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Landtag, 14. Sitzung vom 23.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 83

 

innerhalb einer Anwaltschaft anführen, über deren Bericht wir heute ebenfalls sprechen werden, das ist die Umweltanwaltschaft. Da hat der Ausschuss in einem gemeinsamen Verfahren, in einem gemeinsamen Hearing, das sehr, sehr gut und amikal verlaufen ist und sehr gut organisiert war, letztlich die Kandidaten, die zum Schluss zur Auswahl standen, befragt, hat sich ein Bild gemacht und ist dann zu einer Lösung gekommen. Ich glaube, das ist ein Vorbild, und ich glaube, dass das auch für die Bestellung der Pflege- und Patientenanwaltschaft der richtige Weg wäre. Wir haben ja schon wiederholt gefordert, dass dafür ein Hearing durch Vertreter des Gemeinderates stattfinden soll. Wir sind der Ansicht, dass das der richtige Weg ist, und, sehr geehrte Damen und Herren, vielleicht gibt es ein Umdenken und beim nächsten Mal auch einen Vorgang von jener Art wie für die Umweltanwaltschaft. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Zu den Berichten: Ich habe schon gesagt, ein besonderes Anliegen ist mir oder ist uns die Vertretung der besonders vulnerablen Gruppen. Nun geht es um das Jahr 2021, dominiert natürlich von Corona, und hier sieht man einerseits bereits die Auswirkungen vom Jahr davor, als das begonnen hat. Sie haben es ja auch im Ausschuss angesprochen: Die besonders hochbetagten kranken Menschen, die über lange Zeit einsam in Pflegeeinrichtungen, aber auch zu Hause mit vielleicht nur punktueller Betreuung die Zeit verbringen mussten, haben in diesen Monaten wirklich einen großen Schwund ihrer körperlichen und ihrer seelischen Energie erfahren. Für viele bewirkten diese zwei Jahre einen Alterungsprozess, den man mit jenem in einem Zeitraum von fünf, sechs, sieben Jahren vergleichen kann. Viele Menschen sind nicht mehr mobil, da sie sich kaum bewegt haben, und es ist ja auch kein Geheimnis, sondern jetzt schon Gegenstand einer breiten Debatte, wie stark die psychischen Auswirkungen waren. Da spannt sich der Bogen von den hochbetagten Menschen - wenn man es in der umgekehrten Richtung formuliert - bis zu den Kindern.

 

Und auch das zieht sich wie ein roter Faden ja durch viele Berichte, durch viele Jahre, dass wir im Bereich der psychischen Versorgung in Wien nach wie vor ein riesengroßes Defizit haben, und dies ganz besonders bei den Kindern. Sukzessive und ganz langsam versucht man hier, Verbesserungen herbeizuführen. Zumindest ein großer Schritt ist da gelungen, nämlich dass man Kinder nicht mehr gemeinsam mit Erwachsenen unterbringt, das ist schon einmal ganz wesentlich. Defizite gibt es aber auch bis hin zur psychiatrischen Versorgung hochbetagter Menschen, wo es natürlich auch viel zu wenig Kapazitäten gibt, beziehungsweise auch keine Vorsorge, damit man erst gar nicht so stark in diese Phase hineinschlittert. Da ist also ein großer, großer Aufholbedarf für uns gegeben, und das entnehmen wir ja - anhand vieler Einzelfälle, aber auch Ihres Gesamtresümees - Jahr für Jahr den Berichten der Pflege- und Patientenanwaltschaft. - Das ist einmal ein Punkt.

 

Ein zweiter Punkt, der mir immer wieder auffällt oder mit dem ich auch immer wieder konfrontiert werde, ist dieser heikle Übergang von einem Spitalsaufenthalt, etwa nach einer Operation, hin zur Entlassung zurück in die eigene Wohnung, ins eigene Heim. Viele Menschen sind einfach nicht in der Lage, selbstständig wieder ins Leben zu finden, können das auch noch nicht mit einer punktuellen, mobilen Betreuung und sind daher darauf angewiesen, in einer Akutgeriatrie oder in einer Rehabilitationseinrichtung wieder zu lernen, sich zu bewegen und den Alltag zu bewältigen. Auch da gibt es massive Defizite, und vor allem sind auch die Aufenthaltszeiten der Rehabilitation, der Remobilisation für viele Menschen viel zu kurz. Sie brauchen eine längere Phase. Was passiert dann? - Sie kommen nach Hause, sie klappen wieder zusammen, sie kommen ins Spital, und der Kreislauf beginnt von vorne. Ich glaube, da ist auch anzusetzen, und da stimme ich Ihnen auch zu, wenn Sie immer wieder einfordern, dass da gehandelt werden muss, dass entsprechende Plätze zur Verfügung gestellt werden müssen.

 

Ein weiterer Punkt ist die Palliativversorgung, die auch noch sehr stark ausbaufähig ist. Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, und ich kann nur zustimmen - auch auf Grund leider eigener Erfahrung mit vielen mir bekannten und mit mir verwandten Personen -, dass es ein Gebot der Stunde ist, die Palliativversorgung mit aller Kraft auszubauen. Frau Dr. Laschan, Sie nicken, und Sie haben mir im Ausschuss ja auch aus der Seele gesprochen und haben es auf den Punkt gebracht: Wenn wir diesen assistierten Suizid besprechen, vorher bitte die Palliativversorgung ausbauen, so viel nur geht! Ich halte es da ganz mit Ihnen, ich könnte mich auch niemals dafür entscheiden, jemandem zu diesem Schritt zu raten, und ich möchte nicht in die Situation kommen, jemanden dabei begleiten zu müssen. Ich glaube aber, dass es sehr wichtig ist, dass man Menschen auf ihrem letzten Weg, der sehr oft von starken Schmerzen begleitet ist, eine Umgebung bietet, in der sie vor allem von ihren Schmerzen befreit sind - ich glaube, das ist eines der wichtigsten Dinge - und in der sie sich umsorgt und geborgen fühlen. Das ist alles wichtig.

 

All das hängt natürlich auch nicht nur mit den Einrichtungen selbst - ich glaube, die wären ja weniger das Problem -, sondern mit ausreichendem Personal zusammen, und das ist ja etwas, was in der gesamten Gesundheitsversorgung, im gesamten Pflegebereich wie ein Damoklesschwert über uns hängt, dass wir leider sehen müssen, dass es schwierig ist, ausreichend Pflegekräfte zu bekommen. Es gibt ja viele gute Vorschläge und es gab ja jetzt auch eine Pflegereform, die allerdings vom Gesundheitspersonal und vom Pflegepersonal selbst nicht als ausreichend beurteilt wird, sondern lediglich als ein erster Schritt. Ich glaube also, da muss noch sehr viel geschehen.

 

Ein Punkt, der mir gerade erst unlängst wieder von einer diplomierten Pflegekraft gesagt wurde, ist, dass die Bereiche so schlecht abgegrenzt sind, dass jeder irgendwo für alles zuständig ist, gerade in den Pflegeheimen, und dadurch natürlich auch für das diplomierte Personal ein hoher Druck entsteht und sie viele Dinge einfach mitmachen müssen, die eigentlich nicht ihr Bereich wären, die sie aber natürlich tun, weil niemand von diesen Personen, denen man wirklich für ihre Arbeit und

 

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