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Landtag, 11. Sitzung vom 26.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 24

 

ist die Unterstützung von Kindern. Da hoffe ich, dass Sie uns allen folgen.

 

Ein zweiter Punkt ist ein sehr trauriger Punkt, weil es eine Entwicklung über die letzten 50 Jahre ist, nicht über die letzten 2, eine Entwicklung über die letzten 50 Jahre, wobei 40 Jahre davon die Sozialdemokratie den Bundeskanzler gestellt hat, 30 Jahre die ÖVP durchgehend in der Regierung ist, und zwischendurch die FPÖ in der Regierung Sachen zerstört hat, was dazu geführt hat, dass man in Österreich einen Satz sagen muss, der so traurig ist, wie er auch klingt: Armut in Österreich ist weiblich. Das heißt, wir müssen Frauen helfen, wir müssen Frauen aller Altersklassen helfen. Sie haben immer noch die schlechter bezahlten Berufe, sie haben die schlechtesten Pensionen. Und warum haben sie die schlechtesten Pensionen? Wie ist denn das mit den heute 70-jährigen Frauen, 65-jährigen Frauen, die vor 5 Jahren in Pension gegangen sind? Warum liegt deren Durchschnittspension bei 1.100 EUR oder weniger? Wer hat denn da versagt in den vergangenen 50 Jahren? Das müssen wir aufholen. Diesen Menschen müssen wir helfen. Also wir müssen Kindern helfen und wir müssen vor allem Frauen in Armut helfen, ihnen helfen, aus dieser Armutsfalle rauszukommen, egal, welchen Alters.

 

Dann müssen wir uns überlegen, welche finanziellen Mittel uns dafür zur Verfügung stehen. Jetzt komme ich zum ersten Antrag, der von Sozialdemokratie und den NEOS eingebracht wurde: die Abschaffung der kalten Progression. Haben Sie es sich durchgerechnet? Wie viel hätte jemand, der ein steuerbares Einkommen von 17.000 EUR hat, bei 5 Prozent Inflation, Abschaffung der kalten Progression, im Jahr mehr? - Gut, ich sage es Ihnen: 110 EUR. Wie viel hätten wir mehr, wir, die hier alle als Landtagsabgeordnete, Landtagspräsidenten, Bürgermeister, et cetera tätig sind? Wie viel hätten wir mehr? - Jeder Einzelne von uns zumindest 450 EUR, also das Vierfache mehr als die Menschen, die auch 40 Stunden in der Woche arbeiten. Aber denen wollen Sie in Wirklichkeit mit der Abschaffung der kalten Progression einen Bettel geben, damit die Menschen, die viel verdienen, auch viel mehr Geld bekommen. Nein, das ist nicht meine Form einer Sozialpolitik, das ist nicht meine Form der Steuerpolitik.

 

Wenn ich bewusst sage, ich will Kindern helfen, wenn ich bewusst sage, ich will armutsgefährdeten Frauen helfen, wenn ich bewusst sage, ich will MindestsicherungsbezieherInnen helfen, dann zerstört die Abschaffung der kalten Progression die Möglichkeit, die vorhandenen Budgetmittel sinnvoll umzuverteilen. Und das ist unsere Aufgabe! Es ist nicht unsere Aufgabe, Menschen mit einem Gehalt wie dem unseren zu helfen. Es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, in Krisensituationen denjenigen Menschen zu helfen, die es brauchen. Ich würde mir wünschen, dass gerade die Sozialdemokratie das wirklich erkennt. Wir können in der jetzigen budgetären Situation nicht den Reichen und den Reichsten und den Vermögendsten das allermeiste geben und den Geringverdienern wenig. Das geht nicht, liebe KollegInnen der Sozialdemokratie, und das hat ja sogar Ihre Parteivorsitzende erkannt. Deshalb verstehe ich umso weniger, wieso wir heute diesen Antrag vorliegen haben.

 

Ich möchte aber noch auf ein anderes Beispiel eingehen, das am Sonntag in der „Pressestunde“ schon genannt wurde, die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel. Da denke ich mir dann oft: Wer befasst sich eigentlich mit Steuerinzidenz? Es ist nicht so einfach, wirklich herauszufinden, wie viele Lebensmittel tagtäglich oder im Jahr gekauft werden. Die Zahlen schwanken zwischen reinen Lebensmitteln 10 Milliarden EUR, der Lebensmitteleinzelhandel wird mit 24 Milliarden EUR ausgewiesen, Eurostat sagt, Lebensmittel in Österreich inklusive alkoholfreie Getränke 20 Milliarden EUR. Aber gehen wir grob einmal davon aus, es wird irgendwo dazwischen liegen, die 10-prozentige Mehrwertsteuer auf Lebensmittel wird ungefähr 1 Milliarde EUR betragen. So: Was passiert, wenn man die jetzt abschafft? Da geht es jetzt nicht um eine unterschiedliche ökonomische Interpretation, sondern einfach die Mainstream-Lehre sagt: Wenn Steuern gesenkt werden, wird nicht alles weitergegeben.

 

Ich gehöre ja zu denen, die jeden Tag im Großen und Ganzen einkaufen gehen. Ich gehe bei großen und kleineren Ketten einkaufen, ich sage es, wie es ist. Was fällt mir an den Lebensmittelpreisen auf? - Sie schwanken in einer Art und Weise, dass der durchschnittliche Konsument nicht in der Lage ist, wenn er nicht wirklich regelmäßig ganz genau drauf schaut, zu schauen: Wird es günstiger oder wird es nicht günstiger? Manche Sachen, die 89 Cent kosten, kosten manchmal 85, 84, der Liter Milch zwischen 1 EUR und 1,40 EUR, 1,50 EUR, je nachdem. Das machen Lebensmittelketten selbstverständlich absichtlich, insbesondere mit den ganz vielen Rabattaktionen, damit man nur ja nicht regelmäßig vergleichen kann, was Lebensmittel eigentlich kosten.

 

Was würde jetzt eine Senkung der Mehrwertsteuer bedeuten? Glaubt irgendjemand von Ihnen, dass Firma Hofer, Billa, Lidl, wie sie alle heißen, eine 10-prozentige Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel einfach weitergeben, wo schon jetzt niemand überprüfen kann, warum Preise steigen, warum Preise sinken? Das heißt, ohne eine exzessive Überwachung von Lebensmittelpreisen und Monitoring ist es aussichtslos, zu glauben, dass die 10-prozentige Mehrwertsteuer bei den Haushalten ankommt.

 

Jetzt gehen wir noch durch, bei welchen Haushalten. Sagen wir, es wird nur die Hälfte von dieser 1 Milliarde sozusagen weitergegeben, die andere Hälfte, rund 500 Millionen - Kollege Meidlinger als Gewerkschafter wird mir da wahrscheinlich recht geben - werden sich die Einzelhändler und Unternehmer einnähen. Das ist einfach so, es wird nichts verschenkt, kein Geld, weder die Bank schenkt dir ein Geld, was viele Menschen glauben, und auch nicht die großen Unternehmen. Das heißt, es bleibt schon einmal nur die Hälfte dieser Summe für Lebensmittel über.

 

Wer gibt denn im Verhältnis in absoluten Zahlen mehr Geld für Lebensmittel aus? Die ärmeren Haushalte oder die reichen Haushalte? Na, die reicheren Haushalte. Das ist ja kein Wunder, denn die haben ja mehr Geld

 

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