2 Abs. 1 genannten Merkmals in einer vergleichbaren Situation gegenüber einer anderen Person, auf die dieses Merkmal nicht zutrifft, zugetroffen hat oder zutreffen würde, benachteiligt wird.
(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine ihrem Inhalt nach neutrale Regelung, ein solches Beurteilungskriterium oder eine solche Maßnahme Personen mit einem in § 2 Abs. 1 genannten Merkmal gegenüber Personen, auf die diese Merkmale nicht zutreffen, in besonderer Weise benachteiligt oder benachteiligen kann, es sei denn, die betreffende Regelung, das betreffende Beurteilungskriterium oder die Maßnahme ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
(3) Eine Belästigung liegt vor, wenn im Zusammenhang mit einem in § 2 Abs. 1 genannten Merkmal einer natürlichen Person dieser gegenüber ein Verhalten gesetzt oder ein Umfeld geschaffen wird, das
1. als Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung oder Beleidigung anzusehen ist und
2. die Würde dieser Person beeinträchtigt oder dies bezweckt und
3. von dieser Person als unerwünscht, unangebracht oder anstößig empfunden wird.
(4) Eine sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das
1. die Würde einer natürlichen Person beeinträchtigt oder dies bezweckt und
2. von der von diesem Verhalten betroffenen Person als unerwünscht, unangebracht oder anstößig empfunden wird.

§ 3a.
Unverhältnismäßige Belastungen

(1) Eine mittelbare Diskriminierung (§ 3 Abs. 2) liegt nicht vor, wenn die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, insbesondere von Barrieren, rechtswidrig oder wegen unverhältnismäßiger Belastungen unzumutbar wäre.
(2) Bei der Prüfung, ob Belastungen unverhältnismäßig sind, sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. der mit der Beseitigung der die Benachteiligung begründenden Bedingungen verbundene Aufwand,
2. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der eine Diskriminierung bestreitenden Partei,
3. Förderungen aus öffentlichen Mitteln für die entsprechenden Maßnahmen,
4. die zwischen dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, LGBl. für Wien Nr. 44/2010, und der behaupteten Diskriminierung vergangene Zeit,
5. die Auswirkung der Benachteiligung auf die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz geschützten Personenkreises,
6. beim Zugang zu Wohnraum der von der betroffenen Person darzulegende Bedarf an der Benutzung der betreffenden Wohnung.
(3) Eine mittelbare Diskriminierung liegt nicht vor, wenn einschlägige Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit gelten und diese eingehalten werden.
(4) Erweist sich die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, als unverhältnismäßige Belastung im Sinne des Abs. 1, liegt dann eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn versäumt wurde, durch zumutbare Maßnahmen zumindest eine maßgebliche Verbesserung der Situation der betroffenen Person im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung zu bewirken. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit ist Abs. 2 heranzuziehen.
(5) Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

§ 4.
Rechtsschutz

(1) Bei Verletzungen des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) oder von Benachteiligungen gemäß Abs. 3 hat die benachteiligte Person neben dem Anspruch auf Ersatz eines allfälligen Vermögensschadens zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung einen Anspruch auf angemessenen Schadenersatz, mindestens jedoch auf 1.000 Euro. Liegt eine Mehrfachdiskriminierung vor, so ist darauf bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung Bedacht zu nehmen. Der Schadenersatzanspruch besteht gegen folgende Personen:
1. im Falle des § 1 Abs. 2 Z 1 und Z 2 gegen den jeweiligen zuständigen Rechtsträger;
2. im Falle des § 1 Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 gegen den jeweiligen ausgegliederten Rechtsträger oder die jeweiligen natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts.
(2) Bei der Geltendmachung von Ansprüchen gemäß Abs. 1 kann sich die benachteiligte Person auch – unbeschadet sonstiger gesetzlich vorgesehener Vertretungsrechte – von jeder rechtmäßigen Organisation im Umfang deren jeweiligen Zweckes vertreten lassen, sofern deren anerkannter und gemeinnütziger Zweck die Wahrung der Einhaltung der Bestimmungen der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl. Nr. L 180 vom 19. Juli 2000 S. 22 (,Antirassismusrichtlinie‘), und/oder der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16 (,Gleichstellungsrahmenrichtlinie‘), und/oder der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl. Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004 S. 37, ist. Weiters sind zur Vertretung gemeinnützige Vereinigungen berechtigt, die nach ihren satzungsmäßigen Zielen ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung des Diskriminierungsverbotes haben.
(3) Benachteiligungen wegen der Geltendmachung einer Diskriminierung oder Einleitung eines Verfahrens oder wegen einer Zeugenaussage oder sonstigen Mitwirkung in einem Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche auf Schadenersatz wegen Verletzung des Verbotes der Diskriminierung sind verboten. Dieses Benachteiligungsverbot gilt sinngemäß auch für das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 6.

