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Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 35

 

gerschaft immer schon ein sehr heikles und auch sehr emotionales Thema.

 

Und weil ich immer wieder gefragt werde, warum ich zwei Namen habe, einen türkischen und auch einen kurdischen: Ich hatte nicht das Privileg, in der Türkei offiziell meinen kurdischen Namen zu tragen, sondern es wurde mir offiziell ein türkischer Name gegeben, weil man mein Dasein offiziell mit einer Geburtsurkunde sozusagen bestätigen musste. Erst danach, als wir die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen haben, hatten wir das Privileg, unsere eigenen Namen zu tragen. Und das betrifft nicht nur kurdischstämmige Personen in der Türkei, das betrifft auch sehr viele christliche Minderheiten in der Türkei, die muslimische oder türkische Namen annehmen mussten, um dann nicht diskriminiert oder stigmatisiert zu werden.

 

Und wie kam es zu dieser Einbürgerung bei meiner Familie? In den 90er Jahren beantragte meine Familie die österreichische Staatsbürgerschaft in Tirol, ich war damals noch ein kleiner Zwerg. Mein Vater begründete die Entscheidung der Staatsbürgerschaft damit, dass er sagte, das bedeutet für uns mehr Freiheit und Sicherheit, weil sie wollten, dass ihre Kinder eine menschenwürdige und eine sichere Zukunft in Österreich genießen. Das war keine Frage der Sozialhilfe, denn mein Vater hat wie ein Wahnsinniger durchgearbeitet, ohne einen einzigen Tag Arbeitslosengeld in Österreich zu beziehen, sondern das war eine Frage der Menschenwürde, einfach das zu sein, was man ist. Insofern ist es natürlich verletzlich für Menschen wie mich, wenn man von einer Abwertung der Staatsbürgerschaft redet. Und - no na ned - von den Kriminellen rede ich gar nicht, denn Kriminelle, egal, aus welcher Ecke sie kommen, Straftäter bleiben Straftäter, und dagegen sollten wir alle geschlossen vorgehen, ohne darauf zu sehen, welchen Hintergrund diese Personen haben. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Nachdem ich die Reden dieser - unter Anführungszeichen - Privilegierten gehört habe, stelle ich mir natürlich die Frage, wann ist man eigentlich nach Ihrem Verständnis Staatsbürger? Genügt es nicht für Sie, dass man hier geboren und aufgewachsen ist, ab wann sollte man das Privileg einer Staatsbürgerschaft bekommen? Wenn es Jodeln ist, dann bin ich der Meinung, dass ich viel besser jodeln kann als wir alle herinnen. (Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN.) Nach welchem Kriterium bestimmt man, wo sich ein Mensch zu Hause fühlt? Wer bestimmt überhaupt, welches Heimatgefühl man haben kann, ab welchem Zeitpunkt? Ich glaube, niemand in diesem Raum kann mir in irgendeiner Art und Weise verwehren, dass ich Tirol als meine Heimat bekenne und dass ich eines Tages auch einmal, wenn ich sterben sollte - hoffentlich nicht zu früh - dort begraben werden will. Niemand kann mir das Gefühl wegnehmen. Und vielen anderen, die in diesem Land leben, geht es auch so, die sowohl die Rechte und auch die Pflichten dieses Landes akzeptieren.

 

Dann stellt sich natürlich auch die Frage, will man den österreichischen Politikern und Politikerinnen, die in Ibiza-Skandale verwickelt sind, die in Steuerhinterziehungen verwickelt sind, die in Korruptionsskandale verwickelt sind, die Staatsbürgerschaft aberkennen? Ist es dann nicht unwürdig von jenen, die sozusagen den Ruf dieses Landes weltweit zerstören? Was wollen Sie denn mit denen machen? Wird man diese Leute dann weiterhin als Staatsbürger anerkennen? Ist es dann würdig? Mit all diesen Fragen müssen Sie sich auch einmal auseinandersetzen, wenn Sie salopp einer Gruppe von Menschen unterstellen, dass ihnen die Staatsbürgerschaft nachgeschmissen wird. Verdienen sie dann eher die österreichische Staatsbürgerschaft?

 

Das glaube ich nicht, also diese Politiker, die diese ganzen Korruptionsskandale verantworten, verdienen sicher nicht mehr die Staatsbürgerschaft als Menschen wie ich, die sich tagtäglich für demokratiepolitische Grundwerte in Österreich einsetzen, die sich tagtäglich gegen demokratiefeindliche Gruppen stellen, die dschihadistische Netzwerke aufdecken und die trotzdem - wenn Sicherheit für den Herrn Mahrer so ein großes Thema ist - gar keine Rückendeckung für das bekommen, was sie eigentlich tun für die demokratische Grundwerte dieses Landes. Und am Ende des Tages stellt man sich wieder die Frage, wie Kollege Kraus schon gesagt hat, worum geht es überhaupt in dieser Debatte. In dieser Debatte geht es um die Angst vor einer neuen Wählerschaft, um die Angst vor anderen Mehrheiten in der Wählerschaft. Der Wählerschaft, die mehr Grundrechte einfordert, die mehr Gleichbehandlung einfordert, die gleichzeitig auch dann Pflichten erbringt. Um die Wählerschaft, die wahrscheinlich keine Hetzer und auch Rechtsextreme in den Parlamenten haben wollen. Genau darum geht es, wir diskutieren darüber. Hier geht es nicht darum, dass Menschen die Staatsbürgerschaft nachgeschmissen wird - kein Wunder bei diesen europaweit restriktiven Staatsbürgerschafts- und Einbürgerungsgesetzen. Hier geht es schlicht und einfach um eine ausgrenzende Politik gegenüber einer Menschengruppe, die es sich verdient wie alle anderen, die ohne ihr Zutun die Staatsbürgerschaft bekommen haben.

 

Ja, wenn ich schon bei der Angst bin: Habt keine Angst vor den Menschen, die jahrzehntelang auf den Baustellen dieser Stadt gearbeitet haben. Und habt keine Angst vor Menschen, die die ganze Pflegearbeit für Sie übernehmen. Und habt auch keine Angst vor den ganzen SystemerhalterInnen mit Migrationsbiographie, die tagtäglich Enormes geleistet haben in diesem Staat. (Beifall bei GRÜNEN und NEOS.) Versteht es endlich, sie nehmen euch nichts weg, weder die Jobs noch die Wohnungen, noch wollen sie irgendwie mit euch zusammenleben.

 

Die ganze Debatte um das Staatsbürgerschaftsthema ist nur ein Ablenkungsmanöver von den ganzen Korruptionsskandalen, von den ganzen U-Ausschüssen, die im Raum stehen. Verkauft uns nicht für blöd. Es ist einfach unnötig, wieder eine Menschengruppe herauszugreifen und denen vorzuwerfen, dass ihnen alles nachgeschmissen wird. Ja, ich gehe natürlich noch einen Schritt weiter und sage dann, diese Menschen wollen nur in diesem Land so wie alle anderen gleichbehandelt werden. Natürlich mit der Bedingung, dass sie alle Rech

 

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