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Trauerakt vom 8.11.2008  -  Seite 4 von 4

 

Er war Vorsitzender der Tschechisch-Österreichischen Gesellschaft. Er hat die direkten Debatten und Diskussionen zwischen den Bürgern von Prag und Wien ausgestrahlt. Und es war damals sehr progressiv und dynamisch. Er ist der Ehrenbürger Prags.

 

Er hat tschechische und slowakische Exil-Politiker unterstützt, aber er hat auf verschiedene Arten auch die inländische Opposition unterstützt. Und der Eiserne Vorhang konnte fallen, weil er von beiden Seiten angebohrt wurde. Er gehörte zu jenen, die sich um diesen Fall verdient gemacht haben und er hat sich um das freie Leben von vielen Europäern verdient gemacht.

 

Und vielleicht haben wir ihn auf Grund unserer Unkenntnis auch Unrecht getan, vielleicht haben wir ihn verletzt und ich möchte mich im Namen der Tschechen jetzt bei ihm entschuldigen.

 

Österreich hat unlängst 90 Jahre seines Bestehens gefeiert und ich glaube, es ist sehr gut, dass während dieser 90 Jahre solche Menschen in Österreich gelebt haben wie Helmut Zilk.

 

Bundespräsident Dr Heinz Fischer: Liebe Dagmar! Verehrte Angehörige des Verstorbenen! Herr Staatspräsident Havel! Herr Bürgermeister! Geschätzte Trauergemeinde!

 

Die Nachricht war so bitter, wie eine Nachricht nur sein kann, die uns unwiderruflich mit der Tatsache konfrontiert, dass man eine Stimme, die so vertraut ist, nicht mehr hören wird, einen Dialog nicht mehr fortsetzen kann und einem Menschen nicht mehr begegnen wird, den man ganz besonders geschätzt hat.

 

Eine solche Nachricht war der Anruf des Herrn Bürgermeisters am 24. Oktober in der Früh mit der Mitteilung, dass Helmut Zilk in den Morgenstunden dieses Tages nach einem erfüllten Leben verstorben ist.

 

Der Tod von Helmut Zilk hat in ganz Österreich unglaubliche Betroffenheit ausgelöst. Politiker und Politikerinnen aus allen Parteien haben ihn gewürdigt als Ausnahmepolitiker, als Brückenbauer, als leidenschaftlichen Gestalter. Man hat seine Nähe zu den Menschen in Erinnerung gerufen. Tatsächlich, Österreich verdankt ihm sehr viel und Wien erst recht.

 

Helmut Zilk hat sich alles, auch das, was heute über ihn gesagt wurde, hart erarbeitet. Er ist in den sechziger Jahren über das Fernsehen weit bekannt geworden und über seine Leistungen auf diesem Gebiet ist schon gesprochen worden.

 

Als er Ende der siebziger Jahre Wiener Kulturstadtrat wurde, hat es auch unterschiedliche Stimmen gegeben, aber die meisten Kulturschaffenden oder viele jedenfalls, haben applaudiert und wie sich herausgestellt hat, zu Recht.

 

Am 24. Mai 1983 sind wir gemeinsam als Mitglieder der Regierung Sinowatz angelobt worden und Tür an Tür am Minoritenplatz eingezogen. Helmut Zilk als Unterrichtsminister und ich als Wissenschaftsminister. Wir haben gut und kameradschaftlich zusammengearbeitet. Dann hat Bürgermeister Gratz das Amt des Außenministers übernommen und Helmut Zilk wurde sein Nachfolger als Wiener Bürgermeister und Landeshauptmann. Eine große Aufgabe. Und er hat in dieser Funktion Großes bewirkt, ohne auf die kleinen Sorgen, auf die vielen kleinen Sorgen zu vergessen. Er dachte regional und international. Er konnte die Lust an der Kontroverse mit Streitkultur und Durchsetzungsvermögen mit Toleranz verbinden.

 

Nicht zu Unrecht hat seine Eminenz Kardinal Schönborn in einem Nachruf auch auf die Verdienste von Helmut Zilk um die guten Beziehungen zwischen Staat und Kirche in Wien und in Österreich verwiesen.

 

Eines möchte ich auch, gerade heute am Vorabend des 70. Jahrestages der so genannten Reichskristallnacht, die eine Pogromnacht war, hervorheben. Die klare und unmissverständliche Gegenposition von Helmut Zilk zu totalitären Systemen und im Besonderen zum Nationalsozialismus. Seine entschiedene Verurteilung jeder Form von Rassismus und Antisemitismus war notorisch. Die Gründung des Jüdischen Museums in Wien, das jetzt seinen 15. Geburtstag feiert, der gar nicht so unumstrittene Auftrag an den Bildhauer Alfred Hrdlicka für das Denkmal des gedemütigten Judens vor der Wiener Albertina, seine heute schon erwähnte Freundschaft mit dem Jerusalemer Bürgermeister Teddy Kollek und seine Haltung bei vielen anderen Fragen sprechen eine deutliche Sprache.

 

Meines Erachtens war es kein Zufall, dass ein verbrecherischer Fanatiker Helmut Zilk zum Ziel eines Briefbombenattentats gemacht hat und ihm dadurch eine im wahrsten Sinne des Wortes lebensgefährliche Verletzung zugefügt hat, die ihn für den Rest seines Lebens gezeichnet hat.

 

Hochverehrte Trauergemeinde! Als Bundespräsident möchte ich auch die Verdienste des Verstorbenen um die österreichische Landesverteidigung und um das österreichische Bundesheer würdigen. Vielleicht mit ein paar zusätzlichen Sätzen zu dem, was dazu gesagt wurde.

 

Bereits als Wiener Bürgermeister war Helmut Zilk dem Bundesheer eng verbunden und dann in den Jahren 2003, 2004 war er Vorsitzender der Bundesheerreformkommission, und ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet, mit welcher Begeisterung und mit welchem Einsatz er an der Arbeit war. Unter seiner Leitung wurden wichtige Entscheidungen zur Reform des Österreichischen Bundesheeres erarbeitet und ihm ist es gelungen, dabei Konsens herbeizuführen, obwohl das gar nicht einfach war.

 

Liebe Dagmar! Helmut hat niemanden unberührt und unbeeindruckt gelassen. Er war herzlich und fürsorglich. Er hatte eine Meinung und sagte sie auch laut und deutlich. Manchmal hat er sich geirrt, sehr oft hat er recht behalten. Jedenfalls hat er einen unverrückbaren festen Platz in der Geschichte dieser Stadt und in der Geschichte unseres Landes. Und vor allem einen festen Platz in den Herzen von so vielen Menschen.

 

Es ist schmerzlich, von ihm Abschied zu nehmen. Möge es diesen Abschied ein wenig erleichtern, wenn ich in dieser Stunde die wirkliche Dankbarkeit der Republik für das Lebenswerk von Helmut Zilk zum Ausdruck

 

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