§ 4a.
Geltendmachung von Ansprüchen

(1) Soweit über Ansprüche nach diesem Gesetz nicht nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes (AHG), BGBl. Nr. 20/1949, in der Fassung BGBl. I Nr. 194/1999, zu entscheiden ist, können diese bei den ordentlichen Gerichten nur geltend gemacht werden, wenn in der Sache vorher bei der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen ein Schlichtungsverfahren gemäß § 7a durchgeführt wurde.
(2) Die Klage ist nur zulässig, wenn nicht längstens innerhalb von drei Monaten ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens eine gütliche Einigung erzielt worden ist. Die klagende Partei hat der Klage eine Bestätigung der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen darüber anzuschließen, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte.
(3) Für die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs aus einer Belästigung gilt eine Verjährungsfrist von einem Jahr, für alle anderen Ansprüche eine Frist von drei Jahren.
(4) Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens (§ 7a Abs. 2) bewirkt die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. Die Zustellung der Bestätigung der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen an die eine Diskriminierung behauptende Person, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte (§ 7a Abs. 3), beendet die Hemmung. Die Bestätigung ist auf Antrag oder, wenn nach Ablauf der Frist gemäß Abs. 2 eine Einigung nicht mehr zu erwarten ist, amtswegig auszustellen.
(5) Nach Zustellung der Bestätigung steht der betroffenen Person zumindest noch eine Frist von drei Monaten zur gerichtlichen Geltendmachung offen.

§ 5.
Beweislastverteilung

Wird von einer benachteiligten Person in einem Verfahren vor Gericht gemäß § 4 eine Verletzung des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) oder von Benachteiligungen (§ 4 Abs. 3) glaubhaft gemacht, so hat die beklagte Partei zu beweisen, dass keine Verletzung des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) oder von Benachteiligungen (§ 4 Abs. 3) vorgelegen hat.

§ 6.
Strafbestimmungen

(1) Personen, die den Bestimmungen der §§ 2 oder 4 Abs. 3 zuwiderhandeln, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 1 090 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand des Art. III Abs. 1 Z 3 Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87, in der Fassung BGBl. I Nr. 20/2009, oder einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung darstellt.
(2) Wer entgegen seiner Verpflichtung gemäß
a) § 8 Abs. 1 der Leiterin oder dem Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen keine Auskünfte erteilt oder keinen schriftlichen Bericht abgibt oder die Einsicht in Unterlagen verwehrt, welche zur Überprüfung der Einhaltung des Verbotes der Diskriminierung und Benachteiligung erforderlich sind, oder die Besichtigung von Räumlichkeiten und Liegenschaften verwehrt,
b) § 8 Abs. 2 dem begründeten Verlangen der Leiterin oder des Leiters der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen innerhalb der angemessenen Frist nicht oder nicht vollständig nachkommt und dieser oder diesem keine sachliche Begründung für die Nichterfüllung, Teilerfüllung oder spätere Erfüllung des Verlangens schriftlich mitteilt,
c) § 8 Abs. 3 gegenüber der Leiterin oder dem Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen eine dienstliche Verschwiegenheit geltend macht oder der Leiterin oder dem Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen auf Verlangen bei begründetem Verdacht einer konkreten Verletzung des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) oder von Benachteiligungen (§ 4 Abs. 3) personenbezogene Daten, die sich unmittelbar auf die behauptete Diskriminierung beziehen, nicht übermittelt,
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 700 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu einer Woche zu bestrafen.

