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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 68

 

Herr Abg. Florianschütz, den ich auch bald, glaube ich, 30 Jahre kenne, hat gesagt, man muss in der einen oder anderen Frage an den Bundesgesetzgeber herantreten. Ja - und ich möchte betonen, wir tun das auch. Es ist zwar nicht immer der Fall, dass wir Gesetze prüfen. Ich glaube, Theresia Stoisits hat als Volksanwältin den Begriff des gesetzlichen Missstandes geprägt. Das gibt es natürlich so nicht, aber es bringt ein bisschen das zum Ausdruck, was manchmal gemeint ist. Und wir tun das ja, wenn wir einen systemischen Fehler sehen, und das sehen wir dann, wenn einzelne Fälle eben keine einzelnen Fälle mehr sind, sondern wenn sie gehäuft auftreten und in der Vollziehung offensichtlich Probleme auftreten. Dann treten wir natürlich an den jeweiligen Landes- oder eben auch Bundesgesetzgeber heran, um ihn aufmerksam zu machen, dass es erforderlich ist, eine entsprechende Adaptierung vorzunehmen. Ich darf schon sagen, dass deutlich über 90 Prozent unserer Vorschläge von den jeweiligen Gesetzgebungen auch aufgegriffen beziehungsweise übernommen werden.

 

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist, glaube ich, gerade für Wien als Stadt für internationale Organisationen auch interessant. Peter Kostelka war es seinerzeit, dem es im dem Jahr 2009 gelungen ist, das International Ombudsman Institute, also die globale Organisation aller Volksanwaltschaften nach Wien zu holen. Der ursprüngliche Sitz dieses 1978 gegründeten Institutes, in dem mittlerweile über 200 Organisationen aus über 100 Staaten Mitglied sind, war in Kanada. Ich freue mich, mitteilen zu können, dass wir schon in den nächsten Tagen eine Verordnung des Außenministers erwarten, wonach das IOI, das International Ombudsman Institute, zu einer internationalen Einrichtung wird, gleichsam also unmittelbar nach einer internationalen Organisation gereiht wird. Bisher waren wir eine internationale NGO, was schlicht und einfach nicht unserer Aufgabe entspricht und der Aufgabe gerecht wird, zumal es sich ja um lauter staatliche, also verfassungsrechtlich zugrunde gelegte Einrichtungen handelt.

 

Wir bemühen uns gemeinsam mit unseren internationalen Kollegen bei den Vereinten Nationen um einen Beobachterstatus. Wir haben vor drei Wochen mit den Gesprächen begonnen und werden im nächsten Frühsommer einen diesbezüglichen Antrag bei den Vereinten Nationen stellen.

 

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Wiener Landtag für die wertschätzende und inhaltsreiche Debatte und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz. Wir freuen uns auch auf Ihren Bericht. Vielen herzlichen Dank.

 

14.40.42

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz|: Herr Präsident! Herr Bürgermeister! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

 

Vielen Dank für das Lob für die Berichte und auch für die lobenden Worte, die Sie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft gefunden haben. Ich erlaube mir, jetzt das Lob zurückzugeben. Wir haben mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Wien nur gute Erfahrungen gemacht. Es handelt sich um äußerst engagierte und fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in einem konstruktiven Dialog mit uns normalerweise versuchen, die Probleme der Menschen, die sich bei uns beschweren, auf kurzem Weg zu lösen.

 

Ich sage das deswegen, denn wenn man unseren Bericht liest, ist das eine Aneinanderreihung von Pannen und Fehlern und man könnte glauben, da rennt ja gar nichts richtig. Das Gegenteil ist der Fall: Wien ist eine sehr gut verwaltete Stadt, und wenn Sie die Beschwerden und die Missstände, die wir feststellen, dem gesamten Verwaltungshandeln dieser Stadt gegenüberstellen, so werden Sie feststellen, dass es sich um einen sehr kleinen Ausschnitt handelt, den wir hier beleuchten.

 

Trotzdem - und das haben meine Vorredner schon gesagt - ist das natürlich ernst zu nehmen und für die Personen, die betroffen sind, ganz, ganz wichtig. Und es ist umso ernster zu nehmen, wenn es sich um Missstände, um Fehler, um Probleme handelt, die wir Jahr für Jahr aufzeigen. Daran sind aber sehr oft nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schuld, und ich möchte das, weil die Jugendhilfe heute ein großes Diskussionsthema war, am Beispiel der Jugendhilfe ein bisschen ausführen.

 

Wir haben schon über mehrere Jahre hinweg kritisiert, dass in Wien verhältnismäßig viele Jugendliche fremduntergebracht sind. Das liegt daran, dass die ambulante Hilfe und die Frühe Hilfe zu wenig ausgebaut sind. Jetzt müssen sie den Spagat schaffen, einerseits die derzeit schon fremduntergebrachten Kinder mit dem Ziel, sie zu ihren Eltern zurückzuführen, optimal und gut zu betreuen. Andererseits brauchen sie zusätzlich Leute, die verhindern, dass Kinder in Zukunft abgenommen werden, die präventiv tätig werden und ein Hilfsangebot in diese Richtung aufbauen. Das verschlingt natürlich doppelt Ressourcen, und diese Ressourcen müssen zur Verfügung gestellt werden.

 

In Pandemiezeiten ist leider eher das Gegenteil zu bemerken. Die Ressourcen werden knapp, und daher sind präventive Maßnahmen nicht möglich. Daher werden wir nächstes Jahr wieder das kritisieren, was wir dieses Jahr schon kritisiert haben. Das ist ein bisschen ein Teufelskreis, den zu durchbrechen, natürlich auch der Gesetzgeber gefordert ist.

 

Ich kann überhaupt aus Sicht der Volksanwaltschaft sagen: Alle die, die einen schlanken Staat oder in Ihrem Fall eine schlanke Stadt sexy finden, finden nicht die Zustimmung jener Menschen, die sich bei uns beschweren. In der Verwaltung hat man es mit Menschen zu tun, und wenn diese überfordert sind, wenn sie zu viel zu tun haben, dann passieren Fehler, und dann kommen die Leute zu uns und beschweren sich. Das ist in der nachprüfenden Kontrolle der Verwaltung so, und am Beispiel der Jugendhilfe habe ich schon versucht, das ein bisschen auszuführen.

 

Viel, viel mehr merken wir das allerdings noch in allen Bereichen der präventiven Menschenrechtskontrolle. Überall dort, wo wir in einer Behinderteneinrichtung, in einer Jugend-WG, in einem Alten- und Pflegeheim schauen, ob die Menschenrechte eingehalten werden, ob die Verhältnisse so gestaltet sind, dass es zu keinen

 

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