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Landtag, 12. Sitzung vom 28.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 101

 

geburtenstarken Jahrgänge in den 50er und 60er Jahren, die dann schon das 70. Lebensjahr überschritten haben werden, verschiebt sich die Alterspyramide nach oben. Aber auch durch den besseren Gesundheitszustand auf Grund unseres guten Gesundheitssystems steigt die Lebenserwartung. Das ist auch gut so. Auf der anderen Seite, da stimmen der Herr Landesrat und ich auch immer wieder überein, ist es ist immer schwieriger, Personen zu finden, die in die Alten- und Pflegeberufe hineinwachsen möchten, da eben diese Berufe nicht nur psychisch, sondern auch physisch sehr belastend sind. Es ist eine sehr herausfordernde Tätigkeit, die auch oft mit strengen Arbeitszeiten verbunden ist, oft auch in der Nacht, und auch deswegen nicht sehr familienfreundlich ist. Deswegen haben wir eben schon seit mehreren Jahren trotz vermehrter Werbemaßnahmen in Wien einen deutlichen Pflegenotstand.

 

Ziel muss es aber sein, die Wiener Bevölkerung solange wie möglich alltagsfit zu halten, denn selten wacht man in der Früh auf und ist plötzlich pflegebedürftig. Das ist ein Prozess, der monatelang voranschreitet, und wenn man das rechtzeitig erkennt, kann man ihn auch behandeln und manchmal sogar verhindern. Wien braucht deswegen ein Update für den Bereich der Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung. Und daher ist es notwendig, neben den bestehenden Angeboten der Stadt Wien im Rahmen des FSW und der Besuchsdienste auch neue innovative Konzepte zu initialisieren. Und jetzt kommen diese Community Nurses ins Spiel. Das sind speziell ausgebildete Diplomfachkräfte, die die Wienerinnen und Wiener bei der Bewältigung des Alltags in ihrem Zuhause und in ihrer Umgebung unterstützen können. Österreich erhält für das EU-Projekt Community Nurses insgesamt 54,2 Millionen EUR zur Verfügung gestellt, und in der 1. Pilotphase wurden bisher 192 Vollzeitäquivalenzen beinahe vollständig finanziert.

 

Seitens der Stadt Wien, vertreten durch den FSW, wurden 13 Community Nurses beantragt, und laut der Anfrage von gestern meint der Landesrat, dass die Verträge vor der Unterfertigung stehen. Das ist witzig, denn in anderen Bundesländern funktionieren die Community Nurses schon längst, und auch sehr gut. Sie helfen wirklich Menschen bei der Beratung, ob sie eine 12-Stunden-Pflege, eine 24-Stunden-Pflege brauchen. Muss man ins Spital, dann wird das entsprechend mit Voruntersuchungen vorbereitet, ist ein Arztbesuch notwendig, wird das ebenfalls organisiert, es wird sogar darauf geschaut, ob die Medikamente rechtzeitig und richtig eingenommen werden.

 

Ich kenne das auch aus dem internationalen Betrieb, im angloamerikanischen Raum gibt es das ja schon länger. Das sind nicht nur Diplomschwestern, so wie wir sie aus dem Spital kennen, sondern die machen die Rundumorganisation für ein anständiges Leben für ältere Personen zu Hause. Und das funktioniert dort hervorragend, da würde keiner auf die Idee kommen, jemanden ins Spital zu legen, um zum Beispiel Voruntersuchungen für eine Operation zu veranlassen, das wird alles durch diese Community Nurses organisiert.

 

In Wien leben knapp 1,9 Millionen Menschen, das sind ungefähr 21,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Allerdings, demzufolge hätten wir Anspruch gehabt, viel mehr Community Nurses an Vollzeitäquivalenten zu beantragen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung haben wir jetzt 13 Stellen beantragt, hätten aber möglichen Anspruch auf 41 gehabt. Nochmals die Zahlen: 192 sind es insgesamt, 13 alleine in Wien, und ich bin der Meinung, dass man da offensichtlich ein bisschen was verschlafen hat. Es wurde zum Beispiel auch in Hietzing eine solche Stelle beantragt, dem wurde allerdings auf Grund von Formfehlern nicht stattgegeben. Es ist sehr schade, dass man EU-geförderte Projekte in Wien offensichtlich nicht ausreichend abschöpft, und deswegen fordert die Volkspartei die Stadtregierung auf, das Engagement bei EU-Projekten deutlich zu steigern und auch laufend zu evaluieren.

 

Die Community Nurses haben auch einen großen Vorteil, sie entlasten den sogenannten intramularen Bereich, also den Spitalsbereich. Ich habe das schon erwähnt, die Patientinnen und Patienten müssen nicht unbedingt sofort ins Spital, sondern zuvor werden diese Untersuchungen organisiert. Es steigert auch, und das steht auch im Projektantrag drinnen, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung sowie das Wohlbefinden der vor allem älteren Menschen, die Menschen im eigenen Zuhause und in ihrer vertrauten Umgebung zu behalten und ein anständiges Leben zu ermöglichen. Das ist eigentlich der große Sinn der Community Nurses.

 

Und es hat noch einen anderen Vorteil: Dieser Beruf ist eine spezielle Form der Diplomkrankenpflege und hat einen großen Vorteil für die Menschen, die das ausüben wollen. Nicht nur, dass die Tätigkeit an sich interessant ist, ist sie auch selbstständig durchzuführen, hat einen direkten Kontakt zu Menschen und man kann sich die Zeit auch ein bisschen besser einteilen, ist flexibler, und damit ist dieser Beruf auch weitaus familienfreundlicher. Als Leitprinzip in der Zukunft der Pflege gilt daher daheim vor stationär, und dafür braucht Wien eine starke mobile Pflege, eine Offensive bei der Ausbildung des Pflegepersonals und die Unterstützung der pflegenden Angehörigen.

 

Wir bringen daher einen Antrag ein: Der Landtag fordert den zuständigen Amtsführenden Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport auf, Schritte einzuleiten, um die Partizipation am EU-Pilotprojekt Community Nurses zu steigern und folglich einen evaluierbaren Beitrag der Stadt Wien zu gewährleisten. Dabei soll den Mitgliedern des Gemeinderatsausschusses für Soziales, Gesundheit und Sport regelmäßig Bericht über den gezielten Einsatz der Community Nurses und den damit verbundenen Mehrwert für die Gesellschaft Bericht erstattet werden.

 

Wir haben schon gestern die Zusage vom Herrn Landesrat bekommen, dass bei der nächsten Gesundheitsausschusssitzung Bericht erstattet werden wird, und darüber erfreue ich mich sehr. - Vielen Dank.

 

Präsident Ing. Christian Meidlinger: Als nächster Redner ist Herr Abg. Florianschütz zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

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