§ 7.
Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen

(1) Beim Amt der Wiener Landesregierung ist eine Stelle mit der Aufgabe der Bekämpfung von Diskriminierungen auf Grund der in § 2 Abs. 1 genannten Merkmale einzurichten. Die Wahrnehmung der Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Stelle hat durch die unabhängige Bedienstetenschutzbeauftragte oder den unabhängigen Bedienstetenschutzbeauftragten zu erfolgen. Das Amt der Wiener Landesregierung hat für die Bereitstellung der personellen und sachlichen Erfordernisse der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu sorgen.
(2) Zur Verwirklichung der im Abs. 1 genannten Aufgabe hat diese Stelle folgende unabhängig wahrzunehmenden Zuständigkeiten:
1. Unterstützung benachteiligter Personen bei der Rechtsverfolgung von Verletzungen des Verbotes der Diskriminierung durch Information und Beratung über die Möglichkeiten nach diesem Gesetz.
2. Durchführung von Schlichtungsverfahren gemäß § 7a betreffend vermutete Diskriminierungen gemäß § 2 und vermutete Benachteiligungen gemäß § 4 Abs. 3.
3. Durchführung von Grundlagenuntersuchungen und Studien, Sensibilisierungsmaßnahmen, Bewusstseinsbildung, Veröffentlichung von anonymisierten Berichten und Vorlage von Empfehlungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Diskriminierungen nach diesem Gesetz.
4. Pflege und Förderung des Dialoges mit privaten Organisationen, die nach ihren festgeschriebenen Zielen ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung des Verbotes der Diskriminierung haben, und betroffenen Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 und 3 sowie § 4 Abs. 3.
5. Begutachtung und Anregung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen.
6. Förderung, Schutz und Überwachung der Durchführung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl. III Nr. 155/2008.
(3) (Verfassungsbestimmung) Bei der Wahrnehmung der in Abs. 2 genannten Zuständigkeiten ist die oder der unabhängige Bedienstetenschutzbeauftragte an keine Weisungen gebunden. Die der oder dem unabhängigen Bedienstetenschutzbeauftragten zugeteilten Bediensteten sind bei der Wahrnehmung der in Abs. 2 genannten Zuständigkeiten nur an deren oder dessen Weisungen gebunden.
(4) Die Wiener Landesregierung ist berechtigt, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu unterrichten und hat dabei auf die in § 8 Abs. 4 festgelegte Verschwiegenheitspflicht Bedacht zu nehmen.
(5) Zur Förderung, zum Schutz und zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl. III Nr. 155/2008, ist die Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen unter Einbeziehung von
1. vier Vertreterinnen oder Vertretern der organisierten Menschen mit Behinderung,
2. einer Vertreterin oder einem Vertreter einer anerkannten im Bereich der Menschenrechte tätigen gemeinnützigen Nichtregierungsorganisation und
3. einer Expertin oder einem Experten aus dem Bereich der wissenschaftlichen Lehre
berufen. Die in den Z 1 bis 3 genannten Personen und ihre Stellvertreterinnen oder Stellvertreter werden von der Landesregierung unter Bedachtnahme auf die Vorschläge der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung (§ 38 Chancengleichheitsgesetz Wien) für die Dauer von fünf Jahren bestellt und sind in Ausübung dieser ehrenamtlichen Funktion weisungsfrei. Abs. 1 dritter Satz sowie Abs. 3 und 4 gelten sinngemäß auch für die Wahrnehmung dieser Aufgaben. Zur Verwirklichung der Aufgaben sind die in Abs. 2 Z 1, 3, 4 und 5 genannten Zuständigkeiten wahrzunehmen. Für die Teilnahme an Sitzungen werden die Kosten für die in Z 1 bis 3 genannten Personen für persönliche Assistenz sowie angemessene Reisekosten von der Gemeinde Wien getragen.

§ 7a.
Schlichtungsverfahren

(1) Bei der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen sind betreffend vermutete Diskriminierungen gemäß § 2 und vermutete Benachteiligungen gemäß § 4 Abs. 3 Schlichtungsverfahren durchzuführen.
(2) Das Schlichtungsverfahren beginnt mit der Einbringung des Antrags, mit dem Schlichtung begehrt wird, durch die eine Diskriminierung behauptende Person. Auf die Einbringung sind die §§ 13, 32 und 33 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009, anzuwenden.
(3) Das Schlichtungsverfahren endet mit der Einigung oder mit der Zustellung der Bestätigung der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte, an die eine Diskriminierung behauptende Person. § 8 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2004, ist anzuwenden.
(4) Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Amtshandlungen, Eingaben und Vollmachten sind von den durch Landesvorschriften vorgesehenen Verwaltungsabgaben und Gebühren befreit. Allfällige Dolmetsch- und Mediationskosten werden von der Gemeinde Wien getragen.

