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Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 84

 

Selbstversorgungsgrad mit Gemüse. Wir sind Österreich-weit auch führend, was die Flächen für den Gemüseanbau betrifft. Wenn wir uns die Erntezahl anschauen, sind wir auch an zweiter Stelle. Wir sind Österreich-weit die größten GurkenproduzentInnen, was uns ja auch den Namen Gurkenhauptstadt beschert hat. Das kann man gut oder schlecht finden, aber wir sind auf jeden Fall Nummer 1 bei der Gurkenproduktion.

 

Es ist sehr positiv zu erwähnen, dass wir uns mit regionalem Gemüse gut versorgen können, aber das ist gleichzeitig auch ein zweischneidiges Schwert. Natürlich ist Regionalität gut, aber Regionalität ist nicht automatisch ökologischer. Ein regionales Produkt ist in der Produktion nicht automatisch besser als ein nichtregionales Produkt. Wenn man sich beispielsweise die Klimabilanz von Paradeisern anschaut, die in Wien produziert werden, die außerhalb der Saison produziert werden, und diese mit Paradeisern vergleicht, die zum Beispiel aus Spanien von weit her transportiert werden, dann muss man leider sagen, dass die Klimabilanz von den weit her transportierten spanischen Paradeisern besser ist. Das liegt daran, dass die Glashäuser, wo die Pflanzen wachsen, sehr oft mit Gas beheizt werden, und ich brauche Ihnen nicht erklären, dass Erdgas ein fossiler Brennstoff ist und dass das die Klimabilanz dieser Paradeiser leider zusammenhaut.

 

Wir stehen also gerade vor dem Problem, dass die Hauptkulturen Paradeiser, Gurken, Paprika in Wien überwiegend im Glashaus produziert werden, dass diese Glashäuser eben mit Gas beheizt werden und dass aber auch immer mehr KonsumentInnen auf Regionalität Wert legen. Da gibt es eine Studie aus Deutschland, die besagt, dass 83 Prozent der KonsumentInnen Wert auf Regionalität legen, das heißt, das ist für sie ein großer Entscheidungsfaktor beim Einkauf. Saisonalität allerdings nicht - und da haut es das eben zusammen.

 

Das ist genau das Problem, das wir haben, und es ist die Frage: Was tun wir jetzt damit? Sagen wir jetzt den Leuten: Ja, bitte ernährt euch saisonal, das wäre das Beste? Das kann man schon machen, man kann sich überlegen, ob man Bewusstseinsbildungsmaßnahmen macht und hofft, dass es sozusagen der Markt regelt und sich das Problem löst. Nur erstens einmal wissen wir eh, wie gut das mit der persönlichen Entscheidung von KonsumentInnen funktioniert und wie wirkungsvoll das ist. Zweitens frage ich mich auch, was das den Wiener Gartenbaubetrieben bringen würde, wenn jetzt alle die Produkte, die nicht in Wien produziert werden, gekauft werden. Drittens müssen wir endlich damit aufhören, die Verantwortung für Umwelt und Klimaschutz bei den KonsumentInnen zu suchen, sondern es ist unsere Aufgabe als Politik, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit wir eine umwelt- und klimafreundliche Produktion in Wien überhaupt ermöglichen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Daher brauchen wir Lösungen für den Wiener Gartenbau, für eine fossilfreie Energieversorgung von Gartenbaubetrieben in Wien. Daher stelle ich heute auch den Antrag mit dem Titel „Klimaneutraler Gartenbau in Wien“, in dem der Herr Amtsführende Stadtrat als zuständiges Mitglied der Landesregierung ein Konzept für den klimaneutralen Gartenbau in Einklang mit den Zielen der Klimaneutralität bis 2040 vorzulegen hat. (Abg. Anton Mahdalik: Habt ihr auch Vorschläge, wie ihr die Glashäuser heizt?) Ich ersuche um Zustimmung. Herzlichen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Anton Mahdalik: Ein paar konkrete Vorschläge hätte ich gerne, wie ihr das heizt! Mit dem Windradel?)

 

Herr Kollege, da Sie mir jetzt reinsprechen: Ich möchte auch noch erwähnen, dass die Wiener Landwirtschaftskammer genau das Gleiche fordert. Vielleicht sollten Sie bei Ihren Gremien zuhören.

 

Präsident Ernst Woller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Holzmann. Ich erteile Ihm das Wort.

 

14.20.29

Abg. Ernst Holzmann (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Herr Landesrat! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Wiener Landtages!

 

Wir haben heute den Wiener Landwirtschaftsbericht über den Zeitraum 2017 bis 2021 auf der Tagesordnung. Dieser Bericht zeigt immer sehr gut einen Überblick, wie es der Landwirtschaft in Wien, aber auch darüber hinaus geht, weil natürlich immer auch Vergleiche mit Österreich vermerkt sind. Er gibt auch einen ganz guten Überblick über die Nutzungsvielfalt der Flächen und der Betriebe in unserer Stadt.

 

Der Stellenwert der Wiener Landwirtschaft oder generell der Landwirtschaft ist nicht zuletzt auf Grund des Ukraine-Kriegs deutlich gestiegen. Es ist mehr ins Bewusstsein gerückt, dass es nicht ganz gleichgültig ist, wo produziert wird, wo es Lebensmittel gibt. Es ist auch in Richtung Versorgungssicherheit eine ganz wichtige Sache, die auch entsprechend gefördert werden muss, weil nicht alle Kosten, die ein Landwirt zu tragen hat, der Markt auch abdeckt. Ganz wichtig sind auch gerechte Förderungen auf allen Ebenen, sei es sowohl von der Europäischen Union als auch Förderungen des Bundes und natürlich auch des Landes.

 

Ganz wichtig ist hier auch das Bekenntnis zur biologischen Landwirtschaft. Auch das ist aus diesem Bericht sehr gut herauslesbar, dass man weiterhin den Anteil an biologisch produzierten Produkten steigern möchte. Hatten wir 2010 noch einen Anteil von 15,1 Prozent in Wien, ist dieser 2020 bereits auf 22,4 Prozent gestiegen. Ziel ist es auch, dass wir mit dem Strategieplan der Landwirtschaftskammer, Zukunft Stadtlandwirtschaft Wien 2025, Erster in Österreich werden und unseren Anteil auf 30 Prozent und mehr steigern können. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wichtig ist natürlich auch hier, dass man es den Landwirtinnen und Landwirten ermöglicht, ihre Produktion auch weiter auszuführen und gesichert zu haben. Da haben wir einen jetzt bereits auslaufenden, aber bereits in Evaluierung befindenden Agrarstrukturellen Entwicklungsplan, wo unter besonderen Bedingungen auch Vorranggebiete für Landwirtschaft definiert wurden. Wie gesagt, dieser AgSTEP soll dann bereits zirka in einem Jahr, rechtzeitig bevor der neue Stadtentwicklungsplan beschlossen wird, in diesen Stadtentwicklungsplan einfließen können, um weiterhin langfristig die landwirtschaftlichen Flächen in der Stadt entsprechend zu sichern.

 

Ich möchte es nicht ganz verschweigen, mir ist leider auch ein bisschen aufgefallen, dass die Entwicklung von

 

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