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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 68

 

worden ist, das ist nur ein Zukleben mit einfachem Pflaster. Die Probleme in der MA 35 müssen unbedingt auf allen Ebenen gleichzeitig angegangen werden, dass sie überhaupt beseitigt werden können. Also wir sprechen da von jahrelanger Untätigkeit, menschenunwürdigen Verfahren, taktischen Verzögerungen und neuerdings von einer Abschreckungspolitik gegen kritische Stimmen zur MA 35, Stichwort: Einschüchterungsbrief an Herrn Pantiukhov. Da sage ich Ihnen eines: Es ist egal, welche Behörde es in diesem Land gibt, so geht man nicht mit Bürgerinnen und Bürgern um, so geht man nicht mit Meinungsfreiheit um, so geht man nicht mit kritischen Stimmen um. Ich hoffe, das ist jetzt der letzte Einschüchterungsbrief, der von einer Behörde an einen Bürger geht.

 

Für diese Verzögerungen hat Kollegin Bakos drei Gründe genannt, der erste Grund war die Covid-Phase. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass es in einer Covid-Phase zu Verzögerungen kommt und sogar auch Mehrarbeit gemacht wird. Trotzdem muss es auch in einem Terminbuchungssystem möglich sein, zeitnah Termine zu finden, bevor die Aktualität der Unterlagen dann überhaupt nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus muss man auch sagen, es gibt online kein Terminvergabesystem für Staatsbürgerschaftsanträge, das ist auch absurd.

 

Noch schlimmer ist die Situation von Bürgerinnen und Bürgern, die so verzweifelt sind, dass sie extra Geld für RechtsvertreterInnen ausgeben, um nicht jahrelang warten zu müssen. Da passiert trotz Rechtsvertretung nichts, weil die Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter ewig warten müssen, bis sie einen Termin nur für Akteneinsicht bekommen. Ich rede da nur von Akteneinsicht, also die Anwälte beziehungsweise Anwältinnen müssen auch ewig lange warten, bis sie überhaupt einen Termin für eine Akteneinsicht bekommen. Das ist genau einer der vielen, vielen Gründe für diese Verfahrensverzögerungen. Ja, kein Wunder, dass die Volksanwaltschaft in ihren Berichten immer wieder auch diese Verfahrensverzögerungen auflistet.

 

Der zweite Grund, den Kollegin Bakos angeführt hat, war Brexit. Brexit ist auch schon ewig lange her, das Regierungsübereinkommen wurde letztes Jahr beschlossen, und die Missstände in der MA 35 sind nicht alle letztes Jahr zustande gekommen, sondern die gibt es schon seit Ewigkeiten. Als dritten Grund hat Kollegin Bakos die Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes genannt, das war 2019, das ist auch schon eine Ewigkeit her. Also ich hätte mir schon mehr erwartet. Ja, Personalaufstockung ist gut, super, wirklich, das muss unbedingt sein, no na ned, aber das eine schließt das andere nicht aus. Personalaufstockung plus Qualitätsmanagement, Personalaufstockung plus, plus, plus, also man hätte diese Personalaufstockung schon letztes Jahr gleich am Beginn der Legislaturperiode einführen können. (Zwischenruf.) - Zuhören ist eine schwierige Kultur, Herr Kollege. Also Sie dürfen dann reden und ich rede dann auch nicht dazwischen.

 

Soweit ich mich erinnere, haben Sie als vierten Grund noch die bundesgesetzlichen Bestimmungen genannt, ja. Ich bin als Verfechterin der Grundwerte, der Grundrechte und auch der Menschenrechte absolut bei Ihnen, es ist katastrophal, was Österreich für ein Fremdenrecht hat. Wir haben ein kaputtes Fremdenrecht, wir haben ein kaputtes Staatsbürgerschaftsgesetz. Im EU-Vergleich ist es eine Katastrophe, da bin ich ganz bei Ihnen, aber es rechtfertigt trotzdem all die Missstände in der MA 35 nicht, denn die letzte Fremdenrechtsnovelle hat es, soweit ich mich erinnern kann, im Jahr 2017 gegeben - und wir haben bald 2022. Also Sie haben schon vorher gewusst, welche gesetzlichen Bestimmungen schon im Raum stehen, und wir reden hier nicht nur von gesetzlichen Bestimmungen, sondern von Behördenversagen. Ja. Sorry to say, aber Sie haben es verabsäumt, mehr zu investieren, um Ihr eigenes Personal zu unterstützen und den Bürgerinnen und Bürgern einen guten und menschenwürdigen Service bieten zu können. Wenn jemand für diese Probleme verantwortlich gemacht werden sollte, dann sind es sicher nicht die Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter der MA 35, sondern die politisch Verantwortlichen, die diese Behörde zu einer problematischen Behörde gemacht haben.

 

Deshalb: Stoppen Sie diese Verzögerungspolitik und setzen Sie die angekündigten Reformen so rasch wie möglich um, denn jeder Tag, der vergeht, geht auf Kosten der Betroffenen und der Chancengleichheit. Wir werden auf jeden Fall nicht locker lassen und wir unterstützen Sie bei Ihren Reformen. - Danke.

 

Präsident Ernst Woller: Bitte das Rednerpult desinfizieren. Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Korosec. Ich erteile es ihr.

 

12.49.11

Abg. Ingrid Korosec (ÖVP)|: Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Herr Landtagspräsident! Meine, ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, die hier noch anwesend sind, danke, dass Sie da sind!

 

Den lockeren Spruch, das Recht, das vom Volk ausgeht, hat bis heute nicht nach Hause gefunden, den kennt vermutlich jeder. Die meisten Juristen finden ihn weder komisch noch nachvollziehbar, die meisten Normalbürger allerdings verstehen sofort, was damit gemeint ist.

 

Unser Rechtssystem, unsere Verwaltung sind komplex, ich würde meinen, sogar sehr komplex, und es ist schwierig, es zu durchschauen. Wegen der Fachsprache ist es auch schwierig, zu verstehen, was gemeint ist. Das gilt für die Gesetzestexte selbst, aber auch für Bescheide und Urteile. Maria Theresia war ja an sich eine sehr bodenständige Frau, sie hat seinerzeit veranlasst, dass ein Gesetzestext, bevor er beschlossen wird, zwei Wochen angeschlagen wird und sich der Bürger das anschauen kann, um festzustellen, ob das auch zu verstehen ist, was da drinnensteht. Wenn das der Fall war, ist das Gesetz dann beschlossen worden. Das war ja vor ein paar Jahrhunderten.

 

Heute kommt da die Volksanwaltschaft ins Spiel. Seit 1977 prüft sie, ob die Verwaltung im Rahmen der Gesetze handelt, konkret, ob den Menschen Recht geschieht. Für die Bürgerinnen und Bürger stellt sie eine Anlaufstelle dar, wenn sie sich, und das ist ja sehr oft der Fall, ungerecht behandelt fühlen, wenn sie nicht verstehen, wie ihnen geschieht. Daher bringt die Volksanwaltschaft

 

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