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Landtag, 17. Sitzung vom 23.11.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 84

 

Abg. Wolfgang Seidl (FPÖ)|: Danke. Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Werte Volksanwälte! Meine Damen und Herren!

 

Nachdem die Vorrednerin meiner Fraktion, Veronika Matiasek, schon sehr viel über den Volksanwaltschaftsbericht gesagt hat, habe ich mir gedacht, ich möchte nur ganz kurz auf mehr oder weniger ein Thema eingehen, das mir halt wirklich sehr am Herzen liegt, das ist die Wiener Mindestsicherung. Wir werden heute am Nachmittag noch zu einem Dringlichen Antrag eine Mindestsicherungsdebatte haben, so wie wir sie schon sehr oft gehabt haben. Mindestsicherung ist ja auch ein Thema, das im Volksanwaltschaftsbericht auf Seite 80 und folgende doch ein bisserl Platz einnimmt und unter anderem steht da ein Satz drinnen, den ich auch heute in der Früh bei der mündlichen Anfragebeantwortung Herrn StR Hacker vorgelesen habe, und ich habe ihn gefragt, wie er diesen interpretiert. Deshalb wär‘ es vielleicht auch interessant, wenn uns dann Herr Volksanwalt Mag. Achitz vielleicht sagt, wie er das gemeint hat, denn ich verstehe es so, dass die Wiener Mindestsicherung noch immer nicht verfassungskonform ist.

 

Der Satz lautet wie folgt: „Zwar wurden mit der Novelle LGBI. 22/2020 geringfügige Anpassungen vorgenommen, die umfassende Umsetzung der grundsatzgesetzlichen Vorgaben ist aber - mehr als zwei Jahre nach Ablauf der vorgegebenen Frist - immer noch ausständig.“ Wie gesagt, ich verstehe diesen Satz so, dass gerade beim Wiener Mindestsicherungsgesetz noch einiges zu tun ist. Es wird halt wieder einmal einen Vorschlag von uns geben, der die Wiener Mindestsicherung verfassungskonform aufstellen würde, aber ich befürchte halt, in diesem Haus gibt es keine Mehrheit dafür - das ist so. Wie gesagt, die Volksanwaltschaft weist in jedem Bericht darauf hin. Herr Volksanwalt Achitz hat, nehme ich an, diesen Satz da reinschreiben lassen, trotzdem ist es der Stadt Wien angeblich, oder ist es nicht angeblich, sondern es ist ihr vollkommen egal. StR Hacker, der ja selbst kein Jurist ist, sagt dann: Nein, das ist juristisch alles in Ordnung, und was die Volksanwaltschaft sagt, ja, sei‘s drum, uns ist das egal, wir machen das in Wien so, wie wir es machen wollen. Ist so, Punkt, passt. - Ja, da sind wir halt der Meinung, es passt halt eben nicht!

 

Wie gesagt, gerade bei der Mindestsicherung haben wir meiner Meinung nach nicht nur die Verfassungskonformität herzustellen, sondern da gibt es auf den Seiten 81 und weitere doch ein paar interessante Punkte, die ich Ihnen jetzt nicht alle vorlesen möchte, weil die Einzelschicksale, die da dahinterstehen, natürlich ein Hammer sind. Es reicht aber, glaube ich, wenn man nur die Überschriften vorliest und man sich dann mehr oder weniger denken kann, was da für Schicksale dahinterstecken: „Gesetzwidrige Bearbeitungsdauer von Mindestsicherungsanträgen“, „Versagung der Mindestsicherung trotz Erfüllung der Mitwirkungspflicht“, „Rechtswidrige Einstellung und Nichtgewährung von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung“, „Rechtswidrige Bemessung der Höhe der Mindestsicherung“ und auch „Rechtswidrige Rückforderung von Mindestsicherung“. - Das heißt, gerade in den Punkten, denke ich einmal, ist es augenscheinlich, dass gerade in der Magistratsabteilung 40 - das ist jene Magistratsabteilung, die dafür zuständig ist - noch sehr viel zu tun ist. Ich weiß nicht, müsste man die personell aufstocken? - Ich habe keine Ahnung. Immer wenn wir mehr oder weniger das Angebot machen: Na, setzen wir uns einmal zusammen, reden wir darüber, woran es denn hapert, heißt es eben vom zuständigen Stadtrat Hacker: Nein, nein, wir machen das schon! - Na ja, das „Wir machen das schon.“ nimmt dann, wie gesagt, jedes Jahr viel Platz im Bericht der Volksanwaltschaft ein.

 

Wie gesagt, ich möchte jetzt keine Mindestsicherungsdebatte abführen, die werden wir heute am Nachmittag haben, aber ein paar Zahlen kann ich Ihnen einfach nicht ersparen, denn da braucht man jetzt nicht ein großer Ökonom zu sein und da braucht man auch nicht der größte Jurist zu sein, um eben nur augenscheinlich zu sehen, dass in Wien einiges nicht passen kann.

 

Wenn man sich die zwei Bundesländer, die vergleichsweise genau so groß sind wie Wien, nämlich Niederösterreich und Oberösterreich, anschaut, und wenn man weiß, dass Niederösterreich 60 Millionen EUR pro Jahr für die Mindestsicherung braucht und Oberösterreich 40 Millionen EUR pro Jahr für die Mindestsicherung braucht - Tendenz übrigens in beiden Bundesländern sinkend -, und dass wir in Wien, meine Damen und Herren, mit 750 Millionen EUR in diesem Jahr unter Garantie nicht auskommen, dann zeigt das ja augenscheinlich, dass da irgendetwas nicht funktionieren und passen kann. Das Problem ist nur, dass es euch von den Regierungsfraktionen halt vollkommen egal ist. Ich meine, es war den NEOS in der letzten Periode nicht so ganz egal. Auch Sie haben immer wieder kritisiert, dass es da noch viel Nachholbedarf gibt. Das hat sich seit 2020 geändert, mittlerweile ist eh alles super und eh alles toll, gut. Die GRÜNEN haben das Mindestsicherungsgesetz gemeinsam mit den Sozialisten erfunden. Da ist wahrscheinlich auch nicht sehr viel zu erwarten. Ja, und somit bleiben halt nur wir Freiheitliche, die weiterhin darauf hinweisen, dass da noch sehr, sehr viel Luft nach oben ist, sehr, sehr viele Dinge passieren müssen, um das, wie gesagt, nicht nur verfassungsrechtlich gescheit aufzustellen, sondern damit sich da auch wirklich nachhaltig etwas ändert. À la longue werden wir uns das nicht leisten können, wir werden in den nächsten Jahren an der Milliarden-Euro-Grenze schrammen.

 

Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein, dass wir heute jeden 12. bis 13. Euro, den wir als Stadt Wien als Einnahme haben, für die Wiener Mindestsicherung ausgeben müssen. Ich habe heute die aktuelle Zahl bekommen: von 125.000 Mindestsicherungsbeziehern haben nicht einmal 50.000 die österreichische Staatsbürgerschaft - also spätestens da müssten alle Alarmglocken schrillen. Bei uns schrillen sie schon sehr lange. Wir werden das heute am Nachmittag, wie gesagt, noch einmal thematisieren.

 

Ihnen von der Volksanwaltschaft herzlichen Dank für den Bericht und, wie gesagt, Herr Mag. Achitz, ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Satz vielleicht interpretieren könnten. - Danke. (Beifall bei der FPÖ und von Abg. Wolfgang Kieslich.)

 

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