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Landtag, 14. Sitzung vom 23.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 83

 

Ich hätte folgende Frage. Sie unterscheiden bei diesen Kündigungen offensichtlich nur in die beiden Kategorien einvernehmliche Kündigungen oder Auslaufen der Verträge. Mich würde interessieren: Wird auch mit einer Motivstudie dem Ganzen nachgegangen, wieso Lehrer Wien verlassen? Sie haben da lediglich als einen Grund den Wohnort oder den einstigen Wohnort angeführt, wenn Studenten oder dann fertige Lehrer sozusagen wieder in ihre alte Heimat zurückziehen.

 

Ich bin deshalb auch sehr überrascht, weil wir in diesem Hause immer wieder auch in anderen Bereichen, in anderen Geschäftsgruppen hören: Ja, Wien ist so attraktiv, alle wollen unbedingt nach Wien. Nur interessanterweise ist es bei den Lehrern offensichtlich nicht so, sondern dass sie, wenn sie ihre Ausbildung hier abgeschlossen haben, am liebsten das Weite suchen. Jetzt ist es durchaus so, dass ich auch mehrere Lehrer, insbesondere an öffentlichen Schulen in dieser Stadt, kenne, die mir auch ihre Erlebnisse schildern. Deshalb würde mich sehr interessieren, ob Sie auch entsprechende Motivstudien führen, und wenn nicht, ob das vielleicht in Zukunft Ihre Absicht ist.

 

Präsident Ernst Woller: Ich bitte um Beantwortung.

 

Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Ich habe eine andere Einschätzung zu Wien. Wien ist eine großartige Stadt, ist auch erst heute vom „Economist“ wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt worden. Und das sehen wir auch, dass Wien hier sehr, sehr attraktiv für junge Menschen ist, nämlich die Hälfte aller Lehramtsstudierenden, die wir Österreich-weit haben, sind in Wien. Davon sind es ganz, ganz viele, die aus den Bundesländern zu uns kommen und dann auch hier bleiben. Sehr, sehr viele, die hier studieren, bleiben auch zum Arbeiten hier, weil Wien auch ein sehr vielfältiges Schulsystem hat. Aber selbstverständlich sind auch die Herausforderungen in einem Ballungsgebiet wie Wien an manchen Schulen sehr, sehr groß. Wenn manche Lehrkräfte dann ein Angebot in einer kleinen Gemeinde im Burgenland oder in Niederösterreich bekommen, kann ich auch nachvollziehen, dass man nach ein paar Jahren in Wien auch einmal im ländlichen Raum unterrichten möchte, wenn man dort auch aufgewachsen ist. Ich finde, das ist etwas Selbstverständliches, wobei wir uns natürlich als Stadt bemühen, die Vorzüge der Stadt hervorzustreichen, damit die Lehrkräfte auch in Wien bleiben. Da gibt es stetige Bemühungen, um die Lehrkräfte zusätzlich zu unterstützen: mehr Sozialarbeiter, mehr administratives Unterstützungspersonal.

 

Nützlich und wichtig wäre nämlich, dass wir Wien zusätzlich über einen Chancenindex unterstützen, weil zum Beispiel die Schule am Wörthersee ressourcenmäßig pro Volksschüler mehr Geld bekommt als die Schule in Ottakring. Und wenn die Lehrkraft dann am Wörthersee bessere Arbeitsbedingungen hat, weil das Ministerium mehr Ressourcen zur Verfügung stellt, ist das nicht unbedingt förderlich. Das heißt, da auch der Appell an die ÖVP, diese Ungleichheit und diese Benachteiligung von Wien aufzuheben (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das macht schon ihr in Wien, dass ihr das angleicht! Ottakring gehört schon zu Wien!), damit Wien endlich auch genug Ressourcen hat, damit die Lehrkräfte entsprechende Arbeitsbedingungen haben können, um auch hier zu bleiben. Das wäre der Appell an die ÖVP, das mit in den Bund zu nehmen. Ich hoffe, dazu gibt es auch Verhandlungen von Finanzministerium und Bildungsministerium. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Präsident Ernst Woller: Ich danke für die Beantwortung. Die 3. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Pipal-Leixner gestellt. Ich erteile ihr das Wort.

 

9.45.06

Abg. Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter!

 

Dass es Österreich-weit zu wenig Lehrkräfte gibt und dass sich diese Situation eher verschlechtert, ist nicht zu leugnen. Welche Schritte müssen aus Ihrer Sicht erfolgen, um den Lehrberuf attraktiver zu machen? (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM - erheitert -: Da habe ich mir was überlegt!)

 

Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Hier geht es einerseits um bundesgesetzliche Rahmenbedingungen, um zum Beispiel auch die Ausbildung der Lehrkräfte anzupassen und zu modernisieren. Ich denke, dass zum Beispiel mehr Praxisnähe im Lehrstudium relevant wäre, vor alle für Wien, wo es wirklich große Herausforderungen im Schulbereich gibt. Wenn die Ausbildung nicht praxisnahe genug ist, und man kommt an eine Schule, wo es schulkulturtechnisch Probleme und Herausforderungen gibt, ist es für junge Lehrkräfte oft schwierig. Das heißt, die Ausbildung zu reformieren, praxisnäher zu gestalten, wäre ein wichtiger Aspekt.

 

Daneben sehe ich die Durchlässigkeit im System als sehr, sehr relevant. Ich bin ein großer Anhänger davon, auch Quereinstieg hin zum Lehrersein zu ermöglichen, weil auch oft diejenigen, die quereinsteigen, eine besondere Motivation haben. Da ist es zum Glück jetzt gelungen, eine kleine Reform zum Quereinstieg zu erreichen, sodass künftig auch das Ausmaß davor notwendiger ECTS im pädagogischen Bereich gesenkt worden ist. Das ist auch gut so, um den Lehrberuf nachhaltig zu attraktivieren.

 

Insgesamt halte ich das Thema der gesellschaftlichen Anerkennung und Wertschätzung für pädagogische Berufe für ganz essenziell und ausbaufähig. Bei allem, was wir in der Stadtregierung tun können, aber ich glaube auch, hier in diesem Haus, ist es unsere Aufgabe, pädagogische Berufe hochzuschätzen, wertzuschätzen. Wir haben vor allem in der Pandemie gesehen, wie unglaublich wichtige und tolle Arbeit unter schwierigen Rahmenbedingungen geleistet worden ist. Das muss in den Mittelpunkt gestellt werden, die Anerkennung der Lehrerinnen und Lehrer, und das möchte ich tun. Die Lehrkräfte in Wien leisten einen ausgezeichneten Job und haben dafür auch unsere volle Anerkennung verdient.

 

Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Abg. Stadler gestellt. Ich erteile ihm das Wort.

 

9.47.20

Abg. Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann-Stellvertreter!

 

Ich möchte noch einmal kurz auf die Anfragebeantwortung zu Herrn Kollegen Zierfuß zurückkommen. Wenn ich es richtig verstanden habe, waren es vor 2

 

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