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Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 84

 

ein Kopf in den Sand Stecken, wenn man dem nicht Rechnung trägt.

 

Warum ist das Thema Ausbildung so wichtig? Es ist auch ein Herzensanliegen für mich und auch für die Wiener Volkspartei. - Weil eine gute Ausbildung der jungen Kolleginnen und Kollegen und auch der Pflegekräfte ein Garant dafür ist, dass wir auch in Zukunft ein qualitätsvolles und funktionierendes Gesundheitssystem für alle Wienerinnen und Wiener haben werden. Die Rahmenbedingungen sind schwer, um eine adäquate Ausbildung zu ermöglichen.

 

Erstens wird es in den nächsten zehn Jahren eine Pensionierung von zahlreichen Fachärztinnen und Fachärzten geben und dadurch wird es zu einem ordentlichen Braindrain aus dem Spitalsbereich kommen. Durch das vorliegende Gesetz können Sie sich das leicht ausrechnen, Sie haben ja dann Einsicht in die Ärzteliste. Außerdem wird das Arbeitszeitgesetz bald keine Ausnahmen, wie zum Beispiel die „Opt-out“-Lösungen, mehr bieten, denn derzeit sind Wochenarbeitszeiten - da werden sich jetzt die Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen anhalten und tief Luft holen müssen - von bis zu 72 Stunden pro Woche möglich. Durchschnittlich sollen 48 Stunden nicht überschritten werden, werden sie aber derzeit. Die Ausbildungsordnungen, die derzeitig vorliegen, basieren auf Zeiten, wo es noch gar kein Arbeitszeitgesetz gegeben hat. Da wurden noch viel längere Zeiten im Spital verbracht. Jetzt ist es so, dass die Kolleginnen und Kollegen diese Arbeitszeit einhalten müssen und damit auch weniger Erfahrungen sammeln können, weil sie weniger Zeit im Spital verbringen.

 

Ein weiterer Aspekt ist zu beachten. Die Gesundheitsberufe werden immer mehr bevorzugt durch Frauen angetreten. Es ist verständlich, dass junge Frauen auch andere Bedürfnisse haben, vor allem in Bezug auf die Kinderbetreuungszeiten. (Abg. Dr. Jennifer Kickert: Das betrifft nicht nur Frauen! Tut mir leid! Das ist ein echtes Bedürfnis!) Bis jetzt wurden die Ausbildungsstellen von den Ärztekammern monitiert und auch visitiert und überprüft. Ich bin der festen Überzeugung, das soll auch weiterhin so passieren, nur muss man das auch festlegen und benennen. Die Ausbildungen werden von den Fachgesellschaften laufend adaptiert und sollten auf den neuesten Stand der Wissenschaft gebracht werden.

 

Grundsätzlich braucht Wien eine Ausbildungsoffensive für alle Gesundheitsberufe, und da braucht es auch ein bisschen mehr Feingefühl und ein bisschen mehr Hirn dazu. Da geht es nicht um die Gehälter, es geht auch darum, wie man mit älteren Kolleginnen und Kollegen umgeht, die ihr Wissen eigentlich vermitteln sollten. Bis jetzt ist es so, wenn man ausbildender Arzt ist, hat man weder einen finanziellen noch einen zeitlichen Benefit davon. Man hat einfach nur das Dankeschön der jungen Kollegen. Das ist zwar auch schön, aber trotzdem wird es in Zukunft nicht reichen. Wir brauchen Anreize, um die Ausbildungen besser zu gestalten, zum Beispiel, dass man ältere Fachärzte über zum Beispiel 60 Jahre von Nachtdienstverpflichtungen befreit und dafür diese Zeit in Ausbildung investiert.

 

Ebenso gilt das im Pflegebereich. Auch die Pflegeausbildung muss viel bunter werden. Es braucht mehr Multiprofessionalität und auch mehr Kompetenzerweiterung, vor allem im Bereich der Pflegeassistenten und PflegefachassistentInnen. Wenn man sich in Tirol oder Salzburg umschaut, gibt es schon die Möglichkeit zur Ausbildung einer Operationstechnischen Assistenz, die durchaus sinnvoll ist und in angloamerikanischen Staaten schon längst umgesetzt wurde. Es braucht einen einfacheren Zugang und einen praxisorientierten Zugang zu den Pflegeberufen auch für Nicht-EU-Bürger, und das muss man adäquat ermöglichen.

 

Zuletzt zum Thema Bürokratie: Vor 20 Jahren hat eine Krankengeschichte eine Dicke von 5 cm gehabt. Wenn Sie jetzt eine Krankengeschichte mit dem gleichen Fall vor sich liegen haben, beträgt die Dicke der Krankengeschichten ungefähr 25 cm - das ohne jeden nennenswerten Informationszugewinn. Worauf basiert das? - Der höchste Zuwachs des Spitalspersonals war im Bereich der Verwaltung. Das Verwaltungspersonal hat um 10 Prozent zugenommen. Jedes Verwaltungspersonal holt einen neuen Zettel heraus, den man ausfüllen darf, und so kommt es zu einer sinnlosen Vervielfachung der Bürokratie auf Kosten der Ausbildungszeit.

 

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, es ist im Bereich der Ausbildung im Gesundheitssystem noch viel zu tun. Wir werden nicht müde werden, entsprechende Begleitmaßnahmen zu fordern und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Parteien und allen Stakeholdern in diesem Bereich. Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort übergebe, eine Bitte an die Technik: Mir ist gerade zugetragen worden, dass man recht schlecht versteht und dass es auch immer Pfeiflaute, scheinbar Rückkopplungen, gibt. Vielleicht kann man sich das kurz näher ansehen. Vielen herzlichen Dank.

 

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abg. Deutsch. Ich erteile es ihm.

 

15.38.08

Abg. Christian Deutsch (SPÖ)|: Herr Präsident! Herr Landesrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich kann eigentlich unmittelbar an Kollegen Gorlitzer anschließen und festhalten, dass der größte Ausbildner im Gesundheitswesen in Wien der Wiener Krankenanstaltenverbund ist, hier auch große Leistungen erbracht werden und dass es natürlich das Interesse aller sein muss, dass es eine gute, qualitätsvolle Ausbildung gibt und dafür auch die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

 

Das ist ja auch immer wieder ein Thema, das in der Gesundheitsplattform angesprochen wird, etwa, wenn ich daran denke, dass es darum geht, den Ausbildungsschlüssel zu verändern. Da werden sich viele bewegen müssen. Auch die Ärztekammer wird sich hier bewegen müssen, die auch eingeladen ist, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, eine Einladung, die ja auch immer wieder von unserem Gesundheitslandesrat ausgesprochen wurde.

 

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