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Landtag, 19. Sitzung vom 26.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 39

 

rend der Corona-Pandemie in den letzten Jahren dazu geführt, dass viel mehr Kinder psychologische Anlaufstellen in Wien gebraucht hätten, die es aber nicht oder in viel zu geringem Ausmaß gegeben hat. Auch der Ausbau geht viel zu schleppend und viel zu langsam vor sich. Es gibt viel zu wenige Betreuer in den WGs der Wiener Kinder- und Jugendhilfe. Es gibt viel zu wenige Krisenpflegeeltern, und die Corona-Maßnahmen, die ja insbesondere in Wien auch viel länger angedauert haben als im Rest Österreichs und zum Teil auch viel schärfer waren, haben diese Problemsituation schlichtweg ja auch noch verschärft.

 

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft gibt es seit dem Jahr 1991, seit mittlerweile 32 Jahren. Vom ersten Jahr an war es üblich, dass es in der Leitung sozusagen Geschlechterparität gibt, nämlich sowohl einen Anwalt als auch eine Anwältin, also Mann und Frau in der Führung. Darauf waren wir auch besonders stolz. Ich habe mir beim Presseinformationsdienst beim 25-jährigen Jubiläum angeschaut, wie wegweisend Wien da war, dass die Leitung seit 1991 von einem Mann und einer Frau besetzt ist. Jetzt, im Jahr 2023, erachtet man das offensichtlich nicht mehr als notwendig.

 

Wie gesagt, wir haben so manche Diskussion hier auch sehr intensiv geführt. Es ist so, dass Herr Nik Nafs, der Kinder- und Jugendanwalt, seine Funktion von einem Tag auf den anderen zur Verfügung gestellt hat und jetzt offensichtlich ein Projekt, das er selbst auch mitinitiiert hat, lieber betreut. Auch auf Nachfrage bei den politischen Führungsfraktionen der Regierungsfraktionen hier in diesem Haus hat es keinerlei Informationen gegeben, was denn so plötzlich zu diesem Rücktritt geführt hat. Man kann alles Mögliche anführen. Ich hoffe nicht, dass berufliche Gründe der Grund sind. Nachdem es aber keine Äußerungen dazu gibt, lässt die Vermutung das durchaus zu. Private Gründe kann es ebenfalls geben. Sie sind natürlich selbstverständlich zu akzeptieren.

 

Unsere Position als Freiheitliche ist mit Sicherheit nicht diejenige, dass man eine Funktion oder Leitung zwingend immer durch zwei Personen ... oder dass man darauf Wert legen muss, dass das beide Geschlechter sind. Allerdings haben wir, wie ich bereits erwähnt habe und insbesondere, wenn man diesen Mängelkatalog der Kinder- und Jugendanwaltschaft hernimmt, einfach eine Verschlechterung der Gesamtsituation für Kinder und Jugendliche in dieser Stadt - insbesondere in Zeiten wie diesen. Wir führen ja heute Diskussionen über die Problemstellungen von Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt. Gestern hatten wir wieder einen Förderskandal, morgen haben wir eine Sondersitzung. Laufend thematisieren wir Themen, die Kinder und Jugendliche betreffen. Jetzt halten wir es für die schlechteste aller Maßnahmen - das sage ich Ihnen schon ganz einfach -, dass Sie jetzt die Maßnahme ergreifen, die Leitung auf eine Person zu beschränken, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich glaube, in Zeiten wie diesen wird die Arbeit im Kinder- und Jugendbereich nicht weniger. Die Kinder- und Jugendanwälte sind mit Sicherheit nicht immer diejenigen, die jeden einzelnen Fall persönlich entgegennehmen, aber sie sind gewissermaßen schon auch die Aushängeschilder nach außen hin, egal, ob das ein männlicher oder ein weiblicher Jugendlicher ist. Der eine fühlt sich angesprochen, wenn es einen weiblichen Kinder- und Jugendanwalt gibt, der andere halt vielleicht eher bei einem männlichen. Wie bereits erwähnt: Die Arbeit wird auch nicht zwingend weniger. Insofern halten wir das für eine absolut falsche Maßnahme und sehen das in Zeiten wie diesen absolut nicht ein.

 

Wir sehen auch nicht ein, dass hier offenbar begonnen wird, irgendwo im Kinder- und Jugendhilfebereich zu sparen. Gestern haben wir noch 5 Millionen EUR aus dem Bildungs- und Jugendressort zusätzlich für die Volkshilfe beschließen müssen. Wir haben Förderbetrug en masse, und so weiter, und so fort, und jetzt beginnen wir plötzlich, bei der Vertretung von Kindern und Jugendlichen zu sparen. Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, das sehen wir als Freiheitliche absolut nicht ein.

 

Ich glaube, dass es sich rein von der Entstehung her durchaus bewährt hat, die Leitung - wie gesagt: seit dem Jahr 1991 - entsprechend mit Mann und Frau zu besetzen. Was Sie jetzt als Begründung anführen, nämlich dass die Vorteile einer Leitung einer Organisation durch eine Person in der Verwaltungswissenschaft belegt sein sollen und eine monokratische Leitung der Kinder- und Jugendanwaltschaft angestrebt wird: Meine Damen und Herren, die Kinder- und Jugendanwaltschaft ist keine Behörde in Wien, sondern sie ist eine weisungsfreie Ombudsstelle. Das soll sie auch in Zukunft bleiben. Sie soll nicht unter dem politischen Druck des entsprechenden Ressorts stehen, sondern wirklich Kindern und Jugendlichen in dieser Stadt zur Verfügung stehen.

 

Dementsprechend werden wir dem hier sicherlich nicht zustimmen. Worauf es unterm Strich nämlich hinausläuft, ist eine Schwächung der Kinder- und Jugendanwaltschaft in Wien. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Bakos. Ich erteile ihr das Wort.

 

12.30.01

Abg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS)|: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Landesrat! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher!

 

Die Wortmeldung von Herrn Kollegen Berger erstaunt mich ein bisschen, weil es immer die FPÖ ist, die gegen jeden einzelnen Kinder- und Jugendakt hier stimmt. Jetzt tun Sie so, als wären Sie die Großen. Also, ich kann mich an sehr viele Abstimmungsergebnisse erinnern, bei denen Sie absolut nicht dafür waren, aber sei es drum. (Abg. Stefan Berger: Wenn man so einen Blödsinn sagt!) Ja, mit dieser Gesetzesänderung erhält die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft eine neue Führungsstruktur. Wir folgen nämlich dem strukturellen Vorbild anderer Kinder- und Jugendanwaltschaften - im Übrigen in allen anderen acht Bundesländern. Wir schaffen eine einheitliche Ansprechperson für alle Kinder und Jugendlichen, gerade weil uns die Anliegen und Rechte von Kindern und Jugendlichen wichtig sind. (Beifall bei den NEOS sowie von Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher und Abg. Petr Baxant, BA.)

 

Durch diese Gesetzesänderung wird die Kinder- und Jugendanwaltschaft nämlich strukturell klarer aufgestellt, indem wir eine monokratische Leitung implementieren.

 

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