§ 8.
Auskunfts- und Verschwiegenheitspflichten

(1) In Wahrnehmung der Aufgabe des § 7 Abs. 2 Z 1 bis 3 und Abs. 5 ist die Leiterin oder der Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen berechtigt, Auskünfte einzuholen, schriftliche Berichte zu verlangen, Einsicht in alle die Einhaltung des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) und von Benachteiligungen (§ 4 Abs. 3) betreffenden Unterlagen zu nehmen und die in Betracht kommenden Räumlichkeiten und Liegenschaften zu besichtigen.
(2) Die Dienststellenleiterin oder der Dienststellenleiter, der Rechtsträger gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 und die natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts gemäß § 1 Abs. 3 haben begründetem Verlangen der Leiterin oder des Leiters der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes binnen einer von dieser oder diesem bestimmten angemessenen Frist Rechnung zu tragen oder den Grund für die Nichterfüllung, Teilerfüllung oder spätere Erfüllung des Verlangens schriftlich mitzuteilen.
(3) Gegenüber der Leiterin oder dem Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen kann im Geltungsbereich dieses Gesetzes keine dienstliche Verschwiegenheit geltend gemacht werden. Der Leiterin oder dem Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen sind auf Verlangen bei begründetem Verdacht einer konkreten Verletzung des Verbotes der Diskriminierung (§ 2) oder von Benachteiligungen (§ 4 Abs. 3) auch personenbezogene Daten zu übermitteln, die sich unmittelbar auf die behauptete Diskriminierung beziehen.
(4) Die Leiterin oder der Leiter der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen sowie die Personen gemäß § 7 Abs. 5 sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen von einer benachteiligten Person gemachten Mitteilungen verpflichtet, die der Sache nach oder auf Wunsch der benachteiligten Person vertraulich zu behandeln sind. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung der Funktion der Leiterin oder des Leiters der Stelle zur Bekämpfung von Diskriminierungen oder der Mitwirkung an der Aufgabe gemäß § 7 Abs. 5.
(5) Die Personen gemäß § 7 Abs. 5 unterliegen der Amtsverschwiegenheit im selben Ausmaß wie der oder die unabhängige Bedienstetenschutzbeauftragte.

§ 9.
Förderungen und positive Maßnahmen

(1) Die Vergabe von Förderungen des Landes und der Gemeinde Wien darf ausschließlich an natürliche oder juristische Personen erfolgen, die das Verbot der Diskriminierung (§ 2) und Benachteiligung (§ 4 Abs. 3) beachten. Die förderungswerbenden Personen haben eine diesbezügliche Erklärung der Haftungsübernahme abzugeben.
(2) Positive Maßnahmen zur Gewährleistung der vollen Gleichstellung, mit denen Benachteiligungen auf Grund eines in § 2 Abs. 1 genannten Merkmales verhindert oder ausgeglichen werden, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Gesetzes.

§ 10.
Verpflichtung des Landes und der Gemeinde Wien

Das Land und die Gemeinde Wien verpflichten sich, die geeigneten und konkret erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu ihren Leistungen und Angeboten ohne Diskriminierung im Sinne des § 2 Abs. 1 zu ermöglichen. Insbesondere hat die Gemeinde Wien nach Anhörung der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung (§ 38 Chancengleichheitsgesetz Wien) bis zum 30. Juni 2012 einen Plan zum Abbau baulicher Barrieren für die von ihr genutzten Gebäude zu erstellen und die etappenweise Umsetzung vorzusehen.

§ 11.
Umsetzung von Gemeinschaftsrecht

Durch dieses Gesetz werden Bestimmungen folgender Richtlinien umgesetzt:
1. Richtlinie 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft, ABl. Nr. L 180 vom 19. Juli 2000, S. 22,
2. Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl. Nr. L 373 vom 21. Dezember 2004, S. 37,
3. Richtlinie 2010/41/EU zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, und zur Aufhebung der Richtlinie 86/613/EWG, ABl. Nr. L 180 vom 15. Juli 2010, S. 1.

§ 12.
In-Kraft-Treten

(1) (Verfassungsbestimmung) § 7 Abs. 3 tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) Die übrigen Bestimmungen dieses Gesetzes treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.


[1] CELEX-Nr.: 32000L0043
[2] CELEX-Nrn.:32000L0043, 32004L0113 und 32010L0